Messi-Erbe läuft Messi-Erbe den Rang ab

Ansu Fati galt lange als designierter Nachfolger von Lionel Messi beim FC Barcelona. Doch mittlerweile hat ihn das nächste Wunderkind in der Hierarchie überholt und gefährdet seine Zukunft bei den Katalanen.

Mit gerade einmal 16 Jahren schon ein wichtiger Bestandteil einer mit Stars gespickten Mannschaft wie der des FC Barcelona zu sein, ist außergewöhnlich. Einem, dem das gelang war Ansu Fati. Das Megatalent war im August 2019 gerade einmal 16 Jahre und 304 Tage alt, als er erstmals für die Blaugrana traf. Gegen CA Osasuna wurde er zur Pause eingewechselt und traf bereits sechs Minuten später zum zwischenzeitlichen 1:1. Fati hatte erst sechs Tage zuvor sein Debüt bei den Profis gefeiert.

Fati stellt Rekorde auf

Kein Spieler in der Geschichte der stolzen Katalanen war bei seinem ersten Torjubel jünger – nicht einmal Barcas Lichtgestalt Messi. Es ist nicht der einzige Rekord des mittlerweile 20-Jährigen im Dress des spanischen Meisters. Er ist auch der jüngste Torschütze der Champions-League-Geschichte, als er mit 17 Jahren und 40 Tagen Barca zum 2:1-Sieg bei Inter schoss. Das Wunderkind ist mit 17 Jahren und 359 Tagen zudem der jüngste Torschütze in einem Clasico und löste dabei keinen geringeren als Real-Legende Raul Gonzalez ab.

Außerdem ist der in Guinea-Bissau geborene Offensiv-Allrounder der jüngste Torschütze für die spanische Nationalmannschaft, der jüngste Akteur mit einem Tor und einer Vorlage in La Liga und auch der jüngste Doppelpacker in Spaniens höchster Liga, als er Barca mit nur 17 Jahren und 94 Tagen im Alleingang zum 2:1-Sieg gegen UD Levante hievte. „Wie eine Rakete brach er ins Barca-Universum ein. Als es so schien, als würde er erlöschen, strahlte sein Stern heller als je zuvor“, schwärmte die spanische Sport damals über den Barca-Youngster.

Verletzungen bremsen Entwicklung

Messi bereitete seinerzeit beide Treffer seines designierten Nachfolgers vor. Mittlerweile hat Fati auch die legendäre Nummer 10 des Argentiniers übernommen. Aber obwohl die ganzen Lobeshymnen gerade einmal dreieinhalb Jahre her sind, bezeichnet ihn in Barcelona kaum noch jemand als Messi-Erben. Zwar erzielte er in seiner Debütsaison in 24 Spielen beachtliche sieben Tore, doch Verletzungen sorgten dafür, dass er in den beiden folgenden Spielzeiten kaum weitere Glanzpunkte setzen konnte.

Nach vier Treffern und einer Vorlage in nur sieben Spielen sorgte ein Meniskusriss für ein vorzeitiges Saisonende 2020/21. Im folgenden Jahr kamen nur zehn Spiele (abermals vier Treffer und ein Assist) hinzu, weil eine Oberschenkelverletzung ihn zu einer langen Pause zwang. Erst in der abgelaufenen Spielzeit blieb er von Verletzungen verschont und wurde von Trainer Xavi in immerhin 36 von 38 Partien in La Liga eingesetzt. Doch die Konkurrenz war mit Ousmane Dembele, Raphinha, Ferran Torres oder auch Gavi groß, so dass er nur elf Mal in der Startelf stand und sogar nur ein einziges Mal über die kompletten 90 Minuten auf dem Platz stand.

Yamal sorgt für Furore

Mit sieben Treffern und vier Vorlagen deutete er sein Potenzial phasenweise an, konnte aber nicht immer überzeugen. Kurzum: Die steile Karriere Fatis stagniert derzeit. Die Leistungen sind aber nicht der Hauptgrund, warum die Messi-Vergleiche deutlich weniger wurden. Vielmehr ist derzeit das nächste Wunderkind drauf und dran, Fati den Rang abzulaufen.

