Schett über Thiem: „Er kann es wirklich zur Nummer 1 schaffen“

Paris (APA) – Sie war Nummer 7 der Tennis-Welt und damit beste Österreicherin im Ranking. Barbara Schett-Eagle, wie sie eigentlich korrekt heißt, hat 2005 eine erfolgreiche Karriere auf der WTA-Tour mit drei Titeln und drei Finali beendet. Die seit 10. März 40-jährige Tirolerin ist seit 2005 erfolgreich bei Eurosport tätig und verfolgt die Tennis-Szene nun von der anderen Seite.

Im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur reflektiert die Innsbruckerin, die mit dem australischen Ex-Spieler Joshua Eagle verheiratet ist und einen Sohn namens Noah hat, über den aktuellen Erfolgslauf von Dominic Thiem. Sie traut dem 22-Jährigen eine ganz große Karriere zu.

 

Dominc Thiem spielt am Donnerstag ab 13 Uhr das Viertelfinale der French Open gegen David Goffin. Die Kollegen von Eurosport übertragen ab 13 Uhr live!

 

APA: Erinnerungen an Thomas Muster und Jürgen Melzer werden wahr. Was sagen Sie zum aktuellen Erfolgslauf von Dominic Thiem?

Barbara Schett-Eagle: „Ja, es ist unfassbar. Ich bin stolz auf Dominic Thiem, dass er das erreicht hat. Vor dem Turnier habe ich schon gewusst, er hat das Tennis, um vielleicht ins Viertelfinale zu kommen. Nachdem natürlich Rafael Nadal rausgezogen hat, hat sich alles noch mehr geöffnet, aber man muss die Matches erst gewinnen. Er zeigt sich am Platz so souverän, man hat das Gefühl, er ist irgendwie schon lange Zeit vorne dabei. Er fühlt sich wohl in der Situation. Nicht nur ich, auch international sind viele Leute aufmerksamer geworden. Ich werde dauernd angesprochen, wie gut er spielt und wie er sich präsentiert. Vom Tennis her hat er ja die Schläge und das große Ziel war, endlich bei den Grand Slams zuzuschlagen. Es ist toll, wieder jemanden an der Spitze zu haben, der aus Österreich kommt. Egal, ob das Damen oder Herren sind, aber Österreich braucht so jemanden.“

 

APA: Thiem hat schon 40 Siege in dieser Saison allein, er wird auch schon als „Sandprinz“ bezeichnet. Was trauen Sie ihm noch zu hier?

Schett-Eagle: „Physisch ist er irrsinnig gut beieinander. Im Vergleich zum letzten Jahr ist da sehr viel weiter gegangen. Er spielt jetzt gegen Goffin, das ist schon eine Nuss, die man knacken muss, der hat sich super ins Viertelfinale gespielt. Da wird sich zeigen, wie tough er im Kopf ist. Aber die Sache ist machbar und gegen Novak Djokovic (möglicher Halbfinal-Gegner, Anm.) hätte er nichts zu verlieren. Novak hat viel Druck, der will unbedingt einmal die French Open gewinnen. Es ist einfach schön zu sehen, dass es ihm so viel Spaß macht, auch in der Situation zu stecken. Er wirkt wahnsinnig reif und erwachsen.“

 

APA: Wie wichtig ist Thiems neuer Physiotherapeut Alex Stober?

Schett-Eagle: „Den kenne ich schon seit 25 Jahren. Er hat viel beigetragen. Es geht ja nicht nur um das Tennis auf dem Platz, sondern um die Fitness, um die Erholung zwischen den Matches und die Ernährung. Dominic vertraut ihm auch sehr. Es gibt fast keinen renommierteren Physiotherapeuten auf der Tour mit so viel Erfahrung. Er ist auch ein netter Mensch und passt gut ins Team rein – so wie Dominic ist, der hat keine Star-Allüren, sondern ist sehr am Boden geblieben. Er kann es sich jetzt leisten, den Alex immer dabei zu haben. Ich glaube, dass das eine Super-Kombination ist.“

 

APA: Wie schwierig ist es für Sie selbst, als ehemalige Nummer 7 der Welt und ehemalige Grand-Slam-Viertelfinalistin, sich bei Eurosport auf das internationale Tennis zu konzentrieren, denn Sie verfolgen ja gerne auch die Thiem-Matches?

Schett-Eagle: „Ja, leider. Ich bin mit Herz und Seele immer dabei. Wenn ich im Büro sitze und mich vorbereite auf andere Sachen – ein Auge ist immer daran, dem Dominic zuzuschauen. Natürlich würde ich mich gern hinsetzen, aber ich muss wissen, was los ist. In Gedanken bin ich immer dabei und es macht mich selbst wahnsinnig stolz. Wenn er gewinnt, dann schreie ich in der Gegend herum und alle fragen mich: ‚hat er schon wieder gewonnen?‘. Es ist so wichtig für das österreichische Tennis und auch für die, die nachkommen, dass es jemanden wie Dominic gibt. Er zeigt, dass es ein Österreicher immer noch schaffen kann.“

 

APA: Was trauen Sie Thiem in seiner Karriere noch zu?

Schett-Eagle: „Er ist einfach ein Typ, der konstant sein Spiel spielen kann. Das ist nicht so ein Auf und Ab, sondern ich glaube wirklich, je älter er wird, desto konstanter wird er. Dann ist alles möglich bei ihm. Der kann es wirklich zur Nummer eins schaffen, wenn alles passt. Der hat die Schläge, er hat den Kopf.“

 

APA: Abseits von Thiem: Wenn man auf die andere Seite wechselt und dann mit absoluten Legenden wie John McEnroe oder Chris Evert arbeitet, ist das für Sie noch etwas Besonderes?

Schett-Eagle: „Für mich ist es immer etwas Besonderes. Wenn man sich viel sieht, ist es wie eine Freundschaft. Ich behandle den Mats (Wilander) nicht anders, nur weil er viele Grand-Slam-Turniere gewonnen hat. Als Chris Evert letztes Jahr das erste Mal reingekommen ist, habe ich gedacht: Wuh, jetzt steht sie da vor mir. Letztendlich sind sie auch nur Menschen, aber es ist super, dass bei Eurosport so viele ehemalige Spieler involviert sind. Alle teilen die gleiche Leidenschaft zu dem Sport, man spricht über vergangene Sachen. Es ist witzig. Auch wenn wir vom Alter her verschieden sind, es verbindet uns das Eine und das macht total viel Spaß.“

 

(Das Gespräch führte Gerald Widhalm/APA in Paris)