Pöltl sieht Trainerwechsel in Toronto auch als Chance

Wien (APA) – Österreichs NBA-Legionär Jakob Pöltl sieht den Trainerwechsel bei seinen Toronto Raptors auch als Chance, sich mehr Spielzeit zu verdienen. Der vom Assistenten zum Chefcoach beförderte Nick Nurse plant fest mit dem 22-Jährigen, der sich derzeit in Wien auf einen intensiven Sommer vorbereitet. Am Montag rückt Pöltl beim ÖBV-Nationalteam ein, mit dem er langfristig ebenfalls etwas aufbauen will.

Täglich steht Pöltl im Heimaturlaub in der Basketball-Halle oder in der Kraftkammer – oder beides. „Die letzten zwei Wochen waren schon sehr intensiv“, berichtete der 2,13-Meter-Mann im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. Mit Nurse hat er kurz nach dessen Bestellung bereits ausführlich telefoniert. „Es ist fast wie ein Neustart“, schilderte Pöltl die Situation bei den Raptors. „Es fängt zwar nicht jeder bei Null an. Aber jeder bekommt eine neue Chance, sich zu beweisen oder sich eine größere Rolle zu erarbeiten.“

Steht ein Umbruch bevor?

Auf Toronto wartet ein spannender Sommer. Nach der Trennung von Dwane Casey könnte auch der Kader entscheidend umgebaut werden. Kein Spieler sei vor möglichen Tauschgeschäften „sicher“, hat das Management nach dem Aus im Conference-Halbfinale gegen die Cleveland Cavaliers (0:4) sehr offen kommuniziert. Auch an Pöltl soll Interesse bestehen, ob seines Entwicklungspotenzial wird ihm aber ein nicht unbeträchtlicher Wert attestiert. „Natürlich ist das etwas Positives“, meinte Pöltl. „Das ist ein bisschen eine Bestätigung, dass das, was ich bis jetzt gemacht habe, in die richtige Richtung geht.“

Der Wiener sieht das Interesse als Motivation, noch härter an sich zu arbeiten. In der NBA sei es wichtig, jedes Jahr einen Schritt nach vorne zu machen. Das gilt auch für seine kommende dritte Saison im Profigeschäft. Pöltl: „Es ist fast schon ein Muss. Es muss weiter nach vorne gehen. Weil wenn du stehen bleibst, kann man davon ausgehen, dass von hinten jemand kommt, ein neuer, junger, hungriger Spieler, der dich überholt.“ Denselben Druck will er selbst auch den Startern wie Topcenter Jonas Valanciunas machen.

Trainer fordert mehr Variabilität</h3

Der Grundstein wird im Sommer gelegt. „Ich mache mir diesbezüglich keine großen Sorgen. Ich weiß, was ich kann als Basketballer, und wie viel ich trainiere“, erklärte Pöltl. Zuletzt waren Assistenzcoach Jim Sann und eine Physiotherapeutin der Raptors in Wien, um mit ihm zu arbeiten. In der Kraftkammer steht die Athletik im Mittelpunkt, auch an seiner Wurftechnik hat Pöltl weitere Details verändert.

Nurse will, dass der Center wie ein Guard oder Flügelspieler trainiert. „Weil sich alles in der NBA in die Richtung entwickelt“, erklärte Pöltl. Er soll dadurch in gewissen Situationen in der Offensive mehr Gefahr ausstrahlen – etwa, wenn kleinere Verteidiger auf ihn wechseln müssen. Grundsätzlich dürften unter dem neuen Trainer weniger fixe Spielzüge implementiert werden als unter Casey. Pöltl: „Wir versuchen angeblich nächstes Jahr freier und schneller zu spielen.“ Das mache das Team nicht nur unberechenbarer, sondern könnte auch ihm in die Karten spielen.

Pöltl lobte die Kommunikation mit Nurse, der bisher die Offense der Raptors koordinierte, beschrieb ihn als „offenen, lockeren Typen“. Wie viel er zum Einsatz komme, hänge letztlich aber von ihm selbst ab. „Er hat sehr deutlich gesagt, dass Spielzeit für mich da ist. Ich muss sie mir nur verdienen. Er hat mich sehr groß und wichtig ins System eingeplant. Jetzt liegt es an mir, dass ich mir die Spielzeit und die Rolle auch hole.“ Auch dafür sei der Sommer entscheidend. „Es wird stark damit zusammenhängen, wie weit ich mich verbessern kann, wie viel Verantwortung ich schon übernehmen kann.“

Pöltl sieht positive Zukunft für Nationalteam

Im ÖBV-Nationalteam ist es sehr viel. Den Österreichern stehen am 29. Juni in Braunschweig gegen Deutschland und am 2. Juli in Tiflis gegen Georgien die beiden ersten Spiele unter Neo-Teamchef Mike Coffin bevor. Um die Chancen auf den Aufstieg in der WM-Qualifikation am Leben zu erhalten, bedarf es Überraschungen. „Schwer wird es auf jeden Fall. Wir stehen mehr oder weniger mit dem Rücken zur Wand“, erklärte Pöltl.

Unabhängig davon, ob eine Sensation gelingt, ist dem NBA-Legionär die Weiterentwicklung des Teams wichtig. Irgendwann will er sich mit Österreich für eine EM oder WM qualifizieren. „Die Chance ist auf jeden Fall da. Es ist in unseren Händen“, betonte Pöltl. „Wenn wir in den nächsten Monaten und Jahren alles richtig machen, können wir das auf jeden Fall schaffen. Ich schaue schon sehr positiv in die Zukunft.“

Bisher hätten die Österreicher zwar gezeigt, mit Topteams mithalten zu können. Die Leistungen waren aber noch zu unkonstant. Pöltl: „Es geht darum, dass wir als Team zusammenwachsen, die jungen Spieler fördern. Jeder muss sich individuell verbessern.“ Das gilt auch für ihn selbst. Nach dem ÖBV-Camp fliegt er weiter nach Las Vegas, um mit dem Summer-League-Team der Raptors zu trainieren. Nach einem kurzen Wien-Aufenthalt geht es zum Individualtraining zurück nach Los Angeles – ein intensiver Sommer wartet.