Bernhard Eisel exklusiv bei Sky Sport News HD

via Sky Sport News HD

Österreichs routiniertester Radfahrer  spricht im Interview mit Sky Sport News HD exklusiv über seine Nichtnominierung bei der 100. Tour de France.

SSNHD: Bernhard Eisel, wie haben Sie von Ihrer Nichtnominierung für die Tour de France erfahren und was war Ihre erste Reaktion?

Bernhard Eisel: Dave Brailsford hat mich angerufen und mir kurz und bündig erklärt, dass ich in diesem Jahr nicht bei der Tour de France am Start sein werde. Mit der Entscheidung muss ich leben. Kurz und bündig heißt das, dass ich gar nicht erwartet habe, dass es Mega-Erklärungen gibt. Das Team setzt auf Bergfahrer, eigentlich nur auf Bergfahrer da sie Angst haben, dass Chris Froome im Hochgebirge von anderen Fahrern attackiert werden könnte und dass dann die Unterstützung nicht gegeben ist. Aus diesem Grund haben sie sich auf die Bergziegen spezialisiert. Und mit dieser Entscheidung muss ich leben.

SSNHD: Und wie war ihre Reaktion darauf?

Eisel: Natürlich eine Riesenenttäuschung. Wie ich jedes Jahr schon gesagt habe: Ein Jahr ohne Tour de France ist ein verlorenes Jahr. Die letzten neun Jahre hat es mich eigentlich nie betroffen. Natürlich war es immer bis zum letzten Moment hin wo man nicht gewusst hat ist man dabei, ist man nicht dabei. Und in diesem Jahr ist es das erste Mal so, dass ich definitiv nicht dabei bin. Da ist die Enttäuschung riesengroß und ich kann derzeit noch nicht damit umgehen, weil ich noch nie die Erfahrung gemacht habe und spüren muss wie es ist, wenn man wirklich zuhause bleiben muss. Natürlich ist es in Österreich schön im Juli, nur würde es mir in Frankreich doch besser gefallen.

SSNHD: Inwieweit kam die Entscheidung überraschend für Sie. Anfang Mai gingen Sie ja noch davon aus, dass Sie bei der Tour mit dabei sein werden?

Eisel: Eigentlich ging ich schon davon aus. Die Trainings und die Rennvorbereitung war eigentlich komplett auf die Tour de France ausgelegt. Natürlich ist man immer ein bisschen am Schwitzen. Die TdF ist das härteste Radrennen der Welt und nur die Besten fahren dorthin. Ich habe im Training und in der Vorbereitung wirklich alles gegeben um dabei zu sein. Und darum schmerzt es auch so sehr. Aber ich habe es schon in den letzten Wochen gespürt, dass ich wohl nicht dabei bin, als ich gesehen habe, dass die Jungs (Anm. Team Sky) dominieren eigentlich alle Radrennen bei denen sie am Start stehen. Ich war bei anderen Rennen im Einsatz und konnte mich eigentlich nicht so präsentieren, wie ich mir das erhofft hätte.

SSNHD: Sie haben beim Tour–Sieg von Bradley Wiggins 2012 die Rolle des Road-Captains inne gehabt. Für diese wären sie auch 2013 vorgesehen gewesen. Wer nimmt die Rolle nun statt Ihnen ein bzw. wird es überhaupt einen Roadcaptain 2013 geben?

Eisel: Natürlich sind die Fahrer per Funk mit den Teamautos verbunden und Chris Froome hat selbst schon genug Erfahrung. Gemeinsam mit Edvald Boasson Hagen hat er die meisten Starts. Die Jungs werden meiner Ansicht nach die Tour de France dominieren und ich traue es ihnen auch zu wie schon im vergangenen Jahr die Plätze eins und zwei zu holen. Mit Chris Froome ganz oben und Richie Porte als Zweiten. Von dem her habe ich da überhaupt keine Angst, dass die Jungs das nicht gewinnen können. Aber ich glaube schon, dass ich durch meine Person noch einige Unterschiede hätte machen können und das Team das Rennen hätte anders gestalten können um es zumindest für alle ein bisschen einfacher zu machen.

