Berger tippt auf Verstappen: „Bessere Chancen“ als 2021

Ex-Formel-1-Pilot Gerhard Berger hat sich unerwartet früh in der neuen Saison einen Weltmeister-Tipp entlocken lassen. Er setzt auf Titelverteidiger Max Verstappen. „Die Ferrari sind im Moment wirklich gut unterwegs, die sollte man nicht unterschätzen. Aber irgendwie sagt mir mein Bauchgefühl, dass eigentlich Verstappen heuer mein Favorit ist“, meinte Berger am Donnerstag in Wien. „Ich glaube, dass Verstappen mit Red Bull heuer bessere Chancen hat als letztes Jahr.“

Er gebe selten einen WM-Tipp ab, „aber aus irgendeinem Grund habe ich heuer das Gefühl, so wie die aufgestellt sind“. Für den Tiroler, der die Formel 1 auch als Chef der DTM-Meisterschaft genau verfolgt, ist Red Bull durch den jahrelangen Konkurrenzkampf mit Mercedes auch für die Rivalität mit Ferrari bestens gerüstet. „Ich glaube, dass Red Bull extrem gut trainiert ist, in der Saison ständig Mehrleistung abzurufen, weil sie so gefordert wurden die letzten Jahre. Da muss deine Mannschaft die Kultur, das Mindset auslegen. Weil wenn du immer wieder nachlegen musst, und das haben sie gemacht im letzten Jahr, bleiben sie in dem gleichen Rhythmus.“

Ein Vorteil für Red Bull kann laut Berger auch sein, dass Red Bull mit Verstappen „eine klare Nummer eins“ habe. Bei Ferrari hingegen seien Charles Leclerc und Carlos Sainz fast auf Augenhöhe. „Vielleicht ist der Leclerc auch ein bisschen schneller, aber am Ende des Tages war Sainz letztes Jahr mit den Punkten vorne. Da habe ich übrigens meine Wette gegen Martin Brundle verloren. Den habe ich ausgelacht am Anfang der Saison, weil er gesagt hat, Sainz wird vor Leclerc sein. Sainz hat sich extrem gut entwickelt.“

Mercedes ist in den bisherigen zwei WM-Rennen gegenüber Ferrari und Red Bull mehr oder weniger deutlich zurückgeblieben. Wie viele glaubt aber auch Berger daran, dass die „Silberpfeile“ zurückkommen werden und sich noch ein Dreikampf um die WM-Titel ausgehen kann. Das größte Handicap für die Mannschaft von Toto Wolff sei nicht unbedingt das geänderte Aerodynamik-Reglement, sondern der Umstieg auf den E10-Kraftstoff mit einem zehnprozentigen Biosprit-Anteil.

„Ich glaube eher, dass das große Thema vom Motor her kommt“, sagte der 62-Jährige vor dem dritten WM-Lauf in Australien am Sonntag (7.00 Uhr/live ORF 1, Sky). „Die haben diese Treibstoff-Mischung unterschätzt, beziehungsweise nicht so gut hinbekommen wie Honda und vor allem Ferrari. Nach meinem Wissen hat Mercedes da Leistung verloren, Honda hat die Leistung gehalten und Ferrari hat sogar einen Schritt nach vorne gemacht, weil sie die technischen Voraussetzungen dafür besser hingebracht haben.“

Dieser Ansicht ist auch Red-Bull-Berater Helmut Marko. „Bei uns war das kein Klacks. Diese Detailkenntnisse von Mercedes haben wir natürlich nicht, aber logisch ist eigentlich diese Erklärung, dass es mit dem Benzin zusammenhängen muss“, sagte Marko gegenüber „Motorsport-Total.com“. Der Steirer machte dafür auch den Aderlass beim Team verantwortlich. Mit Andy Cowell, dem Leiter der Motorenabteilung, verlor Mercedes eine wichtige Figur. „Es sind ja erstens Andy Cowell und dann gute 50 Leute, die weg sind. Dass man das spürt, wäre eigentlich ganz normal.“ Auf die Frage, ob diese 50 Leute zu Red Bull gewechselt seien, sagte Marko: „So in etwa, ja.“

Berger geht allerdings davon aus, „dass sie (Mercedes/Anm.) demnächst ein Upgrade bringen. Die Frage ist, wie viel sie machen dürfen in dem Reglement. Aber trotzdem wird es eine Lösung geben, weil die scheinen wirklich irgendwie am falschen Fuß erwischt worden zu sein.“ Marko: „Die kommen wieder, da bin ich voll überzeugt.“

Dass die Formel 1 derzeit vor allem bei jüngeren Zielgruppen und in den USA im Aufschwung ist, erachtet Berger als positiv für den gesamten Motorsport. „Die Formel 1 ist ein Zugpferd für den Motorsport. Wenn die Formel 1 gut läuft, zieht das so viel im Sog mit“, sagte der Gewinner von zehn Formel-1-Rennen. Wenn die DTM vom 29. April bis 1. Mai ihren Saisonauftakt in Portimao in Portugal bestreitet, hofft Berger darauf, auch davon profitieren zu können.

(APA) / Bild: Imago