Kommentar zum Erfolg über Nordmazedonien: „Ein Sieg für die langjährig gepeinigte Fußballseele der Österreicher“

Österreich hat gestern im ersten Spiel der diesjährigen Europameisterschaft im Match gegen EM-Neuling Nordmazedonien den ersten Sieg geholt. Den ersten Sieg beim dritten Antreten, im siebenten Spiel. Ein historischer Tag.

Nur um es einzuordnen. Österreich holte den letzten Sieg bei einem Großereignis am 19. Juni 1990. Das ist 31 Jahre her. Im Gegensatz zum gestrigen Sieg war jener gegen die USA im letzten Gruppenspiel durch Tore von Andreas Ogris und Gerhard Rodax bedeutungslos. Der letzte Auftaktsieg bei einer Endrunde gelang Österreich am 17. Juni 1982 gegen Chile in Oviedo bei der Weltmeisterschaft in Spanien. Den einzigen Treffer erzielte Walter Schachner. 39 Jahre sind seither vergangen.

Wie kann oder soll der verdiente 3:1-Sieg nun eingeordnet werden? In erster Linie war es ein Sieg für die langjährig gepeinigte Fußballseele der Österreicher. Generationen sind in dem Wissen und dem Glauben aufgewachsen, dass Österreich entweder nur Zuschauer bei Endrunden ist oder, wenn die Qualifikation einmal gelingt, bei Großereignissen kein Spiel gewinnen kann. Nur zur Erinnerung: Auch bei der WM 1998 in Frankreich gelangen einzig drei Tore in der Nachspielzeit, die zu zwei Unentschieden führten und das Team frühzeitig nach Hause beförderte.

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Der gestrige Sieg steigert das Selbstbewusstsein einer alten Fußball-Nation, die nicht mehr weiß, wie sich Siege auf den großen Bühnen der Welt anfühlen. Heutzutage bekommen wir die besten Fußballer bei den besten Klubs der Welt jederzeit ins Wohnzimmer geliefert. Wir sind es gewöhnt, die stärksten Leistungen der größten Athleten dieses Sports zu sehen. Dabei vergessen wir, dass es gewaltiger Arbeit bedarf, bis man in den Kreis der absoluten Elite aufsteigt.

Österreich hat es im letzten Jahrzehnt geschafft, in einer der stärksten drei Ligen der Welt (Deutschland) die meisten Legionäre zu stellen. David Alaba stand drei Mal im Finale der Champions-League, das er zwei Mal gewonnen hat. Marcel Sabitzer erreichte immerhin das Semi-Finale mit Leipzig. Diese Erfahrungen setzten diese Spieler gestern positiv ein, um ein Team, das einen unnötigen Rückschlag erlitten hatte, wieder auf die Siegerstraße zu bringen.

Vielleicht war es nicht der glanzvollste Sieg, vielleicht nicht die beeindruckendste Vorstellung, die man jemals gesehen hat. Aber das waren die meisten Spiele dieser Europameisterschaft bisher nicht. In der Vorrunde geht es darum, diese zu überstehen, egal wie. Um sich anschließend neue Ziele zu stecken. Österreich hat den ersten wichtigen Schritt Richtung Achtelfinale gemacht. Wann unser Nationalteam das letzte Mal in einem K.O.-Spiel eines Turniers war? 1954 in der Schweiz. Österreich wurde Dritter.

Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, festzustellen, dass Foda zu defensiv oder zu ängstlich agiert, oder die falschen Spieler aufstellt. In diesen drei Spielen geht es darum, erfolgreich für Österreich zu sein und dem siegentwöhnten Fußballvolk mit ehrlichen Leistungen Stolz einzuimpfen. Wenn das gelingt, dann hat diese Mannschaft mehr erreicht als sämtliche Teams in den sieben Jahrzehnten vor ihnen.

(Nikolaus Reitz)

Beitragsbild: GEPA