Jürgen Melzer zu Zukunft: „Eher heuer kein Tennis mehr“

Wels (APA) – Die Liebe zum Tennis und jene zum Davis Cup im Besonderen trägt er im Herzen. Dennoch muss der mittlerweile 36-jährige Jürgen Melzer in Wels zuschauen. Einerseits tut ihm das weh, andererseits freut es ihn, dass das rot-weiß-rote Tennis zu Hause eine große Bühne erhält. Seine eigene Karriere hängt aktuell aber am seidenen Faden. Für 2017 wird Melzer das Racket turniermäßig nicht mehr angreifen.

So zumindest ist der aktuelle Stand im Tennis-Leben des ehemaligen Weltranglisten-Achten. Im vergangenen Mai hatte sich Melzer im Ellbogen des linken Schlagarms eine Sehne angerissen, in Wimbledon kehrte er zu schnell auf die Tour zurück und riss sich die Sehne ganz ab. Seither ist die Ungewissheit ein ständiger Begleiter des French-Open-Halbfinalisten 2010 geworden.

Nach einer rund zehnmonatigen Pause wegen einer Schulterverletzung war Melzer im Juli 2016 auf die Tour zurückgekehrt und hatte auch immer wieder aufgezeigt. In Kitzbühel hatte er dann sogar einen Sieg über Dominic Thiem geschafft. 2017 hatte er sich für die Australian Open qualifiziert, in Runde eins dem späteren Champion Roger Federer einen Satz abgenommen und dann noch zwei Challenger gewonnen. Doch neben dem Kampf mit den Gegnern ist es auch ein bisschen der Kampf mit dem eigenen Körper, denn man als jahrzehntelanger Sportler durchleben muss.

In Wels hat der ältere der Melzer-Brüder den Commitment Award des Internationalen Tennisverbands für seine Davis-Cup-Karriere bekommen. Melzer ist österreichischer Rekordspieler, hat 33 Länderkämpfe bzw. 72 Spiele (Gesamt: 32 Siege, 40 Niederlage/Einzel: 21:29 – Doppel: 11:11) bestritten. „Es ist schön, nach all den Jahren etwas zurückzubekommen und du dir zuhause was hinstellen kannst. Jeder weiß, wie viel mir dieser Bewerb bedeutet hat oder immer noch bedeutet“, sagte Melzer im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur.

Ein bisschen betrachtete er den Davis Cup in Wels auch „mit weinendem Auge“, weil er das Heimspiel vor toller Kulisse nur als Zuschauer betrachten konnte. „Wenn man da nicht aktiv dabei sein kann, tut das weh und vor allem, wenn man auch nicht weiß, wie sich das weiterentwickelt.“ Gemeint ist damit seine ungewisse sportliche Zukunft. „Eine Sehne ist fix abgerissen, die zweite wahrscheinlich auch.“ Nach einer sechswöchigen Pause mit absoluter Ruhe ist der Riss noch da, dennoch kann er kurioserweise teilweise schmerzfrei, dann wieder nicht spielen.

Im Raum steht eine Operation, die ihn aber im Spätherbst seiner Karriere über ein halbes Jahr kosten würde. „Es ist gerade so ein hin und her. Ich weiß nicht, was ich machen soll, weil ich auch weiß, dass ich sieben Monate kein Turnier spielen werde, wenn ich mir das machen lasse.“

Melzer hat durchaus noch das Tennis in sich, auch im Einzel noch einmal für Erfolgserlebnisse zu sorgen, doch ob der Körper noch mitspielt, ist unklar. Die OP könnte zumindest unter seine Single-Karriere den Schlusspunkt setzen. „Der Jüngste bin ich nicht mehr. Da muss man kein Prophet sein, wenn man sagt, die Einzelkarriere wird dann wahrscheinlich vorbei sein.“ Darum will Melzer erst in rund zwei Wochen entscheiden, ob er sich noch einmal unters Messer begeben wird.

„Der Plan war weiterzuspielen, nur Single und dann vor allem Doppel. Das mit dem Single wird jetzt eng. Heuer noch einmal zu spielen wäre a) wegen der Verletzung, b) wegen dem protected ranking nicht schlau. Da würde ich schon sehr viel auf eine Karte setzen.“ Kehrt die Verletzung zurück, wäre er zu Beginn 2018 ganz ohne Punkte.

Melzer hat sich von allen möglichen Experten beraten lassen, doch entscheiden muss er selbst. „Wenn ich 25 wäre, wäre die Entscheidung relativ leicht. Bei mir geht’s jetzt vielleicht nur noch um zwei Jahre, vielleicht nur noch im Doppel. Dass ich mir da sieben Monate wegnehme..“, rätselt Melzer. Fakt ist für den Niederösterreicher: „Ich möchte nicht zum Aufhören gezwungen werden.“

Darum wird er den Schläger zumindest wettkampfmäßig vorerst in der Tasche lassen. „Ich werde heuer eher kein Tennis mehr spielen.“ Der Plan B, wenn es sich für das Einzel nicht mehr ausgeht, wäre die Doppel-Karriere. Denn Melzer hat vom Tennis einfach noch nicht genug, genießt den Wettkampf noch zu sehr. „Wenn ich mich für das Doppel entscheide, dann würde ich mich schon gern wieder ganz hoch spielen. Wenn du zwei Grand Slams gewonnen hast, zweimal beim Masters dabei warst und dich dann drauf spezialisierst, glaub ich schon, dass da noch was drinnen ist.“

Und theoretisch wären dem fünffachen ATP-Einzel-Sieger (darunter zweimal in Wien) dann vielleicht sogar noch mehrere Jahre gegeben, denn im Doppel schlagen sich ja viele Cracks auch noch über 40 sehr gut. Selbst Olympia 2020 in Tokio ist für ihn nicht abgehakt. „Ausschließen würde ich es nicht.“

Beitragsbild: GEPA