Premiere in der Deutschen Bundesliga

Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus wird am Sonntag in Berlin als erste Frau in der Bundesliga ein Spiel leiten – ein Meilenstein im Fußball.

Berlin (SID) Bibiana Steinhaus kennt das Prozedere vor einem Spiel, längst ist es Routine. Die Mannschaften aufs Feld führen, Seitenwahl, Anpfiff – sogar der Ort ist ihr gut vertraut. Schon 2003 leitete die Schiedsrichterin im Berliner Olympiastadion als 24-Jährige das DFB-Pokal-Finale der Frauen, Jahre später pfiff sie in der 2. Liga Heimspiele von Hertha BSC. Wenn Steinhaus am Sonntag in die Hauptstadt zurückkehrt, wird es bei aller Erfahrung doch anders sein: größer und besonders.

Beim Duell des Europa-League-Starters Hertha mit Werder Bremen (15.30 Uhr/Sky Sport Bundesliga HD) betreut Steinhaus als erste Frau in der Bundesliga ein Spiel. Die 38-Jährige schreibt an historischer Stätte ein Kapitel deutsche Fußball-Geschichte. „Ich pfeife Bundesliga, weil meine Leistungen stimmen, nicht, weil ich eine Frau bin“, sagte Steinhaus in einem auf der Hertha-Homepage veröffentlichtem Interview: „Das ist schon ein wichtiger Unterschied.“

Fast alle Augen werden zu Beginn der Begegnung wohl auf die Frau in Schwarz gerichtet sein, die sich den Respekt von Spielern, Trainern und Funktionären erarbeitet hat. Rund 50.000 Zuschauer erwartet die Hertha, die anlässlich des Debüts maximal 500 weiblichen Zuschauern mit dem „Bibiana-Steinhaus-Ticket“ einen Sondernachlass in Höhe von 50 Prozent gewährt.

Auf dem Platz ist Steinhaus‘ Wort Gesetz, Diskussionen und Beschwerden auf dem Platz sind zwecklos. „Sie hat sich diesen Einsatz durch sehr gute Leistungen verdient. Am Ende zählt das Leistungsprinzip, egal ob Mann oder Frau“, sagte Werder-Coach Alexander Nouri. Auch Hertha-Trainer Pal Dardai lobte am Freitag: „Wenn jemand so gut pfeift, ist es egal, ob Frau oder Mann. Sie hat hier schon in der 2. Liga gepfiffen, ich glaube fehlerfrei, wunderbar.“

Sechsmal war Steinhaus Schiedsrichterin des Jahres, sie leitete 80 Zweitliga-Spiele, seit 2009 ist sie bei internationalen Frauen-Turnieren im Einsatz, zuletzt bei der EM in den Niederlanden. Nach zehn Jahren in der 2. Liga steigt sie nun in die Bundesliga auf.

Es sei „einfach an der Zeit“, sagte DFB-Schiedsrichterchef Lutz Michael Fröhlich, dass die Polizeihauptkommissarin den Sprung in die Eliteklasse schaffe. Vermutlich sieht es Steinhaus ähnlich.

Sie freue sich auf die „tolle Herausforderung“, hatte sie zuletzt im Interview mit den Zeitungen der Madsack-Gruppe gesagt. Welche Überschrift sie nach dem Spiel gerne lesen würde? „Keine, dann ist alles gut.“ Es wird wohl ein frommer Wunsch bleiben, unabhängig von ihrer Leistung.

Das höhere Tempo in der Bundesliga bereitet ihr keine Sorgen. „Ich habe noch intensiver gearbeitet, eine Schippe draufgelegt“, sagte Steinhaus, die sich mit einem Fitness-Coach akribisch vorbereitet hat. Auch mit der technisch-taktischen Ausrichtung der Teams und Spieler habe sie sich befasst. „Je mehr Informationen wir da haben, desto besser können wir uns auf das Spiel einstellen“, sagte Steinhaus, die über Umwege zum Schiedsrichterwesen kam.

Steinhaus probierte sich als Schwimmerin, trainierte leistungsmäßig. Beim SV Bad Lauterberg spielte sie Fußball als Verteidigerin – mit mäßigem Erfolg. „Das war einer der Gründe, warum ich dann Schiedsrichterin geworden bin. Bei mir stimmt das uralte Vorurteil, Schiedsrichter, können kein Fußball, ausnahmsweise“, sagte Steinhaus: „Aber viele meiner Kollegen sind richtig gute Fußballer!“

SID re nt

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