Debatte über Präsident Platini in UEFA-Exekutive

Nyon (APA/dpa) – Die Dringlichkeitssitzung der UEFA-Exekutive am Donnerstag in Nyon steht ganz im Zeichen des jüngsten Bebens im Weltfußball. Der Aufklärungsdruck auf Michel Platini, den für vorerst 90 Tage suspendierten Präsidenten der europäischen Fußball-Union, wächst. Auch DFB-Chef Wolfgang Niersbach, langjähriger Freund des Franzosen, fordert „Antworten auf die offenen Fragen“.

Selbst Niersbach hat Zweifel an der sportpolitischen Zukunft von Platini. Vor der Dringlichkeitssitzung der UEFA-Exekutive betonte der Chef des Deutschen Fußball-Bundes zwar die „Unschuldsvermutung“, verwies aber in einem Interview der Wochenzeitung „Die Zeit“ erneut auch auf den „schweren Rucksack“ durch die jüngsten Vorwürfe im FIFA-Korruptionsskandal.

„Es ist ein Rucksack, der einen möglicherweise in die Knie zwingen kann“, sagte Niersbach. Die Entscheidung darüber hänge nun von der Bewertung der Ethikkommission des Weltverbandes FIFA ab. Zudem nahm der deutsche Verbandschef für das Notfalltreffen der UEFA-Regierung seine Kollegen in die Pflicht. Es komme darauf an, „ob mindestens die Mehrheit die Situation ähnlich einschätzt wie ich. Und ob die anderen überhaupt einen Rucksack in dieser Form wahrnehmen“, erklärte Niersbach.

Das dänische UEFA-Exekutivmitglied Allan Hansen hat bereits offen mit Vertrauensentzug gedroht. Mittlerweile scheint es gut möglich, dass die Exekutive von ihrem aktuellen Chef als Kandidaten für die Nachfolge des ebenfalls suspendierten FIFA-Präsidenten Joseph Blatter abrückt.

Zunächst hatten die Exko-Mitglieder aufgrund des Einspruchs von Platini keinen Interimschef nominiert und stattdessen den früheren französischen Weltklassespieler unterstützt. Bis zum Treffen am UEFA-Sitz „soll Michel Platini Dinge ins Feld führen, die ihn entlasten“, hatte Niersbach bereits vor einigen Tagen betont.

Platini hatte für Dienste zwischen Jänner 1999 und Juni 2002 erst knapp neun Jahre später von Blatter zwei Millionen Schweizer Franken erhalten. Diese Vereinbarung soll nach Medienberichten auf eine mündliche Absprache und kein schriftliches Dokument zurückgehen.

In Abwesenheit Platinis, dem jegliche Kontaktaufnahme verboten ist, wird am Donnerstag in der UEFA-Zentrale mit Blick auf den Genfer See über die Zukunft des 60-Jährigen debattiert. Ebenso intensiv wird aber auch in den Hinterzimmern über eine mögliche Nachfolgelösung diskutiert. Der frühere UEFA-Chef Lennart Johansson positionierte sich bereits klar. „Niersbach sollte UEFA-Präsident werden“, sagte der 85 Jahre alte Schwede der „Sport Bild“. „Er wäre als UEFA-Präsident ein hervorragender Mann.“

Doch Niersbach selbst vermeidet bisher weiter ein klares Bekenntnis zu Ambitionen auf das höchste UEFA-Amt. „Wir müssen die UEFA schützen“, sagte er der „Zeit“. Auf die Frage, ob er dazu einen Beitrag leisten wolle, antwortete Niersbach: „Ich will und werde mich nicht davor drücken, meinen Beitrag zu leisten. Aber diese Geschichte ist sicher nicht über die Medien zu gewinnen. Die gewinnen Sie nur, wenn Sie intern einen klaren Kurs fahren und dafür Mehrheiten gewinnen.“

Wie auch Präsidentschaftskandidat Prinz Ali bin al-Hussein sprach sich Niersbach gegen eine Verschiebung der FIFA-Wahl aus. „Ich hoffe sehr, dass wir dieses Datum halten können“, sagte der deutsche Verbandschef über den auf den 26. Februar 2016 angesetzten Kongress des Weltverbandes mit der Wahl eines Nachfolgers für Blatter. „Die Organisation muss die Interimsführung hinter sich lassen und einen verantwortlichen Präsidenten wählen“, sagte al-Hussein. „Eine Verschiebung würde nur den nötigen Wechsel verzögern und weitere Instabilität bringen.“

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