„Kalter Krieg“ im Schwimmen: Dopingsünder Jefimowa und Sun erhitzen die Gemüter

(SID) Der „Kalte Krieg“ zwischen Schwimmerinnen aus Russland und den USA eskalierte, und auch bei den Männern flogen verbale Giftpfeile hin und her. Die Medaillengewinne der überführten Dopingsünder Julia Jefimowa und Sun Yang bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro haben eine Welle der Empörung ausgelöst, eine neue Stufe des Misstrauens ist erreicht. Superstar Michael Phelps sieht sogar seine Sportart in Gefahr.

„Es bricht mir das Herz, und ich wünsche mir, dass jemand etwas dagegen tut“, sagte der Rekord-Olympiasieger: „Es zerstört alles, wofür der Sport steht – und das regt mich total auf.“ Die Doping-Problematik beschäftigt den Schwimmsport schon länger, doch spätestens seit den emotionalen Finals am Montagabend wirft das Thema einen Schatten über die Wettbewerbe von Rio.

Vor allem die Szenen rund um das Frauen-Finale über 100 m Brust werden noch lange in Erinnerung bleiben. Die frisch gekürte Olympiasiegerin Lilly King verweigerte bei der Siegerehrung die Gratulation der Russin Jefimowa, die trotz ihrer früheren Dopingsperre das Startrecht erhalten hatte und auf Platz zwei geschwommen war.

Auch Kings Landsfrau Katie Meili, die Bronze gewann, würdigte Jefimowa im und außerhalb des Beckens keines Blickes. Das Publikum pfiff und buhte Weltmeisterin Jefimowa lautstark aus, auch im deutschen Lager waren die Sympathien klar verteilt. „Es ist schön, dass wir eine andere Siegerin sehen als die, die wir alle nicht sehen wollten“, sagte Bundestrainer Henning Lambertz.

Der Druck wurde für Jefimowa schließlich zu groß. Die Russin, die in Kalifornien lebt und trainiert, brach beim Gang durch die Interviewzone und in der Pressekonferenz immer wieder in Tränen aus. „Es ist enttäuschend, wenn sich die Politik in den Sport einmischt“, sagte die 24-Jährige mit brüchiger Stime: „Für gewöhnlich hören alle Kriege bei Olympia auf, doch sie haben einen Weg gefunden, um Russland zu schlagen und die Athleten zu benutzen. Das ist so unfair.“

Dem Internationalen Olympischen Komitee (IOC) sind solche Entwicklungen nicht genehm. „So etwas ist aus unserer Sicht nicht wünschenswert“, sagