„Es war mir eine Ehre“: Fritz von Thurn und Taxis tritt ab

Berlin (SID) Aushilfs-Postbote und Telex-Abreißer, dann Aufstieg zum Sportjournalisten und Kult-Kommentator: Fritz von Thurn und Taxis ist ein Urgestein der deutschen TV-Geschichte, am Samstag war der 66-Jährige als Sky-Kommentator beim DFB-Pokalfinale in Berlin zwischen Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt letztmals im Einsatz.

„Es war mir eine Ehre“: Fritz von Thurn und Taxis tritt ab

Da drängt sich zum Abschied eine Frage auf: Wie schafft es ein Adliger, sich im Sportjournalismus zu etablieren? „Ja, das sind schon zwei Welten und es ist ein Spagat. Anfangs haben die Kollegen hinter vorgehaltener Hand gemeckert, ich würde anderen, die es nötiger haben, die Arbeit wegnehmen. Andere haben geglaubt, ich würde es mir aufgrund meiner Herkunft aus Eitelkeit erlauben, gratis zu arbeiten“, sagte von Thurn und Taxis dem SID.

Doch das Gegenteil war der Fall. Schon als Schüler hat sich von Thurn und Taxis in den Ferien sein Taschengeld als Briefträger verdient, in Giesing, der Heimat von Franz Beckenbauer. Schließlich stammt er aus der böhmischen Linie der traditionsreichen adligen Familie, und alle Schlösser und Ländereien lagen hinter dem eisernen Vorhang.

Vom Geld als Aushilfs-Postbote hat er die Versicherung und Steuer für den VW bezahlt, den seine Mutter ihm geschenkt hatte. Aber: „Jeden Morgen um fünf Uhr aufstehen, das war nichts für mich.“ Dann lieber als Sportjournalist bis in die Nacht arbeiten und dafür morgens ausschlafen…

Der Bayerische Rundfunk ist seine ursprüngliche journalistische Heimat. „Ich bin durch Ulf von Malberg etwa 1971 als Praktikant zum Bayerischen Rundfunk gekommen. Ich durfte SID-Texte abreißen, die damals noch per Fernschreiber kamen, und den zuständigen Redakteuren ins Fach legen. Ja, so fing alles an.“

Später hat er die ganze Welt bereist und viele, viele Spiele kommentiert. Im Grunde hat er aber von seinem Adelstitel nur ein einziges Mal profitiert: „Das war bei einem Europapokalspiel mit Dortmund in Parma. Meine Ur-Ur-Großmutter Maria-Theresia von Österreich war in zweiter Ehe mit Napoleon verheiratet und so Herzogin von Parma oder so was. Als die im Hotel beim Einchecken meinen Pass gesehen haben, haben sie ungläubig gefragt, ob ich wirklich ein Nachfahre sei. Und dann habe ich statt eines Zimmers die beste Suite bekommen…“ Adel verpflichtet bekanntlich.

Ansonsten sieht der Österreicher, der im Alter von fünf Jahren nach Deutschland kam, einen anderen Vorteil: „Ich bin zu Hause und bei den Jesuiten in Sankt Blasien zu menschlichem Anstand erzogen worden. Das hilft im Leben.“

Von Thurn und Taxis wird aufgrund seines eigenwilligen Sprachstils und seiner einzigartigen Art, ein Spiel zu „lesen“, es menscheln zu lassen statt sich in Computeranalysen zu ergehen, oft belächelt, kritisiert. Ihn ficht das nicht an: „Rudi Michel hat mir zu meiner Anfangszeit gesagt: Wenn Sie 50 Prozent Zustimmung haben, ist das ein Erfolg.“ „TuT“ war erfolgreich, auch wenn er stets polarisierte.

Von Thurn und Taxis ist aber auch einer, der klar Position bezieht. Dass nach dem Sprengstoffanschlag auf die Profis von Borussia Dortmund im April die Europäische Fußball-Union (UEFA) den Klub mehr oder minder nötigte, am nächsten Tag anzutreten, fand er ebenso unmöglich, wie das Verhalten des Europa-Verbandes 2001, als die Klubs am Tag nach dem Attentat am 11. September zur Champions League antreten mussten. „Die Verbände haben nichts gelernt“, betonte er sichtlich verbittert.

Klar ist für ihn auch, dass das zerrüttete Verhältnis von BVB-Trainer Thomas Tuchel zu Klub-Chef Hans-Joachim Watzke nicht mehr zu kitten ist. Beim Anblick der emotionslosen Umarmung der beiden nach dem Bremen-Spiel am vergangenen Samstag urteilte von Thurn und Taxis: „Das wird nichts mehr!“

Gern erinnert „TuT“ sich derweil an seine Zeit als Reporter beim BR für Basketball, den er als ehemaliger Spieler der bayerischen Junioren-Auswahl immer besonders mochte. „Ich war ja, als der Fußball noch nicht alles dominierte, beim Bayerischen Rundfunk und in der ARD breit aufgestellt. Ski, Eishockey, Basketball… Das schönste Live-Erlebnis war der Europameistertitel der deutschen Basketballer 1993 gegen Russland. Und dann 1992 das Dream Team bei den Olympischen Spielen.“