Jakob Pöltls Entscheidung über Agenten steht kurz bevor

Salt Lake City (Utah) (APA) – Österreichs NBA-Hoffnung Jakob Pöltl wird sich noch diese Woche für einen Agenten entscheiden. Das bestätigte der 20-jährige Wiener im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. Die persönliche Basis mit seinem kommerziellen Vertreter sei ihm dabei wichtiger als Geld, betonte der Basketballer. „Im Endeffekt wird es eine Entscheidung sein, die ich aus dem Bauch heraus treffe.“

Bereits in den vergangen Wochen hat Pöltl mit seiner Familie mögliche Partner für den Einstieg in die nordamerikanische Profiliga sondiert. Die Entscheidung sei schwer, das Angebot bei allen gut. „Mein Fokus liegt aber nicht auf dem Geld, daher mache ich mir keine allzu großen Sorgen“, erklärte Pöltl. „Ich brauche keinen Agenten, der mir zu 100 Prozent das meiste Geld herausholt. Ich will, dass ich eine gute Beziehung mit ihm habe.“

Verträge für NBA-Neulinge sind nach einem fixen Schema gestaffelt. Zwei Jahre sind für Spieler, die im Draft in der ersten Runde ausgewählt werden, garantiert. Dazu kommen clubseitige Optionen auf zwei weitere Jahre. Pöltl wird für das Auswahlverfahren am 23. Juni unter den ersten zwölf Spielern gehandelt. In dieser Kategorie gibt es mehr als zwei Millionen Dollar jährlich. Ein guter Agent kann bis zu 120 Prozent des gestaffelten Fixums aushandeln.

Pöltl-Talk

Pöltl hat bisher an der Universität von Utah studiert. Welche Bedeutung hat Geld für ihn? „Grundsätzlich ist es wichtig, glaube ich. Aber es ist nicht der Grund, warum ich Basketball spiele“, versicherte das Ausnahmetalent. „Ich bin froh, dass ich jetzt aus einem Hobby, das es am Anfang war, eine Karriere machen kann, dass ich Basketball spielen kann und damit auch noch wirklich viel Geld verdienen kann.“

Ziel sei es, in den nächsten Tagen mit der Agenten-Entscheidung die Weichen zu stellen. Mit seinem Vertreter, einem ausgewiesenen NBA-Experten, werde dann auch das Vorbereitungsprogramm bis zum Draft abgestimmt. Einziger Fixpunkt ist der sogenannte „Draft Combine“ von 10. bis 15. Mai in Chicago. Dort stehen Leistungstests auf dem Programm. Dazu können sich die NBA-Hoffnungen am 12. und 13. Mai auch auf dem Parkett den Scouts präsentieren.

„Die nächsten Wochen werden aus viel Training zur Vorbereitung auf den Draft bestehen“, sagte Pöltl. Er wird es nicht nur in Salt Lake City, sondern auch in anderen Teilen der USA absolvieren. Das Uni-Semester fertigzumachen, werde daher schwierig. Pöltl will aber so viele Kurse wie möglich beenden, um nach der bevorstehenden Profikarriere vielleicht auch sein Wirtschaftsstudium abschließen zu können. „Ich will mir zumindest die Option offenhalten.“

Vorerst steht aber der Basketball im Mittelpunkt. Seinen neuen Arbeitgeber erfährt Pöltl am 23. Juni in New York. Ob er danach im Sommer auch als NBA-Spieler zum österreichischen Nationalteam darf, ist offen. Im Vorjahr hatte Pöltl seine ersten fünf Länderspiele absolviert. „Ich hoffe, dass ich spielen kann, aber es wird auf jeden Fall schwer. Ob es sich ausgeht, kann ich nicht sagen. Die Entscheidung wird zu einem Großteil nicht von mir abhängen.“ Sondern von seinem neuen Team.

Interview mit Jakob Pöltl

Seinen großen Abend hat er mit Kobe Bryant im TV verbracht. Nachdem er am Mittwoch seine Entscheidung für einen Wechsel in die nordamerikanische Profiliga bekanntgegeben hat, schaute Jakob Pöltl mit Teamkollegen und Freunden das Abschiedsspiel der NBA-Legende im Fernsehen.

Pöltl selbst wird aller Voraussicht nach noch in diesem Jahr als erster Österreicher in der besten Basketball-Liga der Welt debütieren. Im Interview mit der APA – Austria Presse Agentur sprach der 20-jährige Wiener über seine neuen Ziele, seine wachsende Popularität und seine ganz persönlichen „Wow“-Momente.

APA: 60 Punkte im letzten Spiel. Was halten Sie von Kobe Bryant?

Pöltl: „Unglaublich. Ich war nie der größte Kobe-Fan, aber im Endeffekt muss man sagen: Er ist im Moment wahrscheinlich einer der Top-drei-Spieler aller Zeiten. Wie er es geschafft hat mit seinen fünf Meisterschaften, den MVP-Auszeichnungen und allem, da muss man einfach Respekt haben. Das ist eine wirklich coole Karriere. Er war auch immer bei demselben Team, das ist bemerkenswert.“

APA: Am Tag seines Abschieds haben Sie Ihre Entscheidung bekanntgegeben, Ihre Karriere in der NBA zu starten. Wie erleichtert sind Sie, seit es offiziell ist?

Pöltl: „Ich habe es schon ein bisschen länger gewusst, daher macht es für mich keinen so großen Unterschied. Es war ein Prozess, der eine Zeit lang gelaufen ist. Dann war dieser eine Moment, in dem ich gesagt habe, dass ich in die NBA gehen will. Es ist aber nicht so, dass mir jetzt ein Stein vom Herzen gefallen ist. Es war nicht so eine große Sache für mich.“

APA: Der Traum von der NBA scheint aber langsam Realität zu werden. Welche neuen Ziele setzen Sie sich in der Liga?

Pöltl: „Ich schaue einmal, dass ich mich in der NBA etabliere. Ich habe das schon einmal gesagt: Das Schwere ist es nicht, in die NBA zu kommen, sondern in der NBA zu bleiben. Daher hoffe ich, dass es einigermaßen gut losgeht, dass ich mich weiter verbessere und am Anfang Spielzeit bekomme. Ich hoffe, dass ich eine gute Rolle in einem Team bekomme, bei dem ich Spaß haben kann. Mit dem Team muss ich auch zufrieden sein.“

APA: Sie selbst können über Ihren Arbeitgeber nicht mehr mitentscheiden. Wie geht es Ihnen dabei, Situationen so anzunehmen, wie sie sind?

Pöltl: „Im Normalfall recht gut. Es ist das erste Mal in meiner Basketball-Karriere, dass ich die Entscheidung nicht selbst treffen kann. Egal, wie es wird, ich werde das Beste daraus machen. Wenn es gar nicht läuft, dann wird es auch Wege geben, aus einer Situation herauszukommen. Aber ich gehe nicht davon aus, weil ich mich normalerweise überall recht gut zurechtfinde. Ich kann mich gut anpassen.“

APA: Gibt es Teams oder Spielweisen, die Sie präferieren würden?

Pöltl: „Erstmal ein Team, das einen Center braucht. Wenn es eher ein Team ist, das schnell spielt, bei dem ich meine Schnelligkeit, meine Beweglichkeit und Agilität gut verwenden kann, dann ist das auch gut. Und wenn sie einen Point Guard haben, mit dem ich gut ‚Pick and roll‘ (Abrollen zum Korb nach Blockade gegen den Verteidiger des Ballführenden/Anm.) spielen kann – das wären alles Dinge, die mir aus basketballerischer Sicht entgegenkommen.“

APA: Sie möchten sich möglichst lange in der NBA festsetzen. Wie definieren Sie eine lange, erfolgreiche Karriere?

Pöltl: „Ich würde sagen, 10 oder 15 Jahre sind schon eine wirklich lange Karriere. Das wäre der Optimalfall. Aber so weit in die Zukunft kann und will ich im Moment gar nicht schauen. Ich will mich verbessern. Ich schaue einmal, dass ich mich für meinen ersten Vertrag in der NBA halte und dann vielleicht noch einen zweiten dranhänge.“

APA: Ihr Leben wird sich als Profi grundsätzlich ändern. Wie gut vorbereitet fühlen Sie sich auf die Glamour-Welt NBA?

Pöltl: „Es wird sicher schwer. Ich habe von vielen Leuten gehört, was auf mich zukommt. Aber im Endeffekt muss man es selbst herausfinden und aus seinen Erfahrungen lernen. Ich glaube, das zweite Jahr auf dem College hat mir in der Hinsicht weitergeholfen. Ich werde mich einfach reinstürzen in dieses Abenteuer und schauen, was passiert. Bisher ist das immer gut gegangen.“

APA: In deutschen Medien werden Sie bereits als Österreichs Antwort auf Dirk Nowitzki bezeichnet. Er hat Basketball in Deutschland massentauglich gemacht und zu einem neuen Stellenwert verholfen. Wie würden Sie ihre Rolle für Österreich in dieser Hinsicht einschätzen?

Pöltl: „Es wäre sehr geil, wenn ich den gleichen Einfluss auf Basketball in Österreich haben könnte, den er in Deutschland gehabt hat und immer noch hat. Ich glaube, dass es ein wichtiger Schritt war für Basketball-Österreich, dass ich hoffentlich bald in der NBA spiele, dass wir hoffentlich bald Spieler haben, die in den USA erfolgreich sind. Wenn sich das alles in die richtige Richtung entwickelt, wäre es unglaublich cool. Ich hoffe, dass ich der Typ sein kann, der die Popularität von Basketball für Kinder auf das nächste Level hebt.“

APA: Die Aufmerksamkeit in Österreich wird noch größer werden, wenn Sie in der NBA spielen. Welche Erfahrungen helfen Ihnen, mit diesem Hype umzugehen?

Pöltl: „Ja, ich gehe davon aus, dass es nicht weniger werden wird, sollte ich einigermaßen erfolgreich sein in der NBA. Das ist etwas, mit dem ich nie ein Problem hatte. Ich habe auch gute Leute um mich herum, sollte ich je in Gefahr sein, abzuheben. Das war in meinem Leben aber noch nie der Fall. Daher bin ich recht selbstbewusst, dass ich mental kein Problem damit habe, hoffentlich bald in der besten Liga der Welt zu spielen.“

APA: Blicken wir ein halbes Jahr voraus – Oktober 2016, der Start der NBA-Saison. Was geht da in Ihnen vor?

Pöltl: „Ich bin mir nicht sicher, ob ich schon ganz realisiert habe, was da auf mich zukommt. Ich bin nicht gut darin, in die Zukunft zu schauen. Ich mache immer irgendwie und dann kommt so ein Moment, in dem ich mir denke: ‚Wow, da habe ich lange darauf hingearbeitet, und jetzt ist es soweit.‘ Das geht auch relativ schnell wieder weg. Es ist ein Moment, in dem es mich kurz flasht, in dem ich merke: ‚Jetzt bin ich da und es ist eigentlich verrückt, wie ich hier hergekommen bin.‘ Es wird wieder so ein ähnlicher Moment sein, wenn ich mich zu meinem ersten NBA-Spiel umziehe.“

APA: Wann haben Sie solche ‚Wow‘-Momente bereits erlebt? Was waren für Sie die großen Meilensteine Ihrer Karriere?

Pöltl: „Als ich nach Utah gekommen bin und ein Heimspiel bestritten habe, das war so etwas. Dann auch mein erstes Bundesliga-Spiel in Österreich, das ist auch in diese Richtung gegangen – die ersten großen Momente in meiner Basketball-Karriere. Ich hoffe, dass noch der eine oder andere dazukommt, auch mit dem Nationalteam.“

(Das Gespräch führte Florian Haselmayer/APA)