Lamine Yamal, wie Messi und Fati aus Barcas Talentschmiede La Masia entsprungen, ist in der Gunst Xavis derzeit etwas weiter oben. In der vergangenen Saison debütierte Yamal als jüngster Barca-Akteur überhaupt im Alter von nur 15 Jahren und 290 Tagen und wurde bereits damals vom Coach mit Lob überschüttet:

„Ich habe ihm gesagt, er soll etwas probieren. Und Junge, das hat er getan, mit 15 Jahren, stellt euch das mal vor. Er hat fast noch ein Tor geschossen und fast eins vorgelegt“, schwärmte Xavi im Mai diesen Jahres nach dem ersten Einsatz Yamals gegen Real Betis. Die Sommervorbereitung durfte der Teenager dann komplett bei Lewandowski & Co. verbringen und betrieb im letzten Testspiel richtig Eigenwerbung.

Jüngster Startelfdebütant der Barca-Geschichte

Bei der Joan Gamper Trophy kam er zehn Minuten vor Schluss in die Partie, bereitete das 2:2 durch Torres vor, leitete die weiteren Treffer durch Fati und Abde mustergültig ein und war der Hauptgrund, warum Barca das Duell gegen Tottenham noch mit 4:2 gewinnen konnte.

Als Belohnung wurde Yamal beim Saisonauftakt in Getafe noch vor Gavi und Fati eingewechselt und schrieb dann am vergangenen Wochenende Geschichte. Da Barca Dembele mittlerweile nach Paris verkauft hatte und Raphinha nach seiner Tätlichkeit am ersten Spieltag gesperrt fehlte, beförderte Xavi den Sohn eines marokkanischen Vaters und einer äquatorialguineischen Mutter mit nur 16 Jahren und 38 Tagen in die Startelf.

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Kein Barca-Spieler war bei seinem Startelfdebüt jünger als Yamal, der bereits als Siebenjähriger zu den Katalanen kam, nachdem er in Mataro, einem Vorort, etwa 30 Kilometer von Barcelona, aufgewachsen war. Torres und Fati blieb nur die harte Ersatzbank.

Und Yamal enttäuschte beim 2:0-Erfolg gegen Cadiz in seinen 85 Minuten nicht. „Das Wunderkind von Barca schreibt Geschichte“, titelte die Marca und auch Xavi war äußerst zufrieden mit dem nur 1,65 großen Linksfuß: „Er ist ein sehr reifer Spieler für seinem Alter. Er kann den Unterschied ausmachen und ist sehr gut vorbereitet. Er hat heute viel beigetragen und ist ein großes Talent“, so der Übungsleiter. Und weiter: „Wir denken, dass er uns helfen kann und was wir in den Trainingseinheiten sehen, gefällt uns sehr.“

Fati kann wohl gehen

Yamal soll zusammen mit Gavi, Pedri, Linksverteidiger Alejandro Balde oder dem 16-jährigen deutschen Toptalent Noah Darvich die Zukunft beim FC Barcelona bilden. Wie Transfer-Experte Fabrizio Romano berichtet, soll der neueste Messi-Erbe zeitnah einen Profivertrag bis 2026 unterschreiben.

Und Fati? Laut übereinstimmenden Medienberichten würde Barca den Youngster trotz einer ordentlichen Vorsaison gerne verkaufen, um dringend benötigtes Geld einzunehmen. Interesse soll es aus der Premier League geben. Da Fati noch einen Vertrag bis 2027 besitzt, dürfte die Ablöse dementsprechend hoch ausfallen. Mit den Einnahmen sollen Rechtsverteidiger Joao Cancelo von Manchester City und die offensive Allzweckwaffe Joao Felix von Atletico finanziert werden.

Das Problem: Fati selbst will seinen Herzensklub nicht verlassen und sich durchkämpfen. Doch der spanische Nationalspieler möchte im kommenden Sommer auch mit der Furia Roja bei der EURO in Deutschland am Start sein. Dazu braucht er regelmäßige Spielzeit und die ist ihm in Barcelona – vor allem wegen Yamal – nicht garantiert. Ob es bei Fati, dessen Vater bereits Monate auf einen Wechsel drängt, noch zu einem Umdenken bis zum Deadline Day kommt, ist unklar.

Warnendes Beispiel für Yamal?

Klar ist aber schon jetzt: Mit gerade einmal 16 Jahren schon ein wichtiger Bestandteil einer mit Stars gespickten Mannschaft wie der des FC Barcelona zu sein, ist außergewöhnlich. Aber keine Garantie, dass man dort auch mit 20 noch gefragt ist. Das sollte auch Yamal – bei allem Hype um seine Person aktuell – immer im Hinterkopf haben…

(Robert Gherda / skysport.de)

Bild: Imago