Skifliegen: Kraft zur WM-Halbzeit auf Medaillenkurs

Bad Mitterndorf/Tauplitz (APA) – Stefan Kraft greift nach seiner zweiten Einzelmedaille bei einem Großereignis. Der Normalschanzen-Dritte der WM in Falun 2015 brachte sich am Freitag bei der Skiflug-WM auf dem Kulm bei Bad Mitterndorf/Tauplitz als Dritter in eine günstige Position. Kraft fehlten nur 3,8 Punkte auf den Norweger Kenneth Gangnes, der Topfavorit Peter Prevc in den ersten zwei von vier Flügen knapp ausstach.

Wenige Stunden zuvor war im LKH Graz die schockierende Diagnose des am Mittwoch schwer gestürzten Vorspringers Lukas Müller veröffentlicht worden. „Es macht mich traurig, ich weiß nicht, was ich sagen soll“, meinte Organisator Hubert Neuper zum Schicksal des von einer inkompletten Querschnittslähmung betroffenen Müller. „Eigentlich müsste man absagen …“

Doch die Show ging weiter, 11.500 Zuschauer erlebten grandiose Flüge und sogar neue Schanzenrekorde. Im ersten Durchgang überboten sich die Besten mit tollen Weiten. Weltrekordler Anders Forfang (NOR) kam der Bestmarke (237,5) mit 234 m nahe, ehe der unverwüstliche Noriaki Kasai seinen erst zweiten Flug – der 43-Jährige hatte am Donnerstag pausiert – bei 240,5 m landete. Peter Prevc steigerte die Bestmarke schließlich sogar auf 243 m und vermied mit Mühe einen Griff in den Schnee.

Trotz der Abzüge war Prevc damit Erster, nach 213,5 m im zweiten Versuch bei deutlich kürzerem Anlauf wurde der Tourneesieger aus Slowenien aber von Gangnes (216) um 1,3 Punkte übertroffen. Kraft (226,5/220) verbesserte sich mit Bestweite im zweiten Durchgang vom vierten Rang auf einen vorläufigen Podestplatz, der Norweger Johann Andre Forfang (230/216,5) lag aber nur 0,6 Punkte zurück. Damit waren die ersten vier nur durch 4,4 Punkte getrennt.

Der Salzburger Kraft, der im Vorjahr im steirischen Salzkammergut Weltcup-Zweiter war, war vor beiden Durchgängen ungewohnt nervös. „Das braucht es anscheinend, um solche Sprünge runterzubringen“, sagte der 22-Jährige zu seinen aggressiv angelegten Flügen. Mit dem Selbstvertrauen eines starken Fliegers landete Kraft auf dem Riesenbakken weit unten neben dem rot-weiß-roten Fahnenmeer. „Es hat sehr gut getragen und ich bin sehr stabil. Ich habe das Gefühl, dass das so weitergeht“, meinte der Pongauer voller Optimismus.

Prevc hält nun zwar den unüberbietbar scheinenden Rekord, musste aber für den wackeligen Aufsprung Abzüge hinnehmen. „Meine Leistung war wirklich gut, aber leider konnte ich den weiten Flug nicht mehr gut landen“, sagte der 23-Jährige. Das Gefühl sei jedenfalls einzigartig gewesen. „Ich kann es nicht beschreiben“, erklärte der Saisondominator (7 Siege). „Am Ende habe ich nur gehofft, dass ich den Sprung stehen kann.“

Gangnes war über die Führung vor dem zweiten Tag (14.00 Uhr/live ORF eins) selbst überrascht. „Es hat sehr gut funktioniert, ich hoffe, ich kann morgen da weitermachen“, sagte der 26-jährige Schützling des Tiroler Trainers Alexander Stöckl. „Es wird ein harter Kampf mit Peter.“

Die Norweger (1., 4., 6., 14.) waren am ersten Tag die stärkste Nation und untermauerten ihre Anwartschaft auf Team-Gold am Sonntag (14.15 Uhr). Doch im Sog von Prevc brachten sich auch die übrigen Slowenen auf den Plätzen acht bis zehn in Stellung, während die Deutschen etwas abfielen. Titelverteidiger Severin Freund (209,5/203) war hinter Kasai (240,5/215) und Fannemel ((234/214,5) Siebenter.

Die Österreicher müssen sich als Team steigern, um am Sonntag Edelmetall zu holen. Denn Krafts Kollegen blieben doch deutlich zurück. Der mit großen Hoffnungen angetretene Michael Hayböck (217,5/175) rangierte nur an der 16. Stelle.

„Im zweiten Durchgang war der Anlauf noch kürzer, da muss man alles richtig machen, um ins Fliegen zu kommen. Und ich bin nicht mehr richtig auf die Welle draufgekommen“, sagte der Tournee-Dritte und gab zu: „Es fehlt noch etwas, damit es richtig weit gehen kann.“ Manuel Poppinger (204/191) kam auf den 18. Platz, Manuel Fettner (194,5/156) musste sich mit dem 26. Rang begnügen.

(Schluss) ef/sg
Beitragsbild: GEPA