Ehemaliger Verweigerer Koubek gibt Olympia erhöhte Priorität

Wien (APA) – Davis-Cup-Kapitän Stefan Koubek kann sich den Traum von Olympia vielleicht doch noch erfüllen. Qualifiziert sich nur ein Österreicher für die Sommerspiele 2016 in Rio de Janeiro, wird der Kärntner im nächsten August in Brasilien als ÖTV-Coach dabei sein. Eine aktive Olympia-Teilnahme hat Koubek verpasst. Dass er es nun zumindest als Betreuer schafft, scheint aber auch noch alles andere als fix.

Ausschlaggebend im Einzel ist die Weltrangliste vom 6. Juni 2016, unmittelbar nach den French Open. Gemäß diesem Ranking werden je Geschlecht 56 Rio-Tickets vergeben, aber nicht mehr als vier pro Nationalem Olympischen Komitee. Das macht es Österreichs Damen fast unmöglich, ins ÖOC-Team zu kommen. Denn Tamira Paszek ist als ÖTV-Beste aktuell 214. Nur ein WTA-Siegeslauf von ihr in den ersten Monaten des Jahres könnte noch eine Wende bringen.

Koubek weiß, dass das nicht realistisch ist und nimmt auch eine Qualifikation bei Österreichs Herren nicht als selbstverständlich an. „Es ist überschaubar“, meinte der Villacher im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. „Ich hoffe aber, dass sich jemand qualifiziert.“ Koubek selbst wäre als damaliger Weltranglisten-38. für die Spiele in Sydney 2000 qualifiziert gewesen, verzichtete aber. „Im Nachhinein bereue ich es, dass ich nicht dabei gewesen bin.“

15 Jahre später hat der 38-Jährige eine ganz andere Ansicht vom weltweit größten Sportereignis. „Olympia ist ein Event, der eine erhöhte Priorität hat. Wenn ich schon nicht als Spieler dabei war, dann vielleicht als Trainer.“ Damals als 23-Jähriger hatte Koubek mit Günter Bresnik jenen Coach, mit dem auch Dominic Thiem arbeitet. Und die Geschichte könnte sich wiederholen. „Ich bin kein großer Fan von Olympia“, hatte Thiem erst nach den US Open gesagt.

Nichtsdestotrotz wolle er es schon spielen, weil es einfach fast vorgegeben werde, meinte der 22-Jährige Anfang September. Koubek schwankte 2000 zwischen einem Ja und Nein, ehe die Absage kam. Rein vom Ranking her, könnte Thiem jedenfalls bereits für die Spiele planen. Denn nach den French Open hat der Niederösterreicher heuer exakt 900 seiner aktuell insgesamt 1.600 Punkte geholt. Damit wird er Anfang Juni Top 50 und im Kreis der Qualifizierten sein.

Der Internationale Tennis-Verband (ITF) verlangt für eine Olympia-Teilnahme aber auch eine gewisse Bereitschaft, im Davis Cup bzw. bei den Damen im Fed Cup zu spielen. Thiem tat sich da schon durch Absagen hervor, spielte nur 2014 gegen die Slowakei und heuer gegen die Niederlande. Sollte der Lichtenwörther Koubek aber Anfang März in der Europa/Afrika-Zone I in Portugal zur Verfügung stehen, hätte er wohl alle Kriterien für eine Olympia-Teilnahme erfüllt.

Koubek jedenfalls hofft auf die Nominierung seiner Nummer eins. „Es wäre mir sehr recht, wenn Dominic kommt“, erklärte der Familienvater. „Es gibt noch keine großartige Zusage für Portugal. Daher traue ich dem Ganzen noch nicht.“ Koubek führt im Rahmen des Wiener ATP-Turniers Erste Bank Open mit allen Kandidaten diesbezügliche Gespräche. Auch mit Andreas Haider-Maurer, als Weltranglisten-62. mit einer realistischen Olympia-Chance.

Koubek hofft auch auf die Rio-Qualifikation eines ÖTV-Doppels. Sorgen macht dem Gewinner dreier ATP-Turniere aber der Davis-Cup-Kalender 2016 – vor allem der Termin vom 15. bis 17. Juli. Bei einem Sieg in Portugal ginge es da für Österreich in der Ukraine um den Einzug ins Weltgruppen-Play-off. In der gleichen Woche finden drei ATP-Turniere statt, in der Folgewoche neben Kitzbühel auch Umag und Gstaad, bei beiden Events ist Thiem Titelverteidiger.

„Der Termin ist katastrophal“, sprach Koubek Klartext. „Da ist es fast nachvollziehbar, dass man für den Davis Cup absagt.“ Der Gewinner von 20 Davis-Cup-Einzeln meint sogar, dass 2016 ideal für eine Reform des Teambewerbs gewesen wäre. „Ich wäre dafür gewesen, ein Jahr damit auszusetzen und die Zeit zu nutzen, ein neues Konzept zu erstellen.“ In Olympia-Jahren keinen Davis Cup zu spielen, wäre für Koubek eine bessere Variante als die aktuelle.

Die Zukunft seines Davis-Cup-Teams schätzt der ehemalige Weltranglisten-20. aber durchaus optimistisch ein. Den 19-jährigen Lucas Miedler und den 22-jährigen Dennis Novak sieht er als mögliche künftige Bestandteile der Equipe. „Novak gefällt mir sehr gut und von Miedler war es eine Riesenleistung, in der Stadthalle die Qualifikation zu schaffen und Gulbis einen Satz abzunehmen. Hut ab! Wenn Thiem spielt, haben wir noch länger eine gute junge Truppe.“

Koubek muss den Davis Cup quasi nebenbei erledigen, denn seit Ende August ist er Store-Manager bzw. „Geschäftsführer“ im Tennis-Point Wien im Shopping Center SC 17 gegenüber der Shopping City Süd. „Ich bin davor zwei Jahre auf der faulen Haut gelegen, aber jetzt habe ich einen 40-Stunden-Job und mit 410 m2 den größten Tennis-Shop Österreichs“, sagte Koubek nicht ohne Stolz. So nebenbei ist der Vater des zweijährigen Christian auch ORF-Co-Kommentator.

(Schluss) tb/gw
Beitragsbild: GEPA Pictures