Vardy-Mania in Leicester

Leicester (APA/dpa) – Traumtore, Titelträume und Torschützenkönig – Englands Fußball-Nationalstürmer erlebt mit eine märchenhafte Saison. Mit einem Doppelpack erledigte der derzeit beste Torjäger der englischen Premier League am Dienstagabend Liverpool quasi im Alleingang und bescherte Leicester den Verbleib an der Tabellenspitze. Dabei sah es vor sechs Jahren noch ganz anders für ihn aus.

Weltklasse-Leistung gegen Liverpool

Vor den Augen von Englands Nationaltrainer Roy Hodgson zeigte Vardy eine Weltklasse-Leistung. Seine Chancen auf die EM-Teilnahme im Sommer dürften nach seinen Saisontreffern 17 und 18 nicht geringer geworden sein. In Kürze wird der Stürmer seinen Vertrag bis 2019 verlängern. „Ich möchte gerne für eine lange Zeit hierbleiben“, erklärte der 29-jährige Profi nach dem Match. Laut englischen Medien sollen seine Bezüge verdoppelt werden.

Sein Marktwert liegt mittlerweile jenseits der 20 Millionen Euro. Leicester lehnte in der Winterpause jegliche Abwerbeversuche für sein Sturm-Phänomen kategorisch ab. Dabei kam Vardy 2012 für knapp 1,3 Millionen Euro von Fleetwood Town zum damaligen Zweitligisten. Zuvor kickte er noch bis 2010 beim Achtligisten Stocksbridge.

Fußfesseln nach Pub-Schlägerei

In dieser Zeit musste der Spätstarter aufgrund einer Verurteilung nach einer Pub-Schlägerei ein halbes Jahr mit einer elektronischen Fußfessel spielen. Bis 18.00 Uhr stand Vardy in dieser Zeit zur Verfügung. Danach war Schluss, sonst hätte er gegen Bewährungsauflagen verstoßen. „Ich habe gehofft, dass wir gewinnen, und bin dann über den Zaun gesprungen. Dort haben mich meine Eltern abgeholt, damit ich wieder rechtzeitig zu Hause war“, berichtete Vardy.

Heute schießt Vardy in der Premier League Tore am Fließband. Er traf als erster Spieler in elf Ligaspielen nacheinander. Gegen Liverpool machte er sogar einen Treffer der besonderen Sorte: Einen langen Pass von Riyad Mahrez ließ er einmal auf dem Boden aufspringen und wuchtete den Ball über den chancenlosen Liverpool-Keeper Simon Mignolet aus 27 Metern ins Netz.

„Dieses Tor“, schrieb sein Teamkollege Christian Fuchs auf Twitter, dazu postete der ÖFB-Teamkapitän unter anderem ein Raketen-Emoticon. „Tor des Jahrzehnts“, schwärmte der frühere Nationalstürmer Gary Lineker bei Twitter, für Liverpool-Coach Jürgen Klopp war es noch das „Tor des Monats“. Auch sein Kollege Claudio Ranieri fand nur lobende Worte. „Er sah, wie der Keeper vor dem Tor stand und schoss. Es war erstaunlich, unglaublich, fantastisch“, stellte der Italiener beeindruckt fest.

Tabellenführer nach 24 Spielen

Leicester steht nach 24 Spieltagen mit 50 Punkten an der Tabellenspitze. Am Samstag müssen die Foxes zum Gipfel bei Manchester City (47) antreten. Danach folgt am 14. Februar das Spiel beim Vierten Arsenal (45). Bei den „Gunners“ liegen die Nerven nach dem erneuten Ausrutscher beim 0:0 gegen Southampton blank, Coach Arsene Wenger herrschte nach dem Abpfiff Schiedsrichter Lee Mason an. „Immer dasselbe mit Euch“, schimpfte der Franzose, der wie schon öfters in den vergangenen Wochen angebliche Fehlentscheidungen monierte.

Trainer-Kollege Ronald Koeman stellte sich aber umgehend auf die Seite der Referees. „Es ist immer das gleiche mit dir“, entgegnete der Niederländer noch im Tunnel. „Ihr hattet zehn große Torgelegenheiten und habt nicht eine davon genutzt. Warum gehst du jetzt auf die Schiedsrichter los?“

Ein Erfolgserlebnis gab es dafür für Manchester-United-Coach Louis van Gaal in Form des eindrucksvollen 3:0-Sieges gegen das seit nun drei Spielen sieglose Stoke City mit Marko Arnautovic. „Ja, ich bin ein glücklicher Trainer“, sagte der Niederländer, der zuletzt arg in der Kritik gestanden war. Van Gaal ließ seine Mannschaft diesmal weitaus offensiver spielen als zuvor, was sofort Früchte trug. „Wenn man sieht, wie wir unsere Tore mit tollen Kombinationen von hinten bis vorne aufgebaut haben, ist es das, was ich mag.“

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