Ferrari hofft auf Wende in Montreal

Näher dran, aber nicht nah genug: Auch nach fast einem Drittel der Formel-1-Saison rast Ferrari seinen eigenen Ansprüchen hinterher. Der Angriff des Teams um den vierfachen Ex-Weltmeister Sebastian Vettel auf Primus Mercedes ist bisher verpufft. Im Gegenteil: Vor dem Kanada-Grand-Prix am Sonntag bedroht Red Bull den Status der Scuderia als Nummer zwei in der Königsklassen-Hierarchie.

„Wir schließen die Lücke zu Mercedes, und wir sind uns auch sicher, dass die beiden Leistungskurven sich in Zukunft überschneiden werden. Die Frage ist nur, wann“, sagte Ferraris Chefingenieur Jock Clear vor kurzem dem Fachmagazin „Auto, Motor und Sport„. Derzeit sei der Abstand zu Mercedes größer, „als wir uns das ausgerechnet hatten, aber kleiner als im Durchschnitt der abgelaufenen Saison und bei den letzten Rennen 2015“.

In der vergangenen Saison fuhr die Scuderia dank Vettel immerhin drei Siege ein. Doch davon waren die Italiener in diesem Jahr noch weit entfernt. Selbst als die beiden Mercedes-Piloten Nico Rosberg und Lewis Hamilton sich beim Rennen in Montmelo bei Barcelona gegenseitig von der Strecke rammten, konnten Vettel und Kimi Räikkönen die Gunst nicht nutzen und mussten Red-Bull-Teenager Max Verstappen den Triumph überlassen.

Vettel ist klug genug, den Druck auf seinen Rennstall nicht auch noch zu erhöhen. Der ist schon hoch genug durch die Sieg-Vorgabe von Ferrari-Chef Sergio Marchionne, die einheimischen Medien – und die wiedererstarkten „Roten Bullen“.

Wie einst Michael Schumacher stellte sich der 28-jährige Deutsche nach dem enttäuschenden vierten Platz Ende Mai in Monaco vor seinen Rennstall, übernahm die Verantwortung für den verpassten Podestplatz, bezeichnete die Rennstrategie als richtig und lobte seinen Dienstwagen. „Das Team hat einen großartigen Job gemacht, es lag an mir“, stellte Vettel klar und betonte, mit dem Auto wäre er vor einem Jahr Weltmeister geworden.

In Montreal soll nun die Wende eingeleitet werden. „Schon in Kanada werdet ihr einen anderen Ferrari sehen“, hatte Teamchef Maurizio Arrivabene nach dem Frustrennen im Fürstentum verkündet. Ein umfassendes Upgrade soll den SF-16H endlich siegfähig machen, die Probleme mit den Reifen und die Schwierigkeiten im Qualifying beseitigen.

Das ist auch dringend notwendig. In der Fahrerwertung liegen Räikkönen (61 Punkte) und Vettel (60) als Vierter und Fünfter schon 55 und 56 Zähler hinter Rosberg (106). Zum zweitplatzierten Titelverteidiger Hamilton (82) besteht ebenfalls ein gehöriger Abstand. Zudem liegt vor dem Ferrari-Duo auch noch Daniel Ricciardo von Vettels Ex-Arbeitgeber Red Bull. Im Teamklassement ist der Rückstand von Ferrari (121) auf Mercedes (188) schon auf 67 Punkte angewachsen. Schlimmer noch: Red Bull hat nur noch neun Zähler weniger als die Scuderia.

Immerhin ist die Kanada-Bilanz von Ferrari glänzend. Zehn Mal stand seit 1961 ein Fahrer der Roten schon ganz oben auf dem Podest. Kleiner Schönheitsfehler: Der letzte siegreiche Ferrari-Pilot war Rekordweltmeister Michael Schumacher – vor zwölf Jahren.

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