Hamilton holt Sieg in Russland

Nach drei grandiosen Siegen ist die Erfolgsserie von Ferrari in Sotschi gerissen. Trotz Pole für Charles Leclerc endete der Grand Prix von Russland am Sonntag dank Lewis Hamilton vor Valtteri Bottas mit einem Mercedes-Doppelsieg. Leclerc wurde nur Dritter, Sebastian Vettel fiel aus. In der WM liegt der nun neunfache Saisonsieger Hamilton fünf Rennen vor Schluss schon 73 Punkte voraus.

Ferrari war nach den der ganzen Königsklasse gut tuenden Triumphen von Leclerc in Spa und Monza sowie dem Sieg Vettels zuletzt in Singapur auch in Sotschi als Favorit angetreten. Leclerc hat das mit neuerlicher Pole vor Hamilton und Vettel bestätigt. Doch dann entschied ausgerechnet eine von Vettel ausgelöste, virtuelle Safety Car-Phase gegen Ferrari und brachte Mercedes auch bei der sechsten Auflage den Sieg in der russischen Olympia-Stadt.

Vettel wurde von den Fans zwar zum „Fahrer des Tages“ gewählt, verdiente sich diesen Titel aber auf zwiespältige Weise. Noch unter dem Eindruck des viel diskutierten „Undercuts“ von Singapur war der dort siegreiche Deutsche zunächst am Start von der zweiten Reihe aus in Führung gegangen. Leclerc hatte nach der Streiterei vor einer Woche ganz offensichtlich den Auftrag gehabt, Vettel am Beginn des Rennens an Hamilton vorbei zu ziehen.

Der junge Monegasse leistet aber auch keinen Widerstand, als Vettel auch noch an ihm selbst vorbeifuhr und praktisch „kampflos“ in Führung ging. Den Teil der offensichtlichen Abmachung, Platz eins relativ bald wieder an Leclerc zurückzugeben, hielt Vettel dann aber nicht ein. Es sei besser, länger vorne zu bleiben, um mehr Vorsprung auf die Mercedes herauszufahren, begründete Vettel seine „Widerspenstigkeit“. Es war nicht ganz unrichtig, denn Ferrari hatte im Gegensatz zu Mercedes anfangs auf die weicheren und schnelleren Reifen gesetzt.

Der Rücktausch der Plätze 1 und 2 erfolgte daher relativ spät. Aber gerade als Ferrari Leclerc via Boxenstopp wieder zurück in Führung gebracht hatte, blieb ausgerechnet Vettel mit einem Hybridschaden an einer Stelle stehen, die ein virtuelles Safety Car auslöste. Das gab dem schon acht Sekunden zurückliegenden Hamilton die unerwartete Möglichkeit, in dieser neutralisierten Phase an Leclerc vorbei in Front zu gehen.

Den Vorwurf, absichtlich an einer kritischen Stelle geparkt zu haben, ließ sich Vettel nicht gefallen. „Ich habe das Auto schön hingestellt, damit das Rennen nicht unterbrochen wird. Es gab keinen besseren Ort.“ Zur Ferrari-Taktik meinte er: „Ich hatte eine guten Start und das Rennen bis zum Ausfall mit einem soliden Vorsprung kontrolliert. Meiner Meinung nach habe ich meinen Teil der Absprache eigentlich eingehalten.“

Weil gleich nach dem Vettel-Aus das Safety Car tatsächlich auf die Strecke kam, versuchte Ferrari zu retten, was noch zu retten war. Leclerc kam nochmals an die Box, um die harten gegen die schnelleren weichen Reifen zu tauschen. Offenbar um eine Runde zu spät, denn Leclerc verlor dadurch auch Platz zwei an Bottas.

Trotz des schnelleren Autos kam der junge Monegasse dann nicht mehr am Finnen vorbei und musste sich sogar mit Platz drei zufriedengeben. „Wir sind zwar wieder am Podium, haben aber nicht gewonnen“, meinte Leclerc wortkarg, hielt sich im Gegensatz zu Singapur zunächst mit öffentlicher Kritik aber zurück. „Eigentlich wollte ich Platz eins gleich zurück haben“, stellte er immerhin klar. „Das Team weiß es aber offenbar besser und ich vertraue dem Team immer“, sagte der 21-Jährige. Alles andere sei intern zu klären, betonte Leclerc.

Bei Mercedes freute man sich über einen nicht erwarteten, vierten Doppelsieg in Sotschi und Hamilton jubelte über seinen 82. GP-Sieg, den ersten seit der Sommerpause. „Unglaublich. Die Ferrari war am Beginn so schnell, ich bin kaum nachgekommen“, sagte Hamilton. „Gut, dass wir nie aufgegeben haben“, ergänzte der Brite, dessen sechster WM-Titel nun wohl endgültig in trockenen Tüchern ist.

Mercedes-Teamchef Toto Wolff durfte nach den vielen Rückschlägen zuletzt durchatmen. „So schwer erkämpfte Siege machen die meiste Freude. Ich bin richtig happy“, sagte der Wiener im ORF. Dass der Zwist zwischen den beiden Ferrari-Piloten weitergeht – Vettel hatte schon in der erfolgreichen Phase mit Red Bull (Multi 21) einer Team-Vereinbarung nicht Folge geleistet – kommt den Silbernen nicht ungelegen. „Es ist nicht leicht, zwei Fahrer an der Spitze zu managen“, weiß Wolf. „Das hatten wir früher auch, sie lernen das gerade. Für uns war das heute ein großer Schritt in beiden Meisterschaften.“

(APA)