Die „Reds“ und der 30-jährige Titelkampf

Spitzenreiter Liverpool hat seine Titelambitionen in der englischen Fußball-Premier-League am Sonntag eindrucksvoll unterstrichen. Nach einem 3:1 gegen Titelverteidiger Manchester City liegen die „Reds“ nach fast einem Drittel der Meisterschaft acht Punkte vor den ersten Verfolgern Leicester und Chelsea.

Der Jubel in Anfield war ohrenbetäubend, Coach Jürgen Klopp umarmte jeden einzelnen seiner Spieler. „Mir hat das Spiel gefallen. Ich liebe die Atmosphäre. Das war unglaublich, die Leute – fantastisch, gegen einen außergewöhnlich starken Gegner.“ Während Klopp noch lange nach dem Abpfiff strahlte, waren die Gesichtszüge von Man-City-Trainer Pep Guardiola wie eingefroren.

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Der Rückstand des amtierenden Meisters auf den Tabellenführer beträgt nun schon neun Punkte. Ob das noch aufzuholen ist, mochte Guardiola beim Sender BBC nicht beantworten. „Ich bin kein Zauberer. Ich kann nicht in die Zukunft schauen“, sagte er patzig und mit erzwungenem Lächeln. Später klang er trotziger. „Es sind noch sieben Monate zu spielen. (…) Wenn Liverpool den Titel gewinnt, dann werde ich ihnen als erster dazu gratulieren, wie gut sie sind.“

Tatsächlich sind erst 12 von 38 Spielen absolviert. Trotzdem scheint für einige britische Medien seit Sonntagabend festzustehen, wer am Ende den Titel gewinnt. „Liverpool hat mit dem amtierenden Meister den Boden gewischt“, schrieb die Boulevard-Zeitung „The Sun“. „Sicher werden die 30 Jahre der Schmerzen – drei Jahrzehnte seit ihrem letzten Liga-Titel – nun endlich ein Ende finden.“

Klopp warnte, dass noch nichts entschieden sei. „Neun Punkte! Dass sowas passiert, kann man sich nicht vorstellen“, sagte er ungläubig. „Aber das ist unwichtig, denn wer will schon im November Erster sein? Wir wollen nicht nur im November Erster sein, sondern auch im Mai.“

Auf jeden Fall war es ein wichtiger, am Ende womöglich entscheidender Schritt. Fabinho (6.), Mohamed Salah (13.) und Sadio Mane (51.) trafen in dem hochklassigen Spitzenspiel für die überragenden „Reds“. Die in der Verteidigung anfälligen Gäste machten viel Druck, nutzen aber ihre Chancen nicht. Bernardo Silvas (78.) Tor kam viel zu spät. Liverpool überstand auch die hektische Schlussphase, und die Fans stimmten schon Minuten vor dem Abpfiff lautstark die berühmte Hymne „You’ll Never Walk Alone!“ an.

Diskussionen gab es nach dem Spiel um einen möglichen Handelfmeter für City. Liverpools Trent Alexander-Arnold hatte den Ball in der Anfangsphase im Strafraum mit dem Arm touchiert. Unmittelbar vorher hatte allerdings auch Citys Bernardo Silva den Ball mit der Hand berührt. Der Schiedsrichter ließ weiterspielen, und im Gegenzug traf Fabinho mit einem herrlichen Fernschuss.

Am BBC-Mikrophon wollte Guardiola nicht darüber reden. „Fragen sie die Schiedsrichter“, sagte er. Zuvor hatte er den Offiziellen mit einem künstlichen Lächeln die Hände geschüttelt und sich übertrieben bedankt. Sarkasmus? „Nein. Ich habe ihnen gratuliert.“

Handelfmeter, oder nicht – „Liverpool hat dieses Spiel nicht wegen einzelner Schiedsrichter-Entscheidungen gewonnen“, stellte die Zeitung „Guardian“ am Montag fest. „Pep Guardiola wird das besser als jeder andere wissen.“

25 Punkte nach 12 Spielen – damit erlebt der frühere Barcelona- und Bayern-Coach seinen bisher schlechtesten Saisonstart als Trainer eines Erstligisten. Man City belegt nur noch Platz vier der Tabelle hinter dem überraschend starken Leicester City und Chelsea (beide 26 Punkte). „Da sind drei Teams vor uns, deren Chance Meister zu werden, besser ist“, sagte er. „Wir werden es weiter versuchen, und im Fußball kann man nicht immer gewinnen.“

(APA)

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