Tränen, Jubel und ein Selfie: Emotionaler Abschied von Schweinsteiger

SID – Tränen vor dem Anpfiff, ein Selfie auf dem Platz und „Fußball-Gott“-Rufe bei der Auswechslung: Kapitän Bastian Schweinsteiger hat trotz trostloser Kulisse einen bewegenden und emotionalen Abschied aus der Fußball-Nationalmannschaft gefeiert.

Beim 2:0 (0:0) gegen Finnland durfte der 32-Jährige noch einmal für 67 Minuten spielen – die Kapitänsbinde trug er aber das gesamte Spiel über. Als der Weltmeister um 22.16 Uhr unter lautstarkem Applaus vom Feld ging und eine der erfolgreichsten Länderspiel-Karrieren endgültig zu Ende war, durfte Schweinsteiger das schwarz-rot-goldene Stück Stoff am Arm behalten – ein in der Geschichte der Nationalelf wohl einmaliger Vorgang.

Sportlich war Schweinsteigers 121. und letzte Spiel für Bundestrainer Joachim Löw trotz der Tore von Max Meyer (55.) und Mesut Özil (77.) das befürchtete Muster ohne Wert. Das beste Beispiel dafür, dass niemand die Partie so richtig ernst nahm, gab es in der 61. Minute: Ein Flitzer lief auf den Platz und umarmte Schweinsteiger. Der Kapitän machte in aller Ruhe ein Selfie mit dem Mann, ehe die Ordner sich in aller Ruhe auf den Weg machten, um ihn vom Feld zu geleiten.

Löw ließ 55 Tage nach dem Halbfinal-Aus bei der EURO im ungewohnten 3-3-1-3-System spielen, bot in Debütant Niklas Süle sowie Meyer und Julian Brandt drei  Olympia-Helden auf, doch für das erste WM-Qualifikationsspiel am Sonntag (20.45/RTL) in Norwegen brachte ihm das wenige Aufschlüsse.

Das Spiel hatte schon im Vorfeld wenig Interesse geweckt. Offiziell nur 30.121 Zuschauer waren eigentlich eine trostlose Kulisse für den Abschied von Kapitän Schweinsteiger. Doch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) versuchte, dies bestmöglich zu vertuschen: Ein Oberrang war mit einem kompletten „Die Mannschaft“-Plakat zugehängt, der etatmäßige Gästeblock mit einem „Servus-Basti“-Transparent.

Vor dem Anpfiff kam dann dennoch Gänsehaut-Stimmung auf. Bei der Verkündung der Aufstellungen wurde Schweinsteiger schon lautstark gefeiert, kurz vor dem Anpfiff wurde die Atmosphäre ergreifend: Es gab eine Choreo des Fanclubs, eine Ansprache des Stadionsprechers sowie eine Ehrung durch DFB-Präsident Reinhard Grindel. Als auf der Leinwand die schönsten Szenen aus zwölf Länderspiel-Jahren Schweinsteigers liefen, erhob sich das Publikum von den Sitzen und hörte minutenlang nicht mehr auf zu klatschen.

Nach ein paar lobenden Worten Grindels, der einen Blumenstrauß und eine Collage überreichte, übernahm Schweinsteiger das Mikrofon und richtete sich mit brüchiger Stimme an die Fans. „Vielen Dank, dass Ihr gekommen seid. Das bedeutet mir sehr viel“, sagte der Ex-Münchner: „Es war für mich eine große Ehre, für Deutschland zu spielen.“

Schweinsteiger: „Es hat mich einfach erwischt“

 

Von seinen langjährigen Kollegen saßen Manuel Neuer, Mats Hummels, Sami Khedira, Toni Kroos, Mesut Özil und Thomas Müller zunächst auf die Bank – sie wurden für Norwegen geschont. Kurzfristig nicht im Kader stand der Wolfsburger Julian Draxler. Der Weltmeister blieb nach Angaben des DFB wegen eines grippalen Infekts im Hotel in Düsseldorf.

Schweinsteiger, bei Manchester United ausgebootet und so noch ohne Spielpraxis in dieser Saison, gab hinter dem quirligen Meyer noch einmal in gemächlichem Tempo den Aufbauspieler und wurde bei jedem Ballkontakt bejubelt.

Auffallend war, dass das DFB-Team von Löw die Vorgabe hatte, schneller und risikofreudiger mit vertikalen Bällen in Tornähe zu kommen. Über gute Ansätze kamen die Platzherren gegen die kompakte Fünferkette des Weltranglisten-65. aber meist nicht hinaus. Für die größte deutsche Chance sorgten die Finnen sogar selbst, als Paulus Arajuuri beim Klärungsversuch an den Pfosten schoss (27.). Die zweitbeste Möglichkeit vergab der lange Zeit sehr unglückliche Mario Götze, dem man die mangelnde Fitness deutlich anmerkte, nach Vorlage von Meyer kläglich (32.).

Löw: „Habe Basti viel zu verdanken“

 

Das erste wirkliche sportliche Highlight gab es zehn Minuten nach der Pause: Eine Hereingabe von Götze ließ der sehr fleißige Kevin Volland gut passieren und Meyer überwand den Frankfurter Bundesliga-Keeper Lukas Hradecky aus sieben Metern. Weitere zehn Minuten später vergab Götze das 2:0 abermals kläglich, ehe er auch das 2:0 vorbereitete.

Als kurz darauf die „7“ auf der Leuchttafel des Vierten Offiziellen aufblinkte, erhoben sich die Zuschauer noch einmal von den Plätzen. Schweinsteiger winkte und klatschte ins Publikum und ging für Julian Weigl vom Feld. Danach schritt er durch die deutschen Ersatzspieler und Betreuer, umarmte einen nach dem anderen und setzte sich mit der Binde am Arm auf die Bank. Das war’s.

Auch Zlatan Ibrahimovic würdigt Schweinsteiger via Facebook

 

Beitragsbild: Getty Images