Straka bilanziert: „Die Welt hat auf Wien geschaut“

Es war für lange Zeit die letzte Veranstaltung nicht nur in der Wiener Stadthalle mit zugelassenen Zuschauern. Auch im Tennis wird es frühestens im Jänner in Australien wieder Fans vor Ort geben. Die Bilanz von Turnierboss Herwig Straka am Sonntag nach dem Erste Bank Open war jedenfalls eine zufriedene. Vor allem, weil man die besondere Herausforderung der strengen Sicherheits- und Hygienevorschriften in Zeiten der Coronakrise gut gemeistert hat.

„Normalerweise sitzt man hier und vermeldet Rekordzahlen und in diesem Jahr sitzen wir hier und sind froh und demütig und behandeln es mit Respekt, dass wird das Erste Bank Open durchführen konnten“, bilanzierte Straka vor dem Einzel-Finale sein ATP-500-Turnier. Man habe alle Herausforderungen perfekt gemeistert und mit allen Partnern eine tolle Veranstaltung hingestellt. „Das beste Spielerfeld aller Zeiten mit den wenigsten Zuschauern aller Zeiten mit dem überraschendsten Viertelfinaltag aller Zeiten. Es waren ein paar Superlative. Es war einfach ein anderes Turnier, außergewöhnlich in vielerlei Hinsicht“, erklärte Straka. Durch die fehlende Konkurrenz aus Basel, – das gleichwertige Turnier war schon länger wegen Corona abgesagt worden-, sei die volle Aufmerksamkeit der Tennisfans auf Wien gelegen. „Die Welt, und das ist in dem Fall wirklich richtig, hat auf Wien geschaut.“

Ob Straka das Turnier in Kenntnis aller Schwierigkeiten wieder veranstalten würde? „Ja. Ich würde es vor dem Turnier, wissend, was jetzt alles passiert ist, noch einmal machen“, sagte Straka klar, schränkte aber ein. „Wenn die gleiche Situation im nächsten Jahr dasteht, würden wir es aus finanziellen Gründen nicht nochmals machen können“, meinte der 54-jährige Steirer. Das positive Feedback von Sponsoren, Spielern, Fans und Medien habe ihn aber versichert, dass die Austragung die „absolut richtige Entscheidung“ war.

Genaue Zahlen, wie hoch der Verlust 2020 sein wird, konnte Straka vorerst nicht sagen. Die weitere Reduktion von 1.500 auf 1.000 Zuschauer bedeuteten ein weiteres Minus von 7.000 Fans auf die Woche gerechnet und damit „mehrere hunderttausend Euro“. Zudem ist Straka bei allen Förderungsmöglichkeiten abgeblitzt. „Der Schutzschirm kommt zu spät, der Fixkostenzuschuss greift nicht, jetzt gibt es im November eine Ausfallsregelung – da haben wir keinen Umsatz gehabt.“ Nachverhandlungen werde es nach Kenntnis der Zahlen vielleicht geben, aber eher in Richtung höher dotierte zukünftige Verträge, so der Turnierboss. Der Vertrag des Hauptsponsors Erste Bank wurde bis inklusive 2021 verlängert. „Es heißt nicht, dass es dann zu Ende ist“, versicherte Thomas Schaufler von der Erste Bank.

Ziel für 2021 heißt Nadal: „Einziger, der wirklich Großen, der noch nie in Wien war“

Aus sportlicher Sicht will Straka nach den „entbehrlichen“ Aussagen samt lustloser Viertelfinal-Performance von Novak Djokovic „nicht nachtragend sein“. „Er ist die Nummer 1 der Welt, er wird es aller Voraussicht nach auch nächstes Jahr sein. Die Art und Weise, wie er gespielt hat, und vor allem die Pressekonferenz war einer Nummer 1 nicht würdig, aber das war seine Entscheidung an dem Tag.“

Das größte Ziel für Straka bleibt es aber, 2021 endlich auch Rafael Nadal nach Wien zu lotsen. Schon dieses Jahr sei es sehr knapp nichts geworden. „Es bleibt mein Ziel, weil er der einzige dieser wirklich großen Spieler ist, der noch nie in Wien war.“

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Medial gesehen habe man zwar 8.000 Zuseher pro Tag weniger in der Halle gehabt, dafür aber um Hunderttausende mehr vor den TV-Geräten. Und dabei kennt man die internationalen TV-Zahlen noch gar nicht.

Durchaus möglich, dass die Stadthalle im 15. Wiener Gemeindebezirk wegen der Coronakrise nun länger Heimat des ATP-500-Turniers bleibt. Die geplante neue Halle in Erdberg wird sich möglicherweise verzögern. „Mein Informationsstand ist, dass es natürlich weitergehen soll, aber in welchen Dimensionen oder in welchem Zeitraum ist ein bisserl offen“, sagte Straka dazu.

Für den ATP-Kalender 2021 scheinen aktuell nur die Australian Open fix zu sein. Für den ATP Cup als Saisonbeginn sieht Straka eine 50:50-Chance. „Australien ist kompliziert mit den extrem strengen Einreisebedingungen. Zur Zeit sieht es so aus, dass alles in Melbourne stattfinden soll.“ Ob dieser normal an mehreren australischen Orten absolvierte Ländervergleich stattfindet oder nicht, das entscheidet auch, wann Dominic Thiem seine Saisonvorbereitung, die in Australien sein wird, aufnehmen wird. „Wenn der ATP Cup gespielt wird, geht es spätestens am 14. Dezember nach Australien.“ Ein eventueller Kapitän für Österreich steht schon fest, wird aber noch nicht offiziell gemacht, verriet Straka.

Für die weitere Zukunft sieht Straka gerade für den Februar schwarz, schließlich sei jetzt u.a. auch der Karneval in Rio abgesagt worden. Für die Südamerika-Turniere werde bereits an Ersatz-Szenarien gebastelt. „Die große Frage ist Indian Wells und Miami: Wir hoffen, dass wir ‚worst case“ ohne Zuschauer stattfinden können.“

(APA)

Bild: GEPA