Pacult: „Entrup hat bei einer gewissen Fanszene keine Chance!“

  • Mike Büskens: „Ich habe es nicht bereut zu Rapid zu kommen“
  • Der Coach über die Kritik der Fans: „Es berührt einen, wenn man eine Seele hat“
  • Heribert Weber: „Lange ist es mir so vorgekommen, dass niemand zu Sonnleitner steht“

Wien, 30. Oktober 2016 – Bei Talk und Tore diskutierten die Gäste Mike Büskens, Peter Pacult und Heribert Weber über die aktuelle Situation des SK Rapid Wien. Alle Stimmen der Runde bei Sky Sport Austria.

Die ganze Sendung zum Nachsehen

Mike Büskens (Trainer Rapid Wien):

…über seine bisherige Zeit bei Rapid:

„Ich habe die Emotionalität des Vereins schon zu spüren bekommen. Es ist ein überragender Klub mit wahnsinnig viel Energie und wir haben als Mannschaft schon das ganze Spektrum abgeliefert in diesen fünf Monaten. Es ist ein geiler Verein mit einer wahnsinnigen Energie, wir haben ein überragendes Stadion, der Support ist überragend. Von daher habe ich es natürlich nicht bereut zu Rapid zu kommen.“

…über den gestrigen Sieg bei der Admira: „Das war ein schmutziger Arbeitssieg, wir haben in den letzten Wochen viel besser gespielt, aber wir es alle schon erlebt, dass man dieses Momentum dann auch braucht, das wir gestern hatten und wir nehmen es dankend an. Nach dem 2:0 hatten wir noch zwei Möglichkeiten auf das 3:0, aber durch den frühen Anschlusstreffer haben wir die Ordnung verloren. Es ist uns nicht gelungen für Entlastung zu sorgen und dann gerätst du immer mehr unter Druck und durch den Ausschluss war es klar, dass die Admira noch mehr Übergewicht bekommt und dann ist es normal, dass der Gegner zu Chancen kommt.“

…über Ivan Mocinic: “Wenige Einsätze hat er nicht, es ist eher das Problem, dass er Dinge, die ihm nicht gelingen, sofort regulieren will. Gestern bei der zweiten gelben Karte hatte er einen schlechten ersten Kontakt, dadurch springt ihm der Ball weit weg und dann kriegt er in dieser Aktion die zweite gelbe Karte. Das sind Dinge, die er noch lernen muss. Er ist jung, er hat wirklich einen guten Charakter, er will die Dinge sofort wieder für sich regulieren und da hat er die falsche Entscheidung getroffen. Er macht sich sehr viel Druck, er hat eine ganz hohe Erwartungshaltung. Wenn man gesehen hat, wie er in den ersten Spielen das Mittelfeld dominiert hat, dann war das schon ein Wahnsinn für einen jungen Spieler. Dann ist er in ein Loch gefallen, weil er auch erst im Laufe der Saison zu uns gestoßen ist und keine Vorbereitung hatte. Er ist ein Spieler mit wahnsinnig hohem Potenzial, er hat bei seinen letzten Einsätzen auch immer wieder angedeutet, zu welchen Leistungen er fähig ist. Wir werden noch viel Spaß an ihm haben, aber er ist noch in einem Alter, in dem er lernen muss. Von seinem Potenzial bringt er wahnsinnig viel mit.“

…über die Erwartungen an die Mannschaft: „Bei einem Verein wie Rapid hat man immer hohe Erwartungen und gerade, wenn man den letzten Meistertitel 2008 geholt hat und den letzten Pokalsieg vor über 20 Jahren. Wir haben es nach den ersten Spielen nicht geschafft auf der Welle zu reiten, als wir sehr gut gespielt haben und haben es für uns nicht hinbekommen haben diese Euphorie zu nutzen. Es war schon immer so, dass wir Themen hatten, die überlagert haben und im Vordergrund standen, wir haben uns in dieser Phase nicht so auf den Erfolg fokussieren können und daraus Energie ziehen können, dass wir uns davon treiben lassen können und dann haben wir auswärts auch zu viel liegen lassen. Da waren wir nicht konsequent und gierig genug, deswegen kann man uns dafür auch vollkommen zurecht kritisieren.“

…über die Causa Entrup: „Das ist ein Thema, über das schon so viel geredet wurde. Es hat definitiv bewegt, es geht nicht darum welche Seite recht hat, aber es hat definitiv bewegt.“

