HSV wirft auch Becker raus – Perlentaucher Boldt neuer Sportvorstand

Der Hamburger SV hat nach Trainer Hannes Wolf auch Sportchef Ralf Becker vor die Tür gesetzt. Die Mission Wiederaufstieg verantwortet Jonas Boldt, der den verwaisten Vorstandsposten einnimmt.

Hamburg (SID) Personeller Kahlschlag im Volkspark, das muntere Rauswerfen geht weiter: Zwölf Tage nach dem K.o. im Aufstiegsrennen muss auch Sportvorstand Ralf Becker beim Hamburger SV überraschend sein Büro räumen. Nach nur einem Jahr im Amt trennten sich die Hanseaten schon wieder von ihrem einstigen Hoffnungsträger. Nun soll Jonas Boldt (zuletzt Bayer Leverkusen) den am Boden liegenden Traditionsklub als Sportchef zurück in die Bundesliga führen – und auch einen neuen Trainer verpflichten.

Der Aufsichtsrat des HSV zog mit der Trennung von Becker die „Konsequenzen aus der kürzlich erfolglos beendeten Zweitligasaison“, wie der Klub mitteilte. Und das genau eine Woche nachdem Becker bestätigt hatte, dass Trainer Hannes Wolf nach dem verpassten Aufstieg gehen muss. „Was soll man dazu noch sagen!?“, sagte Vereinsikone Felix Magath am Roten Teppich eines Bild-Events über die neuesten Turbulenzen bei seinem Ex-Klub: „Beim HSV geht das schon seit sechs, sieben oder acht Jahren so. Ich sehe nicht, dass sich da jetzt etwas ändert.“ Boldt soll noch am frühen Nachmittag (14.00 Uhr) an der Elbe vorgestellt werden.

Becker war erst vor einem Jahr von Holstein Kiel zum HSV gewechselt, zuletzt nahm die Kritik an dem 48-Jährigen zu. Ihm wurde dabei neben der ungenügenden sportlichen Bilanz auch die Posse um die Entlassung Wolfs vorgeworfen. Becker hatte mit Zitaten in der Bild-Zeitung das Aus quasi vorweggenommen und damit die tags zuvor getroffenen Aussagen von Klubchef Bernd Hoffmann ein gutes Stück konterkariert. Womöglich war das Verhältnis zwischen dem Klubboss und dem Sportchef danach schwerer belastet, als die HSV-Verantwortlichen es darstellten.

„Hoffmann und Becker: Sind die HSV-Chefs noch zu retten?“, hatte das Hamburger Abendblatt nach dem „kommunikativen Armageddon“ getitelt. Becker zeigte sich auf der vor dem letzten Spieltag einberufenen Pressekonferenz zur Wolf-Entlassung dann aber optimistisch. „Wir sitzen in einem Boot und werden gemeinsam alle Entscheidungen in der Zukunft treffen“, sagte Becker und machte sich an die Planungen für den nächsten Anlauf zur Bundesliga-Rückkehr.

Diese muss nun Boldt vorantreiben. Der 37-Jährige steht vor einer Mammut-Aufgabe, die Mannschaft braucht eine Runderneuerung, ein Trainer ist auch noch nicht gefunden. Wie der kicker berichtet, wollte Becker Dieter Hecking verpflichten und war sich mit dem bisherigen Trainer von Borussia Mönchengladbach bereits einig.

Der „Kreislauf des Schreckens“, wie Hoffmann zuletzt das ständige Stühlerücken beim HSV nannte, wird mit der Trennung von Becker jetzt erst einmal nicht durchbrochen. Fakt ist aber auch, dass der HSV mit Boldt einen aufstrebenden und äußerst begehrten Nachfolger gefunden hat. Der Jung-Manager gilt als echter Talente-Entdecker und ist bestens vernetzt in der Branche. Seine Aufgaben in Leverkusen beendete der langjährige Vertraute von Rudi Völler Anfang Dezember 2018 und stand seitdem bei Bayer seinem Nachfolger Simon Rolfes als Berater zur Seite.

Seit 2007 war Boldt in unterschiedlichen hauptamtlichen Funktionen bei Bayer aktiv, 2009 machte ihn Völler zu seinem persönlichen Assistenten und zum Leiter der Scouting-Abteilung. Unter anderem war Boldt maßgeblich an der Verpflichtung des damals noch unbekannten Chilenen Arturo Vidal beteiligt.

Nun soll Boldt sich beim finanziell angeschlagenen Hamburger SV als Perlentaucher betätigen.