Italien hat wieder seinen „Gigi“ – „Wunderkind“ Donnarumma

Erst 22 Jahre alt, aber schon 215 Partien in Italiens Fußball-Topliga auf dem Buckel: Gianluigi Donnarumma hat früh den Sprung zu einer festen Größe in der Serie A geschafft. Schon mit 17 war er Stammtormann beim AC Milan, ein Standing, das er in den vergangenen fünf Saisonen durchgehend hatte. Im Nationalteam musste er sich zuerst noch hinter Legende Gianluigi Buffon anstellen, seit 2018 ist er auch da die Nummer eins. Gegen Österreich bekommt er zum 30. Mal seine Chance.

Das Achtelfinale am Samstag im Londoner Wembley-Stadion soll bei seiner Premiere bei einem großen Turnier lange nicht alles gewesen sein. Im bisherigen Turnier wurde der Schlussmann der Italiener wenig geprüft, war noch kein wichtiger Faktor bei den 3:0-Triumphen über die Türkei und die Schweiz sowie dem 1:0 gegen Wales. In der jüngeren Vergangenheit war er aber mitbeteiligt daran, dass die „Squadra Azzurra“ ihre Serie ohne Gegentor auf elf Partien in Folge ausbaute.

Bei der aktuellen Form der Italiener scheint nicht ausgeschlossen, dass Donnarumma gleich im ersten Anlauf jenes Kunststück schafft, das Buffon verwehrt blieb – der EM-Titel. Der mittlerweile 43-Jährige durfte allerdings 2006 den WM-Pokal stemmen. „Er ist ein Tormann, der die Möglichkeit hat, Geschichte zu schreiben und jeden Wettbewerb zu gewinnen“, sagte Buffon bei Sky Italia über seinen 1,96 Meter großen Nachfolger.

Der Generationenwechsel im Tor der Italiener wurde bereits am 1. September 2016 eingeleitet, als Donnarumma nach der Pause beim 1:3 im Test gegen Frankreich für Buffon aufs Feld kam. Mit 17 Jahren, 6 Monaten und 7 Tagen. Seit 28. März 2017 ist der gebürtige Süditaliener zudem der jüngste Torhüter, der jemals in einer italienischen Startelf stand. Auf Clubebene war kein Tormann beim Debüt in der Serie A jünger als Donnarumma, der seine Premiere bereits mit 16 Jahren und 242 Tagen feierte und damals als „Wunderkind“ bezeichnet wurde.

Es folgten sechs Saisonen als unangefochtener Stammtormann des AC Milan, wobei dabei nur der Supercup-Triumph 2017 herausschaute. Im Nationalteam ist seine Bilanz stark. In keinem seiner 29 Länderspiele, in denen es 19 Siege, acht Remis und zwei Niederlagen gab, kassierte er mehr als ein Gegentor. „Er hat schon Qualität und auch unglaubliche Routine, aber ob er dieser absolute Klassekeeper ist, den die Italiener schon gehabt haben mit einem Zoff, Toldo oder natürlich dem überragenden Buffon, da muss er noch reinwachsen, das konnte er bis jetzt auch noch gar nicht bestätigen“, sagte Österreichs Ex-Teamtormann Michael Konsel.

Mit der Meinung steht er nicht alleine da. „Wenn es ums Eingemachte geht, ist er für mich noch ein bisschen ein unbeschriebenes Blatt und für die meisten Italiener auch“, betonte der 59-Jährige. Er weiß wovon er spricht, sein Kontakt nach Italien ist nie abgerissen, nachdem er vier Jahre für die AS Roma und Venedig (1997 bis 2001) das Tor gehütet hatte. „Ich habe nicht Wunderdinge gehört, dass man sagt, er ist eine Bank wie Neuer oder jede Woche unumstritten Weltklasse, wie es bei Buffon war. Es gibt schon auch manchmal ein Auf und Ab, er hat seine Höhen und Tiefen“, weiß Konsel.

Näher analysieren wollte er Italiens Nummer eins nicht, für das habe er ihn zu wenig beobachtet. Das kann sich in den nächsten Tagen ändern, sollten die Italiener bei der EM weit kommen. Danach steht für Donnarumma ein Tapetenwechsel an. Nach übereinstimmenden Medienberichten soll der 22-Jährige den trainingsfreien Montag dafür verwendet haben, um den Medizincheck für den Wechsel zu Frankreichs Vizemeister Paris Saint-Germain in Rom zu absolvieren.

Mit Milan, wo er als „Anführer und Kapitän“ eine zentrale Rolle spielte, hatte er sich gehaltstechnisch nicht einigen können. Sein Vertrag läuft daher mit Ende Juni aus, dadurch konnte er sich seinen neuen Arbeitgeber aussuchen. Laut „Gazzetta dello Sport“ soll er bei PSG, wo aktuell Keylor Navas Stammtormann ist, einen Vertrag bis 2026 erhalten und pro Jahr rund zehn Millionen Euro verdienen.

(APA)

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