…über die Qualität der Legionäre:

„Es war ja auch so, dass teilweise auch Entscheidungen vor meiner Zeit getroffen wurden, weil ich erst zwei Tage vor Trainingsbeginn dazu kam. Wir haben für den einen oder anderen Spieler viel Geld gezahlt, wir haben für Kainz aber auch viel bekommen. Wir wussten, dass es nicht ganz so einfach wird mit der Integration für die Jungs, die der Sprache noch nicht mächtig sind, auch wenn sie fleißig Deutsch büffeln. Aber dann kann es mit dem Verständnis auf dem Platz nicht so flutschen, das war uns auch klar. Man hat bei Kvilitaia in seinen Einsätzen von Beginn an seine Qualität gesehen, Joelinton hat bisher auf einem ganz hohen Level gespielt, ihm fehlt manchmal noch die Ruhe vor dem Tor, vielleicht auch weil er viel für das Team arbeitet und er ist auch erst 20 Jahre und hat letztes Jahr nur ein paar Minuten gespielt. Das ist auch eine Sache, wo wir für den einen oder anderen etwas mehr Zeit brauchen.“

…über Traustason: „Es wäre zu einfach zu sagen, dass es so ist, wie es ist, nur weil er die Sprache nicht spricht, aber das sind alles Mosaiksteine. Er war bis zum ersten Derby auf einem guten Weg, dann kam die Verletzung und er wurde wieder aus seinem Rhythmus herausgerissen. Wir müssen schon mehr von ihm verlangen, er muss auch gestern ein Spieler sein, der uns Entlastung gibt. Nicht nur er alleine, aber da hat er mit Sicherheit noch Luft.“

…über die wiederholte scharfe Kritik von Sportdirektor Müller:

„Ich habe, gerade nach dem Spiel gegen Ried, Dinge intern sehr deutlich angesprochen habe, was die Art und Weise betrifft, wie man als Mannschaft auch zusammenwächst. Er hat das öffentlich gemacht, intern spricht er auch mit den Spielern. Er hat diesen öffentlichen Weg gewählt, ich habe die Dinge intern angesprochen. Dann geht es darum, wie man als Mannschaft darauf reagiert und nach der Länderspielpause haben wir einen Schritt nach vorne gemacht in der Geschlossenheit. Wir sind auch in den Spielen danach als Team gewachsen und geschlossener aufgetreten, das nehmen wir aus dieser Kritik auch mit.“

…über die Rolle von Sonnleitner: „Die sportliche Führung hat letztes Jahr eine Entscheidung getroffen für die Innenverteidigung, man hat ein internes Ranking eingeführt und ich konnte mich darin wiederfinden. Mit Schösswendter und Dibon hat man zwei erfahrene Innenverteidiger, mit Hofmann einen, der im letzten Jahr schon oft seinen Mann gestanden hat und mit Wöber ein sehr vielversprechendes Talent. Das Ranking war nicht nur der Manager, das waren mehrere Leute, die das beschlossen haben, wie die Mannschaft aufgestellt werden soll. Ich bin von Anfang an ehrlich mit ihm umgegangen, ich habe ihm gesagt, wie die Situation ist, er hat sich absolut professionell verhalten. Definitiv sind wir froh, dass wir ihn haben, er hat jetzt ja auch in den Partien seinen Mann gestanden. Er macht einen guten Job, Maximilian Hofmann auch und mit Dibon haben wir jemanden, der sein Leben für den Verein gibt, Schösswendter ist wahnsinnig effektiv in beiden Boxen. Wir haben fünf gute Innenverteidiger.“

…über seinen Führungsstil:

„Man tauscht sich mit seinen Assistenten aus, sie übernehmen auch Aufgabenbereiche, aber letztendlich muss man die Entscheidung treffen, weil man auch die Verantwortung übernehmen muss. Carsten Jancker arbeitet viel mit den Stürmern, das ist auch das Metier, in dem er sich bewegt hat und dann ist es normal, dass er seine Erfahrung weitergibt und viel mit den Jungs individuell arbeitet. Als ich angekommen bin, habe ich beschlossen mir erstmal einen Eindruck von den Assistenztrainern zu machen, die bereits hier sind. Sie stellen sich alle hundertprozentig in den Dienst der Sache, leben Rapid und von dem her belassen wir es dabei. Wir sind zufrieden mit der Zusammenarbeit.“

