Sommermärchen 2006: Hitzfeld fordert Transparenz

Wien, 26. Oktober 2015. In Sky90 – die KIA Fußballdebatte sprachen u.a. Trainer Holger Fach und Sky Experte Ottmar Hitzfeld über das Geschehen am 10. Spieltag der Fußball-Bundesliga.

Sky Experte Ottmar Hitzfeld…

… zur Affäre um die WM 2006: „Ich bin betroffen von der Art und Weise wie jetzt beim DFB miteinander umgegangen wird. Alle Personen, die jetzt aufeinander losgehen, haben Märchen geschrieben und großartige Erfolge gehabt. Das ist alles auseinandergebrochen. Es geht darum, dass man wieder an einem Tisch sitzen muss. Man muss alles unternehmen, damit das WM-Organisationskomittee wieder zusammenkommt, jemand die Sitzung moderiert und jemand die brennenden Fragen beantworten kann. Es geht jetzt um Glaubwürdigkeit, die man wieder erarbeiten muss. Ich hoffe nicht, dass zu viel Glaubwürdigkeit verloren gegangen ist. Vertrauen natürlich auch. Persönliche Eitelkeiten dürfen keine Rolle spielen. Zwanziger und Niersbach sollten sich mit den anderen OK-Mitgliedern wie Franz Beckenbauer und Otto Schily an einen Tisch setzen, diskutieren und für Transparenz sorgen. Das erwarten wir alle. Es geht um die Glaubwürdigkeit und den Ruf des deutschen Fußballs in der ganzen Welt.“

Trainer Holger Fach…

… zur Affäre um die WM 2006: „Es kommt nicht gut an und tut keinem gut. Möglicherweise werden wir nie erfahren, wer Recht hat. Es stellt sich mir die existenzielle Frage, sind das die Spielregeln unter denen Olympische Spiele oder Weltmeisterschaften vergeben werden? Entweder wir sind bereit mitzuspielen oder wir sagen nein. Das bedeutet aus meiner Sicht, dass wir in den nächsten Jahrzehnten keine WM und keine Olympischen Spiele haben werden. Es geht gerade nur um eins. Jeder versucht seinen Arsch zu retten. Es ist doch unstrittig, dass das keine saubere Geschichte war. Da sind wir uns doch alle einig, oder?“

Harald Stenger (ehemaliger DFB-Mediendirektor)…

… zur Affäre um die WM 2006: „Nein, ich wusste nichts davon, denn ich war glücklicherweise für die sportlichen Belange der Nationalmannschaft zuständig. Es gab eine klare Teilung zwischen DFB und WM-OK. Alle sportpolitischen, finanziellen und organisatorischen Entscheidungen wurden vom WM-OK getroffen.“

… zu seinem Verhältnis zu Niersbach und Zwanziger: „Ich habe mit Wolfgang Niersbach und Dr. Zwanziger gute und schlechte Zeiten erlebt. Das kann jetzt aber für mich in meiner neuen Aufgabe als freier Journalist nicht die Aufgabe sein, über emotionales oder vergangenes zu reden. Es ist jetzt entscheidend sachliche Analysen und Argument zu liefern in einer für den DFB brandgefährlichen und peinlichen Situation, die aus meiner Sicht viel mehr als eine Auseinandersetzung oder Privatfehde zwischen Wolfgang Niersbach und Theo Zwanziger ist. Es ist insgesamt der Absturz des Sommermärchens, weil hier Fakten auf den Tisch gekommen sind, die man spekulativ vor der WM zum Beispiel schon einmal in der Süddeutschen Zeitung lesen konnte. Was wir immer nur in Südafrika oder Südamerika wähnten, ist jetzt bei uns vor der Haustüre.“

… zur aktuellen Situation: „Die Situation ist nicht nur für den DFB gefährlich, der viel Glaubwürdigkeit verloren und einen riesen Imageverlust erlitten hat, sondern für den gesamten deutschen Fußball. Als die Vorwürfe bekannt wurden, war klar, das riecht nach Mauschelei, nach Manipulation oder nach Korruption. Jetzt bringen sich alle in Position. Ich rechne es Wolfgang Niersbach hoch an, dass er den Weg in die Öffentlichkeit gegangen ist. Er hat auch Fragen beantwortet, aber die inhaltliche Darbietung war dann am Ende sehr dünn und hat mehr Fragen aufgeworfen als Antworten gegeben. Nachdem sich jetzt noch Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger geäußert und Niersbachs Argumentation in Frage gestellt haben, ist jetzt Franz Beckenbauer in der Schlüsselrolle. Er hat sich bisher nicht geäußert. Laut Niersbach-Darstellung ist er derjenige gewesen, der in dem wohl entscheidenden Vier-Augen-Gespräch mit Sepp Blatter alles geklärt hat.“

… zu Wolfgang Niersbach: „Wolfgang Niersbach ist ein Zahlengenie. Den kann man nachts anrufen und dann weiß er genau in welcher Aufstellung die Nationalmannschaft gespielt hat und wer die Tore geschossen hat. Dann setzt er sich in die Pressekonferenz und behauptet, dass er sich nicht mehr genau an eine mögliche Anweisung für eine 6,7-Millionen-Euro-Zahlung erinnern kann. Das klingt unglaubwürdig und deshalb hat er momentan aus unterschiedlichen Gründen die schlechtesten Karten. Ich glaube, dass der Druck der Politik, der FIFA-Ethikkommission und der nationalen und internationalen Justizbehörden wachsen wird, weil diese Geschichte einfach im Schaufenster steht. Irgendwann wird es so sein, dass der Druck auf ihn so groß sein wird, dass ihm nichts anderes als der Rücktritt bleibt oder er als DFB-Präsident nicht mehr tragbar ist.“

Wie geht es weiter beim DFB?

Bild: GEPA