Bayern unter Druck – Dortmund will zum „Spielverderber“ werden

SID – Zwölftes Double oder handfeste Krise: Für Bayern München und seinen Trainer Carlo Ancelotti steht nach dem frühen Aus in der Champions League im Pokal-Dauerbrenner gegen Borussia Dortmund die gesamte Saisonbilanz auf dem Spiel. Der Druck beim Rekordmeister vor dem Halbfinal-Klassiker am Mittwoch (20.45 Uhr/Sky) ist entsprechend groß – und der BVB besonders heiß, seinen Erzrivalen in ein Tal der Tränen zu stürzen.

„Bayern hat auf jeden Fall mehr zu verlieren. Wir können ihnen diese Saison ein Stück weit vermiesen“, sagte Dortmunds Coach Thomas Tuchel. Er und seine Mannschaft hätten aus dem jüngsten 1:4 in der Liga „die Lehren gezogen. Wir können ein Spielverderber sein und sind bereit für ein großes Spiel und eine besondere Leistung“.

Tuchel: „Die Erfahrung aus der 1:4-Pleite hilft uns“

Während beim BVB die Stimmungskurve nach dem Bomben-Anschlag wieder deutlich nach oben geht, leiden die Bayern physisch und psychisch immer noch massiv an den Nachwirkungen der Pleite gegen Real Madrid. „Es ist keine gute Situation, wir haben viele angeschlagene Spieler, die in den letzten Wochen mehr als Wehwehchen hatten“, sagte Kapitän Philipp Lahm. „Das Spiel gegen Real hat viel Energie gekostet“, ergänzte Ancelotti, „aber das ist vergessen. Wir wollen nach Berlin, wir müssen gewinnen.“ Für „Trauer“, so Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, bleibe „keine Zeit“.

Die 22. Teilnahme am Pokal-Finale in Berlin (27. Mai) soll für die Münchner, die die 27. deutsche Meisterschaft fast sicher haben, nach dem erneut verpassten Triple der Trostpreis sein. Doch so oder so, betonte Lahm, „es passiert nicht mehr, dass es eine schlechte Saison wird. Aber ob es eine gute oder sehr gute wird, hängt vom Pokal ab.“

Ancelotti: „Real vergessen, fokussiert auf BVB“

Eine Niederlage würde die Debatten um die Klasse des Kaders und um neue Stars wie Alexis Sánchez, aber auch um Ancelotti verschärfen. „Wer da nicht bis in die Haarspitzen hundertprozentig motiviert ist …“, sagte Weltmeister Thomas Müller und Lahm ergänzte, „… hat den Beruf verfehlt.“

Entsprechend rücken alle Probleme vor dem Duell der Top-Torjäger Robert Lewandowski und Pierre-Emerick Aubameyang erst einmal in den Hintergrund. Der FC Bayern werde mit „voller Kapelle“ auflaufen, kündigte Mats Hummels an, der selbst noch immer nicht ganz fit ist – ebenso wie Jerome Boateng und Javi Martínez. Definitiv fehlen wird Torwart Manuel Neuer, David Alabas Einsatz ist fraglich.

Müller vor BVB: „Wer da nicht heiß ist, liebt das Spiel nicht“

Der BVB hat indes das Attentat auf den Mannschaftsbus vor knapp zwei Wochen scheinbar halbwegs verarbeitet. „Wir sind als Gruppe zusammengewachsen“, sagte Torwart Roman Bürki. Zudem verlängerte Mittelfeldspieler Nuri Sahin am Dienstag vorzeitig seinen Vertrag bis 2019.

Allerdings ist die Personalsituation beim BVB trotz der jüngsten Rückkehr von Marco Reus (Ancelotti: „Mit ihm ist Dortmund viel gefährlicher“) deutlich prekärer als beim Konkurrenten: Tuchel muss auf die verletzten Mario Götze, André Schürrle, Sahin und Marc Bartra verzichten. Abwehrchef Sokratis ist angeschlagen. Beim Griechen werde es „super“ eng“, so Tuchel. Dennoch, betonte Sportdirektor Michael Zorc: „Wir fahren dorthin, um ins Endspiel zu kommen.“

Es ist das zehnte Pokalduell der großen Rivalen, das sechste in Serie seit 2012. Zuletzt gab es drei Bayern-Erfolge, zwei davon im Finale, und zwei BVB-Siege – 2012 ein 5:2 im Endspiel und 2015 ein 2:0 im Elfmeterschießen im Halbfinale: Vor zwei Jahren waren dabei Lahm und Xabi Alonso peinlicherweise ausgerutscht, Manuel Neuer und Götze, damals noch Münchner, verschossen. Deshalb, unterstrich Lahm, sei ein erneutes Elfmeterschießen „die letzte Option. So was will man sich immer ersparen.“

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