…über die Kritik der Fans: „Wenn man eine Seele hat, dann berührt es einen, wenn die Fans sagen, dass wir Rapid nicht würdig sind. Wir arbeiten mit 100% Identifikation und Leidenschaft für den Verein, wir wollen den Verein in die richtige Richtung entwickeln und dafür alles tun. Man muss immer mit Kritik leben können in diesem Geschäft, aber es ist nicht so, dass wir das nicht wahrgenommen haben.“

Peter Pacult (Ex-Spieler & Trainer Rapid Wien):

…über die Situation von Rapid:

„Ich hätte mir gewünscht, dass die Euphorie zum Anfang der Saison, auch mit dem neuen Stadion, ein bisschen länger anhält, aber das ist aufgrund der schwankenden Leistung überhaupt nicht möglich. Man merkt im ganzen Umfeld, dass sehr viel Unruhe da ist. Die Fans sind unzufrieden, rundherum ist eine große Unzufriedenheit und das ist schade, weil ich mir doch allein durch das neue Stadion viel mehr erwartet hatte, auch von den Spielern, dass sie mit dem Stadion mitleben, mit diesen Fans und mit dem Ganzen besser umgehen. Natürlich kommt auch die eklatante Auswärtsschwäche dazu, man macht auswärts nicht die Punkte, die man braucht um ganz oben mit dabei zu sein.“

…über die Erwartungen an die Mannschaft: „Man hat im Moment natürlich große Probleme. Es fehlen natürlich wichtige Spieler, aber mir fehlt jemand, der das Spiel beruhigt und das Heft in die Hand nimmt.  Sie haben mit einem Spiel beide Innenverteidiger verloren, dann muss der Trainer mit Sonnleitner wieder einen Spieler reaktivieren, man kann sich natürlich auch vorstellen, was in dem Spieler vorgeht. So kommt momentan das eine zum andere, das ist momentan die große Unruhe in der Mannschaft. Natürlich erwarten sich die Fans immer Topleistungen, aber momentan fehlt auch die Sicherheit in der Mannschaft.“

…über die Causa Entrup: „Ich kenne beide Seiten, das einzige Entschuldigende ist, dass er damals, glaube ich, 17 war. Die Gegenseite sagt, dass er nichts bei uns verloren hat, wenn er Rapid beleidigt, auch wenn er 17 war. Wie der Verein aus der Situation wieder rauskommt ist mir ein großes Rätsel, ich glaube schon, dass das in der Mannschaft und im Verein ein großes Thema ist. Ich glaube, dass das momentan auch ein Problem ist, was man mit ihm macht. Er hat bei einer gewissen Fanszene keine Chance und die werden weiterhin gegen ihn sein. Genau in der Phase, als es gut gelaufen ist, kam dieses Thema auf. Der Bursche hat keine Chance, so leid es mir tut für ihn, dass er da irgendwie integriert wird, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es zu einem Gespräch kommt. Er hat halt damals mitgesungen und das werden sie nie vergessen. Das war vielleicht auch genau zu diesem Zeitpunkt der falsche Griff, dann kommt das Thema auf und hat jeden Tag die Presse beschäftigt. Es wäre trotzdem schön, wenn es zu einem Gespräch kommt, die Fans müssen ihn ja nicht feiern, aber man soll ihn nicht ganz runtermachen. Es wäre schade um den guten Spieler.“

…über die Neuzugänge:

„Jetzt hat man neun Legionäre, es gab Zeiten, da hat man das auf sechs beschränkt, dann hat der Trainer schon mal kein Problem einen Legionär auf die Tribüne zu setzen. Scheinbar hat sich das jetzt gewandelt, jetzt hat man neun Legionäre und muss drei auf die Tribüne setzen, wenn man im Österreichertopf bleiben will. Wenn drei auf der Tribüne sitzen, dann kostet das viel Geld, weil er nichts tut und trotzdem sein Geld kriegt. Da weiß ich nicht, wie die Philosophie war. Zweitens muss man diesen neuen Spielern enorm viel Zeit geben, das sind ja auch alles relativ junge Spieler. Drittens ist die Frage, inwieweit die neuen Spieler, auch durch die Sprache, in die Mannschaft integriert sind, dieses richtige glücklich sein dauert seine Zeit. Das gehört alles dazu und das geht nicht von heute auf morgen, dieser Prozess ist nicht so einfach. Sie haben gut begonnen, dann kommt Unruhe rein und da kannst du als Trainer machen, was du willst.“

