SK Sturm Graz: Neuanfang nach Kaderumbruch

Der Vizemeister SK Sturm Graz hat in diesem Sommer auf ein Trainingslager verzichtet. Unter dem Motto: „Wir trainieren da, wo andere ihr Trainingslager veranstalten“ stand demnach die diesjährige Vorbereitung auf die kommende Saison. Die Plätze im Trainingszentrum Graz Messendorf wurden erst im September 2017 rundum erneuert, deshalb gab es für die Grazer perfekte Bedingungen in der Heimat.

Herumgekommen sind die Schwarz-Weißen trotzdem  

Die steirische Sommertournee startete wenige Tage nach Trainingsauftakt in Deutschfeistritz mit einem 6:0 Erfolg gegen den SV Deutschfeistritz. In Voitsberg wurde der ASK mit 3:2 besiegt. Beim 3:1-Erfolg gegen den slowenischen Erstligisten NK Domzale in Gralla war auch Nationalteam-Goalie Jörg Siebenhandl wieder mit dabei. In Ilz wartete mit dem FC Kopenhagen ein erster schwieriger Test, den die Grazer mit 1:0 für sich entscheiden kommen.

Gegen den englischen Zweitligisten Middlesbrough gab es in Kumberg ebenfalls einen 1:0 Sieg. Beim 3:2 gegen den Landesligisten Gnas waren auch alle Teamspieler wieder mit dabei. Emeka Eze feierte in diesem Spiel nach überstandenem Wadenbeinbruch sein Comeback und erzielte den ersten Treffer des Spiels. In Großklein setzte es gegen Krasnodar die einzige Niederlage der Vorbereitung.  Und zum Abschluss wurde Zweitligist Kapfenberg im heimischen Messendorf mit 1:0 besiegt.

Verletzungen:

Emeka Eze ist wieder voll fit, sein Haarriss im Wadenbein ist augeheilt.

Fabian Koch hat sich im Test gegen Gnas einen Muskelfasereinriss Oberschenkel zugezogen. Im Idealfall soll er gegen Ajax daheim wieder mit dabei sein.

Jakob Jantscher hat eine Unterschenkelprellung erlitten und der Bluterguss ist in Richtung Fußgelenk gewandert. Er wird für das Hinspiel gegen Ajax nicht zur Verfügung stehen.

Transferaktivitäten:

Es ist mittlerweile eine Grazer Angewohnheit, dass im Sommer die Karten komplett neu gemischt werden. Vom Grundgerüst der Erfolgsmannschaft der abgelaufenen Saison sind nur noch Jörg Siebenhandl, Dario Maresic, Lukas Spendlhofer, Fabian Koch, Peter Zulj, Stefan Hierländer, Jakob Jantscher und Philipp Huspek übrig geblieben. Thorsten Röcher hat sich nach einer Saison in schwarz-weiß als ideales Geschäft erwiesen. Vor einer Saison noch ablösefrei aus Mattersburg gekommen, hat er mit seinem Transfer zum FC Ingolstadt kolportierte 1,25 Millionen Euro in die Kasse gespült.

Bei Deni Alar wurde den Grazern eine Ausstiegsklausel zum Verhängnis. Sein Abschied aus der steirischen Hauptstadt zu Rapid Wien hat nicht für allzu viel Verständnis gesorgt. Ebenfalls bei Rapid ist Marvin Potzmann gelandet. Mit Christian Schoissengeyr und James Jeggo kicken nun auch zwei weitere Ex-Grazer in Wien, jedoch bei der Austria. Dieser Aderlass in Richtung Bundeshauptstadt hat bei Sportdirektor Günther Kreissl für wenig Verständnis gesorgt und es lag an ihm, passende Nachfolger zu finden.

Mit Philipp Hosiner vertrauen die „Blackies“ auf einen alten Bekannten. Nach einem Nierentumor in seiner Zeit bei Stade Rennes und einer kollabierten Lunge Ende 2016 war der Stürmer zuletzt bei Union Berlin nur noch Ergänzungsspieler. Er hat einen sehr starken Eindruck hinterlassen. Vor allem in Sachen Durchschlagskraft und Schnelligkeit ist er definitiv ein anderes Kaliber als Deni Alar.

Mit Filipe Fereira aus der zweiten portugiesischen Liga und Raphael Obermair von den Bayern München Amateuren wurden zwei potenzielle Nachfolger für Marvin Potzmann geholt. Beide müssen sich auf Bundesliganiveau jedoch erst beweisen.  Obermair wurde vor seinem Wechsel zu Bayern München nie in einer Akademie ausgebildet. Jedoch ist die Schule 1860 Rosenheim auch nicht zu verachten. Immerhin wurde dort auch ein gewisser Bastian Schweinsteiger groß. Die beiden Ex-Admiraner Lukas Grozurek und Markus Lackner sind als unmitttelbare Verstärkungen eingeplant.

Lackner bringt bislang nicht vorhandene Größe ins Mittelfeld und Grozurek hat seine Offensivqualitäten im Eins-gegen-Eins oft genug unter Beweis gestellt. An Durchschlagskraft sollte es den Grazern in dieser Saison nicht fehlen. Denn mit Markus Pink spielt ab jetzt ein weiterer Turm an der Mur. Seinen Torriecher hat er beim ungefährdeten 2:0 Cup-Erfolg gegen Siegendorf in der ersten Runde am vergangenen Samstag bereits bewiesen. In den vergangenen zwei Spielzeiten ist Sportdirektor Günther Kreissl mit Uros Matic und Peter Zulj jeweils ein Coup gelungen – Markus Pink könnte diese Serie fortsetzen.

Ein riesiges Fragezeichen steht hinter dem Verbleib von Sturms neuer Nummer zehn Peter Zulj. Der Neo-Teamspieler hat unter Franco Foda gegen Russland und Deutschland seine sensationelle Saison gekürt und sich so noch zusätzlich in die Auslage gespielt. Gegen Ajax hat er nun in der Champions League Qualifikation zwei Spiele mehr Zeit für Werbung in eigener Sache. Sollte Sturm über den niederländischen Rekordmeister stolpern, könnte die Nummer zehn schon sehr früh in dieser Saison wieder zu haben sein. Ein Verbleib über dieses Transferfenster hinaus gilt als unwahrscheinlich.

Gegen Ajax wartet ein Highlight auf den Vizemeister. Salzburg und Rapid haben in den vergangenen Jahren vorgezeigt, wie man die Niederländer besiegen kann. Für Sturm kommt dieser Kracher jedoch noch reichlich früh. Der Kaderumbruch scheint bis auf das Fragezeichen Zulj abgeschlossen zu sein. Jedoch wird sich in diesen zwei Spielen zeigen, wie weit die Mannschaft sich schon gefunden hat. Heiko Vogel nimmt die gesamte Situation mit einem Schmäh: „Jeden Tag gibt es in der Kabine neue Gesichter,“ so der 42-jährige Coach.

Ob es nach diesem wilden Transferkarussell noch einmal zur Vizemeisterschaft und zum Cupsiegt reicht darf angezweifelt werden. Aber Sturm hat in den vergangenen Spielzeiten immer wieder zu überraschen gewusst und nach einigen Runden wird sich zeigen, wie gut das Näschen von Transferkaiser Günther Kreissl in diesem Sommer war.

Text: Johannes Hofer