Marsch zu Superliga: „Traurig für Sportler, Fans, für alle“

Jesse Marsch, Trainer von Fußball-Serienmeister Red Bull Salzburg, hat sich deutlich gegen die geplante Superliga ausgesprochen. „Wenn die Motivation im Sport nur über Geld ist, finde ich das schade. Das ist traurig für Sportler, für Fans, für alle. Ich glaube, dass viele dieser Vereine genug Geld haben“, erklärte der US-Amerikaner am Montag bei einem Medientermin vor dem Spiel gegen WSG Tirol.

Auf einer Linie mit Marsch lagen Salzburg-Geschäftsführer Stephan Reiter, dessen Rapid-Pendant Christoph Peschek und Austria-Coach Peter Stöger.

Der Wiener merkte an, dass ähnliche Konstrukte schon länger im Raum stehen. Sein Gefühl „aus dem Bauch heraus“ würde aber kein gutes sein. „Allgemein ist alles bedenklich, was die Schere im sozialen und wirtschaftlichen Bereich weiter auseinandergehen lässt. In dem Bereich bewegt es sich meiner Einschätzung nach“, sagte der ehemalige Köln- und Dortmund-Trainer am Montag.

Marsch würde am derzeitigen Prinzip der Champions League nichts ändern. „Die Gruppenphase der Champions League ist sehr spannend. Nicht einfach für die kleinen Vereine, aber sehr interessant für alle in Europa. Ich hoffe, dass die UEFA und alle die Situation jetzt schützen werden. Das aktuelle Champions-League-Format ist derzeit sehr, sehr stark und sehr gut für alle“, meinte Marsch. Mit Salzburg nahm der 47-Jährige zuletzt selbst zweimal in der CL-Gruppenphase teil. Die Gegner Liverpool (2019/20) und Atletico Madrid (2020/21) gehören nun zu den Gründern der Superliga.

Marsch zog einen Vergleich zur Weltmeisterschaft. „Wenn wir sagen, dass die WM nur mit Argentinien, Brasilien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Italien und England gespielt wird – das ist nicht so interessant für uns als Fans“, sagte er. „Für mich ist David gegen Goliath immer ein Thema im europäischen Fußball.“ Offensivspieler Karim Adeyemi stimmte seinem Trainer zu. „Die Champions League ist für jeden ein Phänomen. Gerade für kleinere Clubs ist es eine Chance, gegen solche Vereine zu spielen. Es ist besser, mit der Champions League weiterzumachen“, betonte der 19-Jährige.

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Wie Marsch griff auch Peschek zum biblischen Bild. Die Superliga „widerspricht dem, was Fußball ausmacht: Der Fußball lebt von Leidenschaft und Emotionen. Es ist ein Wettbewerb geprägt von Erfolgen und Misserfolgen, Meistern und Absteigern, der stetigen Hoffnung des Sieges von David gegen Goliath“, sagte Peschek.

Für die Investoren stehe „Profitmaximierung mit einer geschlossenen Liga“ über den sportlichen Wettkampf. „Investoren verfolgen stets das Ziel, das investierte Geld mit entsprechender Rendite zu vervielfachen. Dabei sind die Gründungsidee, Werte und Traditionen von Klubs oftmals unerheblich, ja mitunter sogar störend“, erklärte er und forderte die Dachverbände zum Handeln auf: „Dieses Modell lehne ich klar ab. Der Fußball soll auch in herausfordernden Zeiten vielfältig bleiben. Sportlich, wirtschaftlich, sozial. Daher müssen UEFA und FIFA dem einen Riegel vorschieben.“

Auch Salzburgs Geschäftsführer Stephan Reiter ließ kein gutes Haar an den Plänen. „Es ist eine Liga, die sich komplett abschottet und die von Kapital und Geld dominiert wird – und nicht von der sportlichen Qualität. Das sehen wir grundsätzlich anders“, befand Reiter. Die Qualifikation solle weiterhin über den nationalen Wettbewerb erfolgen: „Es soll keine Eliteliga sein, in die man sich einkauft.“ An einer Teilnahme sei man „in keinster Weise interessiert“.

Als Motivation ortete er „schon ein Stück weit Gier. (…) Von den 3,3 Milliarden Euro werden rund 80 Prozent an die Champions-League-Teilnehmer ausgeschüttet. Manchen Clubs scheint das zu wenig zu sein. Die oberste Motivation ist sicherlich der finanzielle und nicht der sportliche und schon gar nicht der Fan-Aspekt“, befand Reiter.

Sollte die Liga Wirklichkeit werden, sah Reiter einerseits die Möglichkeit, „sich dem Diktat von einigen wenigen, großen Clubs zu entziehen“, andererseits „die große Chance, die Ausschüttung des gesamten Wettbewerbs etwas zu überdenken. Es gehen derzeit vier Prozent Solidaritätszahlungen an die nicht teilnehmenden Clubs. Das kann natürlich bedeutend mehr sein“, erklärte er.

Dass die zwölf Gründerclubs just am Tag, an dem die UEFA ihre CL-Reformpläne beschloss, ihr Ansinnen öffentlich machten, ist laut Reiter „kein Pokern, sondern weitaus mehr. Wir hatten in der ECA (Europäische Clubvereinigung, Anm.) ausgezeichnete Gespräche über den Wettbewerb ab 2024. Umso mehr verwundert es uns wirklich, dass gewisse Clubs, die am Tisch gesessen sind, (…) parallel an der Super League gearbeitet haben. Da geht es um Vertrauen und Wertschätzung. Das wurde von einigen Clubs massiv missbraucht.“

(APA) / Bild: GEPA