…über seine Zukunft: „Ich war immer ein Mensch, der nicht unbedingt Pläne aufgestellt hat. Aber natürlich möchte ich wieder zurückkehren auf die Trainerbank und das werde ich auch, wo das sein wird, das wird man in der Zukunft sehen.“

Heribert Weber (Sky Experte):

…über den gestrigen Sieg bei der Admira: „Das wird kurzzeitig Ruhe bringen, aber ich bin nicht ganz der Meinung, dass es ein Beginn war. Das war eine unglaublich schlechte Leistung, vor allem in der zweiten Hälfte. Die zweite Hälfte waren „die Leiden des Mike Büskens“, das war unglaublich, was er da mitmachen musste. Wenn jeder zweite Pass ein Fehlpass ist, die Mannschaft aus der eigenen Hälfte nicht mehr rauskommt und die Offensive den Namen eigentlich nicht verdient, weil sie nicht mehr vorhanden ist, dann leidet der Trainer draußen enorm.“

…über die bisherige Saison von Rapid:

„Die Erwartungshaltung war natürlich enorm hoch. Neues Stadion, neuer Trainer, Aufbruchsstimmung bei allen Fans, neue Spieler, von denen man geglaubt hat, dass sie ganz genau und optimal in die Mannschaft passen, um so viel Geld wie bisher noch nie bei Rapid. Aber die Mannschaft ist vor allem auswärts noch nicht so weit, wenn man die Auftritte von Rapid im eigenen Stadion sieht und auswärts, dann ist das eine ganz andere Mannschaft. Das ist nichts Neues, aber ich dachte, dass man in der Lage ist etwas zu verändern. Was sich auch nicht geändert hat, ist, dass der Sportdirektor jedes Mal bei Auswärtsspielen dann ganz hart kritisiert, auch teilweise zurecht, aber oft härter als ich das tue. Das ist ein bisschen übertrieben von seiner Seite aus.“

…über die Causa Entrup: „Man muss sich auch mit den Fans zusammensetzen und er auch mal mit den Fans reden, damit man die Möglichkeit schafft, dass er sich bei Rapid integriert. Er wird auch wissen, dass er große Probleme hat mit einigen Gruppen dieser Fans und dann ist das natürlich eine ganz schwierige Situation für ihn. Für mich ist es sehr schade, wenn der Hass einzelner Fangruppen so groß ist, dass man keine Gesprächsbasis findet.“

…über die Neuverpflichtungen von Rapid: „Bei Mocinic sieht man, dass er Potenzial hat, aber momentan setzt er sich viel zu sehr unter Druck. Er will unbedingt alles zerreißen, das gelingt ihm nicht und dann kommen solche Fouls wie gestern heraus. Traustason hat zwar ein schönes Tor geschossen im ersten Derby gegen die Austria, aber er hat noch nicht in die Mannschaft gefunden.“

…über die Situation von Sonnleitner: „Lange ist es mir so vorgekommen, als würde niemand zu ihm stehen. Er war voriges Jahr auch Kapitän dieser Mannschaft, wenn Steffen Hofmann nicht gespielt hat, und das muss natürlich eine unglaubliche Geschichte sein für ihn persönlich, wenn er als Kapitän dieser Mannschaft keine Chance mehr hat. Für mich ist es unglaublich, wie er sich verhalten hat und wie er sich fitgehalten hat für diesen Augenblick, der jetzt gekommen ist, in dem er seine Chance bekommt. Ich hoffe für ihn, dass er sie jetzt nützt und wieder die Qualität zeigt, die er in den letzten Jahren gezeigt hat. Natürlich macht er hin und wieder Fehler, aber er ist hundertprozentiger Profi und das hat er jetzt auch gezeigt.“

…über die Kritik der Fans an Büskens: „Er ist nicht der erste Trainer, der das erlebt und das sind Situationen, die man auch überwinden kann, die einen härter machen und man kann mit den Fans auch enger zusammenwachsen. Es wird immer wieder Probleme geben bei so einem großen Klub, wenn nicht das geleistet wird, was die Fans sich vorstellen. Aber die können auch wieder gelöst werden, wenn man jetzt alle Spiele gewinnt bis zum Winter.“