FIFA veröffentlicht Bericht zu WM-Vergaben 2018 und 2022

(SID/APA) – Der Fußball-Weltverband FIFA hat überraschend den kompletten Bericht seines ehemaligen Chefermittlers Michael Garcia veröffentlicht. Wie die FIFA am Dienstag auf SID-Anfrage mitteilte, haben die neuen Vorsitzenden der Untersuchungskammer und der rechtsprechenden Kammer der unabhängigen Ethikkommission, Maria Claudia Rojas und Vassilios Skouris, dies beschlossen. Die Bild-Zeitung hatte am Montagabend bereits erste Details des Garcia-Berichts veröffentlicht.

„Im Sinne der Transparenz begrüßt die FIFA die Neuigkeit, dass dieser Bericht nun endlich veröffentlicht wurde“, teilte der Fußball-Weltverband am Dienstag mit. Die Entscheidung habe die neue Spitze der FIFA-Ethikkommission getroffen. Bisher waren die Ethikhüter wegen rechtlicher Bedenken gegen eine Veröffentlichung. Präsident Gianni Infantino hätte diese laut FIFA schon lange befürwortet.

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Chefermittler Michael Garcia hatte 2014 nach rund zweijähriger Tätigkeit auf 430 Seiten seine Erkenntnisse zur skandalumwitterten Doppelvergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 erläutert. Trotz belastender Indizien zu möglicher Einflussnahme der Kandidaten auf die Wahlmänner des damaligen FIFA-Exekutivkomitees hatte die FIFA die WM-Gastgeber Russland und Katar nicht sanktioniert.

Katar gerät wieder unter Druck

Die neuen Vorsitzenden der Untersuchungskammer und der rechtsprechenden Kammer der Ethikkommission, Maria Claudia Rojas und Vassilios Skouris, beschlossen die sofortige Veröffentlichung, teilte die FIFA auf SID-Anfrage mit. Damit rückt der mittlerweile geschasste Richter Hans-Joachim Eckert in ein neues Licht.

Der Münchner, der im Mai von seinem Amt als Chef-Ethiker entbunden worden war, hatte bei seiner Überprüfung des brisanten Dokuments, das die 2010 erfolgten Vergaben der WM-Endrunden 2018 (Russland) und 2022 (Katar) untersucht, keinerlei Anzeichen für eine Manipulation gefunden. Oder zumindest nicht so gravierende, dass eine Neuvergabe der Endrunde im Wüstenstaat nötig gewesen wäre.

Laut FIFA hatte Präsident Gianni Infantino mehrmals die Veröffentlichung verlangt. Dies sei von Eckert und seinem Schweizer Chefermittler Cornel Borbely stets abgelehnt worden. Borbely war ebenso vom FIFA-Council nicht zur Wiederwahl zugelassen worden.

Nach Angaben des Weltverbandes sollte die Ethikkommission in der kommenden Woche erstmals unter neuem Vorsitz tagen und die Veröffentlichung des Berichts diskutieren. Weil der Report der Bild-Zeitung aber bereits vorlag, verlangten Rojas und Skouris die sofortige Veröffentlichung.

Privatjet, Nobelunterkunft und Geldflüsse

Die im Bericht enthaltenen Indizien sind eindeutig, sie werfen einen weiteren Schatten auf die ohnehin kritisch beäugte Endrunde 2022 in Katar. So sollen drei stimmberechtigte Mitglieder des damaligen FIFA-Exekutivkomitees in einem Privatjet des katarischen Fußball-Verbandes QFA nach Rio de Janeiro geflogen worden sein, Nobelunterkunft und Sause inklusive. Zudem landeten zwei Millionen Dollar auf dem Konto der zehnjährigen Tochter eines FIFA-Funktionärs. Ein anderer soll sich bei den Scheichs via Mail für eine Überweisung über mehrere Hunderttausend Dollar bedankt haben.

Garcia, dessen rund 400 Seiten starkes Schriftstück von der FIFA (aus rechtlichen Gründen) noch immer geheim gehalten wird, war nach der verharmlosenden Interpretation Eckerts verständlicherweise erzürnt. Er sah seine Erkenntnisse falsch bewertet, trat wenig später von seinem Amt als Boss der ermittelnden Kammer zurück und verschärfte mit seiner harschen Kritik damals die Glaubwürdigkeitskrise.

Überraschen dürften die Details wahrlich nicht, seit geraumer Zeit wird die WM-Vergabe von schweren Korruptionsvorwürfen begleitet. Dass zudem die größtenteils ausländischen Arbeiter auf den WM-Baustellen noch immer massiv „ausgenutzt und ausgebeutet“ werden, wie die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet hat, stellt die Qualifikation Katars als Gastgeber ebenso infrage.

All das sind für die FIFA jedoch (noch) keine Gründe, um dem Wüstenstaat die Endrunde zu entziehen. Ganz im Gegenteil: Der Weltverband hofft durch die WM auf eine Verbesserung der Situation. „Wenn der Fußball einen kleinen Beitrag dazu leisten kann, werde ich nicht zögern, meine Hilfe anzubieten“, sagte Infantino zuletzt.

Bild: Twitter / @SkySportNewsHD