Throwback: ÖFB-U20-Sternstunde wird 10 Jahre alt

Wien (APA) – Was sich zum größten österreichischer Erfolg auf Fußball-Nachwuchsebene entwickeln sollte, hat am 3. Juli 2007 relativ unspektakulär seinen Anfang genommen. Die ÖFB-U20-Auswahl startete in Edmonton mit einem 1:1 gegen Kongo in die WM, beklagte danach die mangelnde Chancenauswertung, freute sich aber über die am Leben erhaltene Chance auf den Achtelfinal-Einzug.

Nicht einmal drei Wochen später endete das wichtigste Junioren-Turnier der Welt mit Rang vier – die heimischen Jung-Kicker waren in der Zwischenzeit zu den Lieblingen der ganzen Nation avanciert und im Herbst zur Mannschaft des Jahres in Österreich gewählt worden. In der allgemeinen Begeisterung um die Kanada-Helden und angesichts des damals darniederlegenden A-Teams gab es sogar Forderungen, die Heim-EURO 2008 mit den U20-Spielern zu bestreiten.

ÖFB-FRAUEN WEITER AUF PLATZ 24 DER WELTRANGLISTE

So weit kam es zwar nicht, doch immerhin schafften es insgesamt neun Kicker aus dem 21-Mann-WM-Kader in die Nationalmannschaft – einen derartigen Output hat es bisher noch bei keinem ÖFB-Nachwuchsteam gegeben. Sebastian Prödl, Zlatko Junuzovic und Martin Harnik sind nach wie vor fixe Bestandteile der A-Auswahl, in der außerdem Veli Kavlak, Erwin Hoffer, Rubin Okotie, Markus Suttner, Michael Madl und Andreas Lukse zum Einsatz kamen.

Ihr damaliger Teamchef Paul Gludovatz verfolgte die Karrieren in den zehn Jahren seit Kanada mit großem Interesse und auch mit großer Genugtuung. „Ich freue mich sehr über ihre Erfolge“, erklärte der mittlerweile 71-Jährige im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur.

Gludovatz gelang es, aus unterschiedlichen Gruppen innerhalb der Mannschaft eine echte Einheit zu formen. „Der Trainerstab hat den Zusammenhalt vorgelebt und die Spieler sind mitgezogen“, erinnerte sich der ehemalige Ried-Coach. Zur guten Stimmung trug auch bei, dass Gludovatz seine Schützlinge zumeist an der langen Leine hielt. „Ich habe nie jemandem verboten, dass er vielleicht ein Bier trinkt – ich trinke ja selbst gern hin und wieder ein Achterl.“

Penible Zapfenstreich-Kontrollen gab es keine. „In die Zimmer bin ich nie reingegangen. Die Burschen haben genau gewusst, wo die Grenzen sind“, betonte Gludovatz.

Zumindest auf dem Platz schienen den ÖFB-Youngsters lange keine Grenzen gesetzt. Auf die Kongo-Partie folgten ein ungefährdetes 1:0 gegen Gastgeber Kanada und ein starker Auftritt beim 0:0 gegen den Turnier-Mitfavoriten Chile mit dem nunmehrigen Bayern-Star Arturo Vidal. Im Achtelfinale wurde Gambia 2:1 besiegt, danach schlugen die Österreicher die hoch eingeschätzten US-Amerikaner um Freddy Adu und Jozy Altidore in einem spektakulären Match mit 2:1 nach Verlängerung.

Im Semifinale platzte der Traum vom WM-Titel – beim 0:2 gegen Tschechien war man chancenlos. In dieser Partie fehlten drei Stammspieler, was Gludovatz aber nicht als Ausrede gelten lässt. „Ich habe dieses Spiel mitverloren, weil die Burschen gespürt haben, dass ich nicht an den Sieg geglaubt habe. Ich habe ihnen zu viel Respekt eingeimpft und nicht glaubhaft vermittelt, dass wir gewinnen können“, zeigte sich der Burgenländer selbstkritisch.

Trotz vieler gelungener Auftritte wie auch beim abschließenden 0:1 um Platz drei gegen Chile ist die Niederlage gegen Tschechien jenes Match, an das Gludovatz‘ Erinnerung am stärksten sind. „Weil die Enttäuschung danach sehr groß war. Wir sind ja nach Kanada gefahren, um Weltmeister zu werden.“

Dass man es tatsächlich in die Nähe des Titelgewinns schaffte, lag laut dem Trainer neben der Qualität der Kicker vor allem an der starken Physis. „Alle Spieler haben sich körperlich sauwohl gefühlt, weil wir vom Trainerteam genau darauf geschaut haben. Dadurch konnten wir technische Mängel leichter kompensieren, und durch die körperliche Fitness ist die mentale Fitness dazugekommen.“

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Beitragsbild: GEPA