Fußball-EM: Durchwachsene Zwischenbilanz zur Halbzeit

Wien (APA/dpa/Reuters) – Viel wurde im Vorfeld der Fußball-Europameisterschaft über die Aufstockung von 16 auf 24 Teilnehmer diskutiert. Nach rund der Hälfte der Spiele zog die UEFA eine positive Zwischenbilanz. „Es gibt mehr Spannung, durch die Aufstockung erreichen wir mehr Fans und der Sport wird in diesen Ländern populärer. Genau das haben wir uns erhofft“, so Turnierdirektor Martin Kallen. Nicht alle stimmen ihm zu.

Was der 53-jährige Schweizer als Spannung lobt, könnte man bei böser Absicht er als Langeweile umschreiben. Vor den Sonntagspartien fielen nicht einmal zwei Tore im Schnitt pro Spiel (1,97). Das ist der zweitschlechteste Wert, seit die Vorrunde in Gruppen gespielt wird. Nur 1980 fielen noch weniger Tore pro Partie. Viele enge Spiele mit wenig Toren stehen einigen Glanzpunkten, wie etwa Spaniens 3:0 gegen die Türkei, gegenüber.

Der deutsche Teamchef Joachim Löw hatte auf diesen Umstand angesprochen eine Erklärung parat. „Es gibt Mannschaften, die ultra-defensiv spielen. Aber das machen sie wirklich gut. Sie sehen darin ihre Chancen gegen größere Teams“, zeigte der Weltmeistertrainer von 2014 Verständnis für die oft als unattraktiv bewertete Spielweise der Außenseiter.

All das nur auf die Aufstockung zurückzuführen würde freilich zu kurz greifen. Nordirland etwa qualifizierte sich als Gruppensieger der Qualifikation ebenso wie Österreich unabhängig von der Modus-Änderung für die Endrunde. Auch Albanien, Island oder Wales, allesamt EM-Neulinge, hätten sich nach altem Modus zumindest für die Play-off-Spiele qualifiziert.

Die sportliche Entwicklung legt den Schluss nahe, dass der Mittelbau enger zusammengerückt ist. Nur noch wenige Teams, wie etwa Weltmeister Deutschland oder Titelverteidiger Spanien, stehen leistungsmäßig wohl unbestritten über den restlichen Teams, und selbst diese taten sich über weite Strecken schwer. Mit Dänemark, Niederlande und Griechenland haben sogar drei ehemalige Europameister die Endrunde verpasst.

Der größte Nachteil des neuen Formats liegt für viele Beobachter in der komplizierten Berechnungsmethode der Aufsteiger. Nur vier der sechs Gruppendritten steigen in die K.o.-Runde auf. Diese stehen aber logischerweise erst nach dem letzten Spieltag fest, was für einige Teams zu mehreren Tagen Warterei führen könnte, ehe sie wissen, ob sie weiter sind oder die Koffer packen müssen.

Abseits dieser Umstände mindern Krawalle von Hooligans und die akut-schwelende Terrorgefahr die Stimmung der Fans. Bleibt zu hoffen, dass spätestens ab dem Achtelfinale die Schlagzeilen nur mehr sportlicher Natur sind.

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