UEFA tagt in Ungarn – wieder ohne den gefallenen Chef

Die Zeit ist der größte Gegner von Michel Platini. Der Franzose will unbedingt vor dem UEFA-Kongress am Dienstag sein endgültiges CAS-Urteil – aber die Mühlen der Justiz mahlen langsam.

Budapest (SID) Als sich der tief gefallene UEFA-Präsident nach seinem vorerst letzten öffentlichen Auftritt in „die Ferien“ verabschiedete, dürfte der 60-Jährige insgeheim auf eine Reise an die Donau gehofft haben. In Budapest findet am Dienstag (ab 9.30 Uhr) der Kongress der Europäischen Fußball-Union (UEFA) statt, am Montag tagt das UEFA-Exekutivkomitee – alles Stand jetzt ohne den für sechs Jahre gesperrten Platini, für den die Mühlen der Justiz zu langsam mahlen.

Der Internationale Sportgerichtshof CAS, vor dem Platini am vergangenen Freitag ein letzte Mal gegen seine Suspendierung vorgegangen war, wird erst „bis zum 9. Mai“ das endgültige Urteil fällen. Die Hoffnung Platinis, in Ungarn als Sieger auf der großen Kongress-Bühne sein Comeback feiern zu können, scheinen deshalb auf Sand gebaut. Wenn der CAS nicht doch noch mit einer Überraschung um die Ecke kommt.

„Ich bin noch optimistischer als zuvor. Ich habe keinen Zweifel, dass ich im Juni noch der UEFA-Präsident bin“, hatte Platini am Freitag gesagt, sich ins Taxi gesetzt und vorerst in den Urlaub verabschiedet. Wenn es mit dem Kongress – danach sieht es aus – nicht klappen sollte, würde Platini einen Freispruch eben während der Europameisterschaft in seinem Heimatland (10. Juni bis 10. Juli) feiern, wo er selbstverständlich „jedes Spiel“ im Stadion verfolgen würde.

Auf die Rückkehr ihres Präsidenten hofft auch die Führungsebene der UEFA inständig – allein, weil alles andere eine bürokratische Katastrophe wäre. Bestätigt der CAS die sechsjährige Sperre, die gegen Platini und den Ex-FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter (80) wegen einer 1,8-Millionen-Euro-Zahlung ausgesprochen worden war, stehen die Europäer ohne Chef das. Und das gut einen Monat vor dem wichtigsten Turnier des Verbandes überhaupt.

Die FIFA im Übrigen wird (insgeheim) auf die Bestätigung des Urteils der eigenen Ethikkommission hoffen – die Außerkraftsetzung durch die höhere Instanz CAS könnte der Weltverband gerade kaum gebrauchen. Zumal die Ethiker derzeit auch gegen den früheren DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach (65) ermittelt, der am Montag und Dienstag trotzdem in den höchsten UEFA-Kreises mit die Strippen zieht.

Das muss zudem nicht immer bei den offiziellen Terminen geschehen. Der unterlegene FIFA-Präsidentschaftskandidat Scheich Salman bin Ibrahim Al Khalifa (50) aus Bahrain paffte schon am Freitag im edlen Four Seasons Hotel direkt an der Donau Zigarre. Wenn sich jemand, beispielsweise Platini, neben ihn setzen würde, könnten das weder Ethikkommission noch CAS verhindern.

Beim Kongress, wenn die Welt zuschaut, steht dann die „Änderungen an den UEFA-Statuten“ vorsichtshalber auf der Tagesordnung. Wohl vor allem, weil der Platini-Nachfolger dann im Eilverfahren noch vor der EURO gewählt werden müsste. Schon am Dienstag gewählt wird das weibliche Mitglied des Exekutivkomitees. Die starke Frau der UEFA wird dann auch in das neue Council des Weltverbandes rücken.

Zur Wahl stehen Karen Espelund aus Norwegen, die seit 2012 im Exko sitzt, und Florence Hardouin, derzeit Generalsekretärin des französischen Verbandes FFF. Entschieden wird auch über den Aufnahmeantrag des kosovarischen Verbandes.

SID mj rd