Nachgetreten Runde 12: Der Ballbesitzfußball der Austria

Das Spiel in Ballbesitz der Wiener Austria ist eines der meistdiskutierten und auch kritisierten Themen der heurigen Bundesliga-Saison. Thorsten Fink setzt auf Ballbesitz und hat Erfolg damit. Doch der hohe Ballbesitz-Anteil kam bisher hauptsächlich durch ein langatmiges Spiel in die Breite vor der der ersten Pressinglinie zu Stande, anstatt in höheren Zonen, wie es sich Fans und Freunde des typischen Austria-Stils wünschen würden. Dies wurde auch HIER bereits kurz ausgeführt.

Fink betonte stets, dass er das Spiel in die höheren Zonen noch entwickeln muss und dass dies Zeit benötigt. Für seine Spieltaktik mit dem sicheren Aufbauspiel von hinten heraus, den breit stehenden Innen- und hochstehenden Außenverteidigern kommt der Sechser-Position eine besondere Bedeutung zu. Fast das gesamte erste Saisonviertel besetzt Fink diese Position doppelt, mit Holzhauser und Vukojevic. Diese Variante bringt zwar viel Sicherheit (die Austria ist bei den Gegentoren unter den Top 3 und lässt wenige Torchancen zu) und Ballbesitz in der eigenen Hälfte, nach vorne wird aber hautsächlich mit langen Bällen gespielt. Gefährlich wird man zudem hauptsächlich über Standardsituationen, über die Flanken und den schnellen Kayode, weniger aber über gut herauskombinierte Aktionen. In weiterer Folge setzt Fink auf Holzhauser als alleinigen Sechser (Vukojevic steht seit Runde 9 nicht mehr in der Startelf) oder experimentiert mit dem offensiver denkenden Grünwald als zurückgezogenen Mittelfeldspieler. In der Länderspielpause arbeitet die Austria an diesem Konzept offenbar erfolgreich weiter. Zumindest geht das adaptierte Konzept von Fink gegen Grödig, speziell erste Hälfte, voll auf. Raphael Holzhauser hat als alleiniger Sechser 121 Ballkontakte – das sind 50% mehr als die beiden gegenüber, Rasner und Brauer, zusammen – und fühlt sich in dieser Rolle offenbar wohl. Neben den oft angesprochenen vielen Querpässen zwischen Holzhauser und den Innenverteidigern, spielt er dieses Mal aber auch auffallend mehr Bälle in die Tiefe. Von den offensiven Mittelfeldspielern hat er die stärkste Anbindung zu Grünwald. Die Grafik zeigt alle Pässe von Holzhauser zu Grünwald (insgesamt 15) im Spiel gegen Grödig. Ein Großteil dieser Pässe geht dabei in die nächste Zone oder direkt ins Angriffsdrittel und initiiert daher viele Angriffe der Austria.

Paesse_Holzhauser-Gruenwald

Das 2:0 durch Gorgon fällt nach einer derartigen Spieleröffnung: Zunächst das typische Ball-Hin-und-Her-Geschiebe in der Verteidigung, dann positioniert sich Holzhauser zentral und spielt den tiefen Pass auf Grünwald, der sich gut zwischen den Linien bewegt und sich den freien Raum erläuft. Ist die Austria einmal in dieser Zone mit kontrolliertem Spiel, ist sie aufgrund variabler Laufwege schwer berechenbar. Zudem werden die Außenspieler extrem effektiv eingesetzt. Die Austria schlägt die meisten Flanken und hat die mit Abstand höchste Quote an erfolgreichen Flanken der Liga. Hat der Flankenspieler, meist ein Außenverteidiger (hier Martschinko), frei den Ball, gehen die Angriffs- und Mittelfeldspieler sofort ihre Wege in den Strafraum und besetzen auch den Rückraum. Gorgon müsste hier zwar enger gedeckt werden, er bewegt sich aber auch gut zwischen den Grödiger Verteidigern und nützt die Hereingabe perfekt.

Fazit:

Mit Holzhauser als alleinigen Sechser, einem variabel agierenden Mittelfeld und einem akzentuierten Flankenspiel scheint Fink eine offensive Spielanlage gefunden haben, die ein effektiveres Spiel nach vorne ermöglicht als es bisher der Fall war. Viel hängt bei der Austria allerdings von der Spieleröffnung durch Holzhauser ab. Es bleibt ab zu warten, wie das Spiel der Favoritner funktioniert, wenn der Gegner konsequent hoch presst oder Holzhauser komplett zustellt.