SSNHD: Nach der vergangenen Saison verließ Ihr guter Freund Marc Cavendish das Team und mit Titelverteidiger Bradley Wiggins fehlt ein weiterer Fahrer, der sich in der Vergangenheit teamintern für Sie stark gemacht hat. Inwieweit fehlte Ihnen in diesem Jahr hier das Lobbying?

Eisel: Als Marc das Team Team verließ war das eine der schwierigsten Entscheidungen meiner Karriere, da ich doch die Chance hatte mit ihm mitzugehen. Habe mich aber entschieden bei Sky zu bleiben. Ich wusste von Anfang an, dass es für mich nicht leicht werden würde bei der Tour de France 2013 mit dabei zu sein. Aber das ist Profiradsport. Die Entscheidungen sind hart und es werden die Besten mitgenommen und in diesem Jahr habe ich einfach nicht ins Team gepasst. Damit muss ich leben. Natürlich könnte ich sagen, die Entscheidung zu bleiben war die Falsche, aber ich glaube in er ersten Emotion muss ich selbst zuerst einmal mit mir klarkommen, wie es jetzt weitergeht, was jetzt passiert. Jetzt freu ich mich einmal auf die Österreich-Rundfahrt. Das ist das Erste, werde aber voraussichtlich die Tour de France nicht so intensiv im Fernsehen verfolgen, wie das andere machen. Ich werde schauen, dass ich am Nachmittag (Anm. wenn die Tour im Fernsehen läuft) etwas anderes zu tun habe.

SSNHD: Stichwort Ö-Tour. Das heißt also Sie werden in der Heimat an den Start gehen?

Eisel: Ja schon. Auf das freue ich mich jetzt. Das ist das Einzige wo ich sage, Ok die Tour de France ist es leider nicht geworden, aber die Ö-Tour geht. Ich habe die letzten Jahre immer gesagt ‚Lieber die Tour de France als die Österreich-Rundfahrt’. Jetzt ist es die Österreich-Rundfahrt und irgendwie freue ich mich auch darauf. Auf die Anreise mit dem Auto, ein bisschen durch Österreich fahren. Natürlich ist es nicht mein Terrain. Die ersten vier Tage geht es ja nur rauf und runter. Aber trotzdem, mich wieder einmal vor österreichischem Publikum zu verkaufen und zuhause Rennen zu fahren. Österreichisches Essen zu genießen, österreichische Gastlichkeit. Darauf freu ich mich wirklich.

SSNHD: Hatten Sie schon die Chance sich den Etappenplan etwas genauer anzuschauen?

Eisel: Ich kenne die Strecke nur von meinen Trainingspartnern. Marco Haller, der für das Team Katjusha fährt, der hat glaube ich schon Albträume, als er bei der Ö-Tour-Präsentation die Strecke gesehen hat. Es ist wirklich schwierig. Am ersten Tag die Etappe ins Kühtai, dann das Kitzbühler-Horn, die Glockneretappe, eine etwas entschärfte Etappe nach Matrei. Leicht wird das bestimmt nicht, aber ich glaube wir werden schon eine schlagkräftige Mannschaft am Start haben und ich werde versuchen mich zwischendurch schon einmal in einer Fluchtgruppe zu zeigen. Vielleicht läuft es ja ganz gut.

SSNHD: Die letzte Etappe der Ö-Tour endet wie bei der Tour de France auf einer Prachtstraße. Ringstraße statt Champs Ellysee. Wäre das so ein Ziel für Sie, diese Etappe zu gewinnen, wo Sie dann sagen könnten, das wäre zumindest ein kleines Trostpflaster für die Nichtnominierung zur TdF?

Eisel: Ja klar. Jeder Sieg ist ein Riesenerfolg. Die letzten zwei Jahre konnte ich ja leider keinen Sieg einfahren. Und jetzt würde ich mich echt freuen, wenn ich wieder mal die Hände nach oben reissen könnte, wenn ich über die Ziellinie fahre. Und noch schöner wäre es, wenn das in Österreich passieren würde.