Formel 1: Wehrlein über Kwjat-Versetzung: „Hätte damit zu kämpfen“

Barcelona (APA) – Formel-1-Neuling Pascal Wehrlein bestreitet am kommenden Wochenende in Barcelona seinen erst fünften Grand Prix, dennoch nimmt sich der Manor-Pilot kein Blatt vor den Mund. So kann der Deutsche das Vorgehen von Red Bull bei der Degradierung von Daniil Kwjat nicht verstehen. Für das Rennen am Sonntag (14.00 Uhr, ORF 1, RTL und Sky) ruft Wehrlein zum Zweikampf mit dem schwächelnden Sauber-Team auf.

Den Umstieg auf die Formel 1 hat er eigenen Angaben zufolge gut gemeistert, nach vier Rennen, die er auf den Plätzen 16, 13 und zweimal 18 beendete, sieht der DTM-Champion des Vorjahres aber noch gehörigen Aufholbedarf. „Ich bin momentan in einer extremen Lernphase“, erklärte Wehrlein. Speziell Setup-Arbeit und Reifen-Taktik seien dahin gehend zwei wichtige Punkte. „Wie man Reifen managt in einem Longrun, wie man sie am besten zum Arbeiten bekommt im Qualifying. Damit haben wir dieses Jahr sehr viele Probleme, und da kann sicherlich ich auch noch einiges machen“, sagte er.

Dass einem in der Formel 1 auch ein eisiger Wind entgegen schlagen kann, steht für den 21-Jährigen spätestens nach der Versetzung von Kwjat zu Toro Rosso fest. Der Russe wurde nach der von ihm verschuldeten Kollision mit Sebastian Vettel in Sotschi durch Max Verstappen ersetzt – zwei Wochen zuvor in Shanghai hatte Kwjat noch als Dritter vom Podest gelacht. „Ehrlich gesagt, ich kann’s nicht wirklich nachvollziehen, wenn man das Rennen davor aufs Podium gefahren ist. Aber ich glaube, das war schon immer so eine Philosophie von Red Bull“, meinte Wehrlein dazu.

„Toro Rosso ist immer noch sehr konkurrenzfähig und extrem stark dieses Jahr. Deshalb ist es nicht ganz so schlimm von der Platzierung her“, führte er weiter aus. „Aber klar, wenn man bei Red Bull ist, möchte man bei Red Bull fahren. Wenn man nach vier Rennen quasi rausgeschmissen wird und ins B-Team gesteckt wird, ist das für den Fahrer natürlich nicht gut, und er weiß, dass er jetzt Performance zeigen muss.“ Nachsatz: „Ich hätte damit zu kämpfen.“

Die unter anderem von Red-Bull-Konsulent Helmut Marko vorgebrachte Erklärung, wonach man mit der Personalrochade Druck von Kwjat nehmen wollte, erscheint für ihn nur bedingt glaubwürdig. „Der Presse kann man ja immer die eine Sache erzählen“, deutete Wehrlein an. Medienberichten zufolge stand der Bullen-Rennstall aufgrund der Vertragssituation Verstappens für 2017 unter Zugzwang, da man den Youngster keinesfalls verlieren wollte.

Auch wenn es im Fall von Kwjat zwei Kollisionen waren, die zum zumindest vorzeitigen Karriereknick geführt haben, vermisst Wehrlein in der Motorsport-Oberliga grundsätzlich die harte, direkte Action der DTM. Die häufigen Zweikämpfe mit Rad-an-Rad-Duellen seien „wirklich cool“. Auch in Sachen fahrerische Klasse brauche die DTM keinen Vergleich scheuen, lautet seine Zwischenbilanz. „Klar, die Formel 1 ist die Königsklasse. Dann denkt man, alles, was in anderen Serien fährt, ist nicht so gut. Aber in der DTM ist das Niveau wirklich sehr, sehr hoch. Die Fahrer sind sehr eng zusammen, das hat man in keiner anderen Serie.“

Auch der Umstand, dass die Fans in der Formel 1 im Gegensatz zur DTM nicht ins Fahrerlager dürfen, spreche für die Serie, die nach dem Saison-Auftakt in Hockenheim am 21. und 22. Mai am Red Bull Ring in Spielberg gastiert. Wehrlein: „Es ist halt alles Fan-näher, die Fans sehen den Fahrer. Und klar, da warten viele Fans auf die Fahrer und wollen Autogramme und Bilder. Das gibt es in der Formel 1 nicht, da kommen wirklich nur die Leute mit Akkreditierung ins Fahrerlager und somit ist das Fahrerlager im Vergleich zur DTM auch relativ leer.“

Seine Zukunft sieht der Mercedes-Junior, der auch die Staatsbürgerschaft von Mauritius besitzt, möglichst langfristig dennoch in der Formel 1. Die nähere Zukunft jedenfalls heißt Barcelona, wo der Manor an Heck- und Frontflügel sowie Unterboden „kleinere Updates“ erhält. „Ich hoffe, dass uns die einen guten Schritt weiterbringen und dass wir auch dadurch unsere Reifen besser zum Arbeiten bekommen“, erklärte Wehrlein. Die Zielvorgabe für den fünften Saisonlauf heißt, am Ende bestenfalls vor beiden Sauber-Boliden von Marcus Ericsson und Felipe Nasr zu liegen. „Mit denen sind wir die letzten Rennen immer im Kampf gewesen.“

Formel 1: Verstappen und Kwjat nach Cockpit-Rochade vor Medien

Montmelo (APA) – Vor dem Großen Preis von Spanien beschäftigen die möglichen Nachwehen der Red-Bull-Rochade um Daniil Kwjat und Max Verstappen das Formel-1-Paddock in Barcelona. Am Donnerstagnachmittag treten die beiden erstmals nach dem von oben verordneten und umstrittenen Cockpit-Tausch gemeinsam vor die Presse.

Der 19-jährige Verstappen wird am Sonntag sein Renndebüt im Red Bull feiern, nachdem er in der vergangenen Woche vom B-Team Toro Rosso aufgerückt ist. Kwjat ging den umgekehrten Weg: Der Russe wurde nach ungestümen Attacken gegen Sebastian Vettel während der Startphase des Sotschi-Rennens seines Red-Bull-Fixplatzes enthoben und gibt damit in Barcelona sein Comeback beim Toro-Rosso-Rennstall, bei dem er 2014 seine Karriere begonnen hatte.

„Ich bin begeistert über die Möglichkeit, für Red Bull Racing zu fahren und kann es kaum erwarten, in Barcelona ins Auto zu steigen“, sagte Verstappen im Vorfeld. „Zum Glück ist es eine Strecke, die ich gut kenne, weil wir hier so viel getestet haben.“ Der Niederländer, hinter dem mit Vater Jos ein Ex-Formel-1-Fahrer steht, gilt weithin als das größte Talent in der Motorsport-Königsklasse. Zuletzt war über das Interesse von Ferrari an dem „Wunderkind“ spekuliert worden.

Bei Toro Rosso freute sich Teamchef Franz Tost über die Rückkehr von Kwjat, der heuer bereits einen Podestplatz vorzuweisen hat. In Shanghai wurde er Dritter. „Wir sind mehr als glücklich, Daniil wieder in Faenza begrüßen zu dürfen und blicken einer erfolgreichen Saison mit ihm entgegen“, erklärte der Tiroler.

Vor der Red-Bull-Aktion am Donnerstag vor einer Woche hatte auch Bernie Ecclestone Kwjat noch gelobt. „Ich bin sehr glücklich, wie die Dinge mit Daniil laufen, er macht einen guten Job. Heuer wird er zwar nicht Weltmeister werden, aber ich sehe keinen Grund, warum er das nicht eines Tages werden kann“, meinte der Formel-1-Chefvermarkter am Rande des Grand Prix von Russland gegenüber der Agentur RIA Novosti. Nun sprechen die meisten Kommentatoren von einer Degradierung und „Strafversetzung“ des 22-Jährigen.

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