Kampfgeist besiegt Krebs: Köhler feiert Comeback mit einem Tor

(SID) Ein Strafstoß in einem Testspiel eines Fußball-Zweitligisten ist selten eine Erwähnung wert, doch dieser Schuss aus elf Metern auf dem Sportplatz 2 des Hotels Oliva Nova an der spanischen Costa del Azahar war etwas ganz Besonderes. Benjamin Köhler schob den Ball sicher mit links zum 3:0 ins Tor und verschwand anschließend unter einer Traube von Gratulanten. Ein Jahr nachdem beim Mittelfeldspieler von Union Berlin eine Krebserkrankung diagnostiziert worden war, feierte Köhler ein Gänsehaut-Comeback im Trikot der Eisernen.

„Das war ein sehr emotionaler Moment. Dass wir dann noch einen Elfmeter bekommen, passt irgendwie. Die Jungs haben mich dann gefordert, das habe ich natürlich dankend angenommen“, sagte Köhler nach dem 4:0-Sieg der Unioner gegen eine Auswahl vertragsloser spanischer Fußballer am Sonntag. Nach 81 Minuten nahm Trainer Sascha Lewandowski den glücklichen, aber auch müden Rückkehrer vom Platz. „Geplant waren nur 60 Minuten“, verriet Köhler, „aber jede Minute mehr ist gut für die Fitness.“

Der 35-Jährige weiß: Von seiner früheren Topform ist er noch sehr weit entfernt, vielleicht wird er sie auch nie mehr erreichen. Doch das ist gar nicht mehr das Wichtigste. „Vor sechs Monaten haben mich die Leute noch im Krankenhaus besucht, da war an Fußball nicht zu denken“, sagte Köhler der Berliner Morgenpost: „Doch man muss sich ja irgendwo festhalten. Das ist für mich der Fußball.“

Besondere Momente beim gestrigen Spiel in der alten Försterei in Berlin. Zum ersten Mal durfte ich die dortige Atmosphäre genießen. Es hat richtig viel Spaß bereitet. Unsere Jungs haben nach dem klasse Rückrundenauftakt ein super Spiel gemacht. Ein ganz besonderer Moment war das Comeback von Union-Spieler Benny Köhler. Toll, Dich wieder auf dem Platz zu sehen. Mach weiter so und bleib gesund! Ich drücke Dir und Union die Daumen. Diese Atmosphäre ist erstligareif!

Posted by Roman Weidenfeller on Monday, January 25, 2016

Der unbedingte Wille, es noch einmal zurück auf den Platz zu schaffen, half ihm über die schlimme Zeit hinweg. Am 4. Februar suchte Köhler wegen anhaltender Bauchschmerzen den Arzt auf, die Diagnose stellte sein Leben komplett auf den Kopf: Krebs. Ein bösartiger Tumor des Lymphsystems im Bauch (Hodgkin-Lymphom). Chemotherapie. Bangen um das eigene Leben.

Der Fall löste eine Welle der Solidarität aus. Union Berlin verlängerte den im Sommer 2015 auslaufenden Vertrag um ein Jahr, Köhlers Mitspieler sorgten im ersten Heimspiel nach der Diagnose für einen Gänsehaut-Moment im Stadion der Alten Försterei.

Nach einem in der siebten Minute herbeigeführten Ausball versammelten sich Unions Spieler und Reservisten auf dem Rasen vor Köhlers Tribünenplatz, drehten sich in übergestreiften T-Shirts mit seiner Rückennummer 7 sowie der Aufschrift „Gemeinsam kämpfen“ zu ihrem Kollegen um und stärkten den Allrounder mit einem „Eisern bleiben, Benny“-Banner.

Köhler blieb eisern, er hat sich auf den Rasen zurückgekämpft. „Ich kann nur hoffen, dass es so weitergeht. Jede Minute, die ich spielen darf, hilft mir. Ich bin einfach nur glücklich“, sagt der langjährige Bundesligaprofi von Eintracht Frankfurt.

Sein Vertrag läuft im Sommer aus, ein Gnadenbrot will der Mittelfeldrenner vom Verein nicht. An ein Karriereende in einem halben Jahr will er aber auch nicht denken. „Viele trauen mir eine Rückkehr nicht zu“, sagt Köhler: „Ich werde sie eines Besseren belehren.“ Mit diesem Kampfgeist hat Köhler schon den Krebs besiegt.