Kampf- und Siegmentalität bringen Rodionov eine Stufe höher

Mit einer absoluten Siegmentalität hat Jurij Rodionov am Nationalfeiertag einen seiner bisher größten Tennis-Erfolge gefeiert. Vom Namen des Besiegten ist es zweifellos sein bisher größter Coup, einen Weltranglisten-Zwölften wie Denis Shapovalov schlägt man nicht alle Tage. Spätestens ab dem Rebreak um 4:4 im ersten Satz war beim Lokalmatador richtiggehend eine Gier auf den Sieg zu spüren. Am Ende stand ein überzeugendes 6:4,7:5 und der Einzug ins Achtelfinale.

„Vor der Partie habe ich mir nicht denken können, dass ich gewinnen werde, besonders in zwei Sätzen“, resümierte Rodionov noch am Montagabend. „Ich brauche noch ein paar Stunden, um den Sieg zu verdauen. Ich war mental sehr stark, bin immer bei mir geblieben.“ Sein nächster Gegner wird am (heutigen) Dienstag zwischen dem slowenischen Qualifikanten Aljaz Bedene und dem Briten Daniel Evans ausgespielt, dem Doppelpartner in Wien des Steirers Oliver Marach.

Rodionov war vom Antreten in seiner Heimatstadt angetrieben, mit der Wildcard hatte ihm Turnierdirektor Herwig Straka eine rechte Freude gemacht. Da konnte dann auch das Gefühl vom Erstrundensieg bei den French Open gegen den Franzosen Jeremy Chardy nicht mit: „Heute hat es sich um Welten besser angefühlt, da es in meiner Heimatstadt war“, sagte Österreichs nun in Favoriten wohnende Nummer drei. „Vor heimischem Publikum spielt es sich am besten, ich habe jede Minute genossen.“

Der aktuell Weltranglisten-153. wird am nächsten Montag sein bisheriges Karrierehoch von Platz 148 auf jeden Fall verbessern, und die Chance auf einen weiteren Erfolg ist durchaus intakt. „Bedene (Weltranglisten-53., Anm.) kenne ich noch nicht so gut. Gegen Evans (33.) habe ich zweimal gespielt, einmal gewonnen und in der Australian-Open-Quali (2019) verloren. Er ist ein unangenehmer Gegner. Er ist sehr abwechslungsreich, kann sich gut anpassen. Aber ich bin bereit, zu kämpfen.“

Das ist eine Eigenschaft, die er sich heuer unter seinem Tour-Coach Javier Frana noch mehr angeeignet hat. „Er ist ein hervorragender Tennis-Trainer, und noch ein besserer Mensch. Nur manchmal redet er viel“, sagte Rodionov augenzwinkernd über den Argentinier. „Ich genieße jede Minute mit ihm. Er hat vieles durchlebt. Ich brauche einen Mentor wie ihn, der den Weg zeigt. Es besteht ein großes Vertrauen zwischen uns. Und wir haben gesehen, dass die Zusammenarbeit Früchte trägt.“

Ein weiterer Baustein ist die Zusammenarbeit in der Akademie von Wolfgang Thiem, das Training mit den anderen der besten Österreicher wie Dominic Thiem und Dennis Novak. „Diese Trainingsgruppe ist im österreichischen Raum mit Abstand das Beste. Ich möchte jede einzelne Situation im Training nutzen, mich jede einzelne Minute vom Tag aufopfern“, erläuterte der 21-Jährige. „Das habe ich in den letzten Wochen und Monaten umstellen können.“

Auch in der nächsten Runde soll es in der gleichen Tonart weitergehen. „Am liebsten würde ich den Titel holen“, meinte Rodionov nach seinen weiteren Zielen in dieser Woche befragt. Das soll mehr Ausdruck seiner Entschlossenheit sein als von einer vielleicht falschen Selbsteinschätzung. Rodionov scheint jedenfalls reif genug, Schritt für Schritt zu gehen. „Ich werde es jetzt einfach genießen, alles einsickern lassen und in der zweiten Runde genauso fokussiert und konzentriert auftreten.“

(APA)

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