Heute vor 20 Jahren: Österreich geht in Spanien mit 0:9 unter

In der aktuellen EM-Qualifikation läuft es für das ÖFB-Team nicht nach Wunsch. Nach der 0:1-Niederlage gegen Polen und der 2:4-Blamage in Israel liegt Österreich in der EM-Qualifikationsgruppe G auf dem letzten Platz. Heute vor 20 Jahren kassierte Österreich im Mestalla-Stadion zu Valencia die zweithöchste Länderspielpleite der Geschichte. Das Team von Trainer Herbert Prohaska lief gegen Raul und Co. in ein 0:9-Debakel. Die höchste Klatsche gab es übrigens im Jahr 1908, als man gegen England mit 1:11 verlor.

Legendär ist auch das Halbzeit-Interview vom damaligen ÖFB-Teamverteidiger und jetzigen Sky-Experten Toni Pfeffer, der bei 0:5-Pausenrückstand feststellte: „Hoch werd mas ned mehr gwinna, des is amol kloa!“

Zwei Tage später trat Prohaska nach über sechs Jahren als Teamchef der österreichischen Nationalmannschaft zurück. Wir blicken heute anlässlich des unrühmlichen 20-jährigen „Jubiläums“ noch einmal auf eine der schlimmsten Stunden im österreichischen Fußball zurück.

Der Spielbericht zum 0:9-Debakel in Spanien

„Ein absoluter Alptraum!“ ÖFB-Präsident Beppo Mauhart war am Samstag das Entsetzen ins Gesicht geschrieben, als Österreichs Fußball-Nationalmannschaft in Valencia eine der bittersten Stunden erlebte. Spanien gab ein Lehrspiel, wie es das ÖFB-Team erste einmal, vor 91 Jahren, erlebt hatte. Raul, Urzaiz und Co. spielten und kombinierten nach Herzenslust und deklassierten Österreich im EM-Qualifikationsspiel mit 9:0 (5:0).

Die Spanier, die in der Gruppe sechs mit der Niederlage auf Zypern gestartet waren, nahmen damit Kurs auf die EM-Endrunde in Niederlande/Belgien, über Österreichs Chancen sollte nach der zweithöchsten Niederlage in der ÖFB-Länderspielgeschichte nur Stillschweigen herrschen, auch wenn die Chance nach wie vor da ist. In der Fußball-Steinzeit, am 8. Juni 1908, war Österreich von England in einem Freundschaftsspiel mit 1:11 vorgeführt worden.

Die Startelf des ÖFB-Teams

Hinten v.l.n.r.: Franz Wohlfahrt, Peter Schoettel, Anton Pfeffer, Wolfgang Feiersinger, Mario Haas, Arnold Wetl. Vorne v.l.n.r.: Andreas Herzog, Christian Prosenik, Harald Cerny, Guenther Neukirchner, Roman Maehlich (AUT)

Die Taktik von Teamchef Herbert Prohaska ging im Angriffswirbel der Spanier unter. Mit den Paaren Cerny/Neukirchner rechts und Wetl/Prosenik links wollte er die gefürchteten Angriffe der Spanier über die Flügel abfangen. Schöttel sollte Raul entschärfen, Pfeffer Urzaiz beschatten und in der Offensive Herzog die Solospitze Haas mit Bällen für Konter versorgen. Doch nichts davon klappte. Vielmehr war bereits nach sechs Minuten die Theorie von der Praxis eingeholt.

Die Kombination war geradezu typisch sehenswert für die Spanier: Guardiola füttert Raul, der läßt abtropfen, wendet blitzschnell und vor allem schneller als Schöttel, bekommt den Ball von Sturmpartner Urzaiz ideal in den Lauf gespielt und schießt trocken zur Führung ein (6.). In der Folge entwickeln die Spanier mit dem überragenden Raul eine Spielfreude, die die 35.000 Fans im Mestalla-Stadion von Valencia ein ums andere Mal von den Sitzen riß. Technisch perfekt und lauffreudig zogen die Gastgeber ein schnelles Kombinationsspiel auf, daß die Österreicher völlig überforderte, sprichwörtlich schwindlig spielte.

Die Startelf der Spanier

Hinten v.l.n.r.: Santiago Canizares, Fernando Ruiz Hierro, Marcelino Elena, Israel Urzaiz, Josep Guardiola, Juan Carlos Valeron. Vorne v.l.n.r.: Francisco Junior Gonzalez, Joseba Etxeberria, Miguel Michel Salgado, Raul Gonzalez, Sergi Barjhan

Auf den Seiten sorgten Sergi und Fran bzw. Etxeberria für Druck, Urzaiz und Raul konnten von Pfeffer und Schöttel nie unter Kontrolle gebracht werden. Vor allem Raul spielte sich in einen wahren Spielrausch. Das 22jährige Juwel von Real Madrid war ständig anspielbar, stets brandgefährlich und im Abschluß ausgefuchst wie einer alter Routinier.

Nach Lochpass von Fran überhob er Torhüter Wohlfahrt, der Ball sprang von der Stange ins Feld zurück doch, Roman Mählich zögerte einen Sekundenbruchteil und der nachsetzende Raul spitzelte zum 2:0 ein (17.). Nach der Pause krönte der Star der Königlichen aus Madrid seine Gala mit den Toren Nummer drei (48.) und vier (74.). Sein schönster Treffer wurde aber wegen fraglichen Abseits (39.) aberkannt: Mit der Brust stoppte er den Ball und versenkte ihn direkt im Fallen.

Doch da war die Partie längst entschieden. Der bullige Urzaiz, die ideale Ergänzung zum kleinen, wendigen Raul, per Kopf nach Maßflanke von Fran (30.) und nach Flanke von Raul mit einem satten Schuß (45.) sowie Hierro mit einem Foulelfmeter (Wetl an Etxeberria/35.) hatten schon zur Pause das Debakel angekündigt. Und die Spanier schalteten nicht zurück, sondern spielten weiter, als ob zwei Mann mehr auf dem Platz gestanden wären. Wetl mit einem Eigentor (77.) und Fran (84.) machten Österreich endgültig zur Lachnummer in Europa.

Spanien – Österreich Endstand 9:0 (5:0)
Mestalla-Stadion Valencia, 35.000
SR Gilles Veissiere/FRA

Torfolge:
1:0 ( 6.) Raul
2:0 (17.) Raul
3:0 (30.) Urzaiz
4:0 (35.) Hierro (Foulelfmeter)
5:0 (45.) Urzaiz
6:0 (48.) Raul
7:0 (74.) Raul
8:0 (77.) Wetl (Eigentor)
9:0 (84.) Fran

Spanien: Canizares – Salgado, Hierro, Marcelino, Sergi – Etxeberria (84. Dani), Guardiola, Valeron (71. Mendieta), Fran – Urzaiz (60. Munitis), Raul

Österreich: Wohlfahrt – Feiersinger (54. W. Kogler) – Schöttel, Pfeffer – Cerny, Neukirchner, Mählich, Prosenik (58. Reinmayr), Wetl – Herzog – Haas (69. Mayrleb)

Gelbe Karten: Canizares, Hierro bzw. Herzog, Schöttel, Pfeffer
Die Besten: Raul, Urzaiz, Guardiola bzw. keine

(APA)

Bilder: GEPA