Rapid und Sturm Graz auf der Suche nach „Talente-Manager“

Wien/Graz (APA) – So groß die Rivalität zwischen Rapid und Sturm Graz in der Fußball-Bundesliga auch sein mag – im Nachwuchs setzen beide Vereine künftig auf eine ähnliche Strategie. Die Wiener und die Steirer stehen kurz vor der Schaffung eines neuen Postens, dessen Bezeichnung wahlweise „Talente-Manager“ oder „Personal Coach“ lautet.

Dabei geht es vor allem um eine optimale Betreuung jener clubeigenen Nachwuchsspieler, die den Sprung in die Kampfmannschaft unmittelbar im Visier haben. „Ich möchte einen Anwalt für unsere größten Talente“, kündigte Sport-Geschäftsführer Fredy Bickel gegenüber der APA – Austria Presse Agentur an und ergänzte, er habe bereits mit „zwei, drei Kandidaten“ gesprochen. Das Präsidium sei über dieses Vorhaben informiert. Eine offizielle Absegnung des Projekts ist noch nicht erfolgt, sollte aber nur Formsache sein.

Die Stellenbeschreibung sieht vor, dass sich der neue Clubmitarbeiter um die Entwicklung der jungen Hoffnungsträger kümmert, sowohl im sportlichen als auch im persönlichen Bereich. „Ich habe schon bei Young Boys Bern einen ‚Talente-Manager‘ eingeführt, mittlerweile ist dieser Posten in die Schweizer Lizenzierungsbestimmungen aufgenommen worden“, erzählte Bickel.

Im „Nachwuchsförderungskonzept des Schweizerischen Fußballverbandes“ heißt es über den Talente-Manager, dass „dessen Aufgabe die Koordination der verschiedenen Maßnahmen rund um das Talent am Übergang von Nachwuchs- zum Profibereich ist“. Der künftige Rapid-Verantwortliche für diesen Bereich wird also den persönlichen Kontakt zu den betreffenden Spielern suchen und mit ihnen auch individuelle Trainingseinheiten abhalten. In diesem Zusammenhang wird er in engem Kontakt mit den Betreuern der Kampfmannschaft beziehungsweise der Amateure und der Nachwuchs-Teams stehen.

Ein ähnliches Anforderungsprofil für diesen Posten gibt es auch bei Sturm Graz, wie Sport-Geschäftsführer Günter Kreissl der APA bestätigte. „Er soll ‚Personal Coach‘ auch außerhalb des Platzes, etwa in Ernährungsfragen, sein, ein Entwicklungscoach im sportlichen Bereich und auch ein Assistent der Geschäftsführung Sport“, sagte der 43-Jährige.

Sein Wunschkandidat ist Ex-Sturm-Profi Günter Neukirchner, dessen neuer Aufgabenbereich soll laut Kreissl in ein bis zwei Wochen endgültig fixiert sein. Bisher arbeitete der Ex-Teamspieler als Co-Trainer von Markus Schopp bei den Sturm Amateuren. Schopp verlässt den Verein allerdings mit Saisonende, weil es Auffassungsunterschiede mit Kreissl bezüglich der künftigen Ausrichtung der zweiten „Blackys“-Mannschaft gibt.

Schopp wollte die besten Sturm-Nachwuchskicker in seinem Team haben, das vier Runden vor Schluss in der Regionalliga Mitte an elfter Stelle liegt. Kreissl hingegen plant, jene Spieler, die kurz vor dem Platz in der Kampfmannschaft stehen, an Vereine in der höchsten oder zweithöchsten Spielklasse zu verleihen. „Damit sie viel Spielpraxis auf einem hohen Level erhalten“, erklärte der Sport-Geschäftsführer.

Dass damit die Amateur-Mannschaft geschwächt wird, nimmt Kreissl bewusst in Kauf – die Entwicklung des einzelnen Spielers sei wichtiger als ein möglicher Aufstieg von der Regionalliga in die ab 2018/19 geschaffene 2. Liga. „Es geht nur darum, wie ich talentierten Spielern zwischen 17 und 21 Jahren zu einem gewissen Zeitpunkt ihrer Karriere wertvolle Spielpraxis geben kann“, meinte der frühere Wiener-Neustadt-Manager.

Trotz Herabsetzung der Lizenzkriterien kostet eine Saison in der künftigen zweithöchsten Liga wohl um die 1,2 Millionen Euro. „Natürlich wäre es am besten, wenn unsere Amateure in der 2. Liga wären, aber die Frage ist, was wir dafür investieren müssten. Wir nehmen es gerne mit, wenn wir aufsteigen, doch wir werden deswegen nicht woanders hunderttausende Euro einsparen“, betonte Kreissl und wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich das Budget von Sturm deutlich unter jenem von Rapid bewegt.

Die Steirer gaben in den Lizenzunterlagen für 2017/18 einen Etat von 13 Millionen Euro an, Rapid kalkuliert für die kommende Saison mit rund 30 Millionen Euro – jeweils ohne mögliche Europacup-Einnahmen. Trotz dieser wirtschaftlichen Überlegenheit ist auch Bickel nicht gewillt, Unsummen für einen Aufstieg der Rapid Amateure in die 2. Liga auszugeben. „Wir werden nicht blind ins Verderben rennen, es gibt gewisse finanzielle Grenzen“, meinte der Schweizer.

Die zweite Mannschaft der Hütteldorfer liegt zwei Runden vor Schluss in der Ostliga an zehnter Stelle, für den Sprung in die 2. Liga müsste man im kommenden Jahr so wie der Sturm-Nachwuchs unter die Top-3 kommen. Das ist möglicherweise nur mit dem Kauf von arrivierten Kickern machbar. „Wir wollen in die 2. Liga, aber nicht auf Teufel komm‘ raus. Es muss nicht im ersten Jahr klappen. Wir sind nicht bereit, drei, vier Spieler zu holen und sie dann den Talenten vor die Nase zu setzen“, erklärte Bickel. Mit Andreas Dober bleibt in der nächsten Saison zumindest ein Routinier im Kader, der im Moment ebenfalls für Rapid II spielende Tomi wird den Club hingegen im Sommer verlassen.

So wie Kreissl hält auch Bickel nichts davon, Spieler an der Schwelle zu regelmäßigen Profi-Einsätzen bei Bedarf zu den Amateuren abzuschieben. In diesem Fall werde auch Rapid Leihvarianten mit Clubs auf höherem Level bevorzugen. „Da rückt das eigene Amateur-Team in den Hintergrund. An erster Stelle steht die Entwicklung des Spielers“, sagte der 52-Jährige. Generell sei es das Ziel, pro Saison ein bis drei Eigenbau-Kicker an die Kampfmannschaft heranzuführen.

Beitragsbild: GEPA