Marc Janko denkt nicht an Rücktritt: „Ich bin gerne Nationalspieler“

Basel/Wien (APA) – Marc Janko bleibt dem österreichischen Fußball-Nationalteam auch nach der verpatzten EM in Frankreich erhalten. Im Gegensatz zu Kapitän Christian Fuchs denkt der 33-jährige Stürmer nicht an einen Rücktritt.

Im Interview mit der APA – Austria Presse Agentur sprach Janko kurz vor Saisonstart in der Schweiz über seine Zukunft beim FC Basel, schmerzhafte EM-Erfahrungen und die Hoffnungen auf eine WM-Teilnahme. Fliegende Teller im ÖFB-Camp verwies er ins Reich der Märchen.

Bei der EM haben Sie mit Verletzungen zu kämpfen gehabt, am Dienstag im Test gegen Wolfsburg haben Sie getroffen. Wie geht es Ihnen gesundheitlich?

„Ich fühle mich wieder sehr, sehr gut. Erstmals seit längerer Zeit bin ich wieder völlig ohne Beschwerden. Ich habe alle Wehwehchen auskuriert. Es hat gut getan, wieder auf dem Platz gestanden zu sein. Ich bin erst seit 11. Juli im Training. Die kurze Vorbereitung ist nicht ideal, aber ich bin auf einem guten Weg. Dass ich im ersten Spiel anfange, bezweifle ich. Es wäre nachvollziehbar, wenn ich Schritt für Schritt herangeführt werden würde.“

Sie haben vor der EM auch einen Clubwechsel nicht ausgeschlossen. Ist das kein Thema mehr?

„Ich habe es nur so analysiert, wie es im Geschäft ist: Dass die Möglichkeit besteht. Ich habe immer betont, dass ich mich sehr wohlfühle in Basel. Ich kann mir vorstellen, meine Karriere hier zu beenden. Wenn wir eine Riesen-EM gespielt hätten, hätte das vielleicht Begehrlichkeiten geweckt. Es hätte aber etwas sehr, sehr Gutes kommen müssen, damit ich überhaupt darüber nachgedacht hätte.“

Es ist in eine ganz andere Richtung gegangen. Wie lange haben sie gebraucht, um das bei der EM Erlebte zu verarbeiten?

„Es hängt immer noch ein bisschen nach. Die Enttäuschung über die Art und Weise, wie alles verlaufen ist, ist groß. Es sind die Details, die auf diesem Level entscheiden. Die Dinge, die so viel hätten möglich machen können, sind nicht für uns gelaufen. Die genauen Gründe erspare ich mir jetzt. Wir als ÖFB-Team haben einiges einstecken müssen, teilweise auch sehr entbehrliche Sachen. Aber da müssen wir drüberstehen als Berufssportler. Einige Medien haben sogar Teamchef Marcel Koller infrage gestellt, das hat mich schon überrascht. Die Beurteilung ist typisch österreichisch gewesen – ein Schwarz-Weiß-Denken.“

Wie bewerten Sie es selbst?

„Wir haben im Vorfeld immer wieder darauf hingewiesen, dass es keine leichte Aufgabe ist. Hochmütigkeit können wir uns nicht vorwerfen. Die Erwartungshaltung ist von der Öffentlichkeit gekommen. Die hat uns ja schon als Europameister gesehen. Ich für mich habe das Abschneiden sehr wohl analysiert. Über meine Mitspieler spreche ich nicht, ich kann nur meine eigene Leistung analysieren. Da habe ich Frieden geschlossen.“

Kapitän Christian Fuchs hat das ÖFB-Team hinter sich gelassen. War das für Sie auch ein Thema?

„Ich habe nie mit Rücktrittsgedanken gespielt. Wenn man mit mir weitermachen will, stehe ich gerne zur Verfügung. Wenn ich nicht mehr gebraucht werde und man einen Schnitt machen will, werde ich das auch akzeptieren. Ich bin gerne Nationalspieler, aber über eine Einberufung entscheidet der Teamchef. Ich spiele ihm da gerne den Ball zu. Ich werde jedenfalls weiter alles probieren, um dem Team zu helfen.“

Die Unstimmigkeiten im Team, über die nach der EM berichtet wurde, haben daran nichts geändert?

„Ich habe wieder etwas gelernt über den Umgang mit einigen Medien. Es war eine weitere Erfahrung, wie die Medien-Landschaft in Österreich funktioniert. Das war teilweise sehr enttäuschend, da sind schon scharfe Pfeile geflogen. Aber das hat nichts mit meiner Passion zu tun, Nationalspieler zu sein. Fakt ist, dass Geschichten frei erfunden worden sind, komplett aus der Luft gegriffen. Das ist eine neue Dimension von Journalismus. Natürlich war die Stimmung nicht überragend, aber Spannungen gab es 0,0 Prozent. Wir sind weiter eine harmonisierende Gemeinschaft, daran hat sich nichts geändert.“

Mit welchen Erwartungen kann man dann in die anstehende WM-Qualifikation gehen?

„Es ist das gleiche Spiel wie vor zwei Jahren. Es ist eine schwierige Gruppe. Man hat gesehen, dass es auf diesem Niveau keine leichten Gegner mehr gibt. Wales hat bei der EM irrsinnig gut gespielt. Das werden verdammt schwierige Spiele, aber ich glaube nach wie vor an diese Mannschaft. Ich traue uns auch in der WM-Quali viel zu. Und ich hoffe auf die Fans. Wir haben von einem Pflänzchen gesprochen, das zum Baum geworden ist. Auch wenn davon ein paar Äste abgebrochen sind, das lassen wir hinter uns. Rückschläge gehören im Sport dazu.“

Mit den Erfahrungen dieser EM: Wie wichtig wäre es, bei der WM in Russland das wahre Potenzial dieser Mannschaft zeigen zu können?

„Es wäre eine Riesensache für uns, für den Verband und für die Fans. Es fährt aber nur der Gruppenerste fix zur WM, die Zweiten müssen ins Play-off. Mit diesem Modus wird es auf keinen Fall einfacher. Es wäre das absolute Traumziel, wenn wir noch einmal nachlegen könnten mit einer WM-Teilnahme – und dann vielleicht in die K.o.-Phase einziehen. Aber die Betonung liegt auf Traum.“

Mit dem Fuchs-Rücktritt ist auch sein Amt vakant. Sie waren schon Teamkapitän. Wie wichtig ist es, wer die Rolle künftig bekleidet, und wer sind für Sie die Führungsspieler in der Mannschaft?

„Es ist überhaupt nicht wichtig. Unabhängig davon, wer die Schleife trägt, haben wir die Führungsrolle in den vergangenen Jahren auf viele Köpfe verteilt. Da gibt es viele, die intern einmal das Wort übernehmen oder auch in unangenehmen Situationen vor die Presse treten. Die Schleife ist nur symbolisch. Wichtig ist, dass wir uns wieder finden, dass jeder seine Potenzial abrufen kann.“

Was erwarten Sie von den Führungsspielern in der Aufarbeitung? Bei der nächsten Zusammenkunft wird die EM sicher noch einmal nachbesprochen werden.

„Wir haben in Frankreich auch schon gesprochen, bei diesem Abendessen, bei dem angeblich Teller geflogen sein sollen. So ein Schwachsinn, das ist frei erfunden. Da wurde normal gesprochen in einem vernünftigen Ton. Dort hat der eine oder andere das Wort ergriffen und gesagt, dass es jetzt wichtig ist, zusammenzuhalten. Ich denke nicht, dass wir uns durch diese EURO unseren Weg schlechtreden lassen. Ich zähle weiter auf die Unterstützung der Fans. Es wird sich zeigen, wer wirklich hinter uns steht, und wer nur ein Schönwetterfan ist.“

Artikelbild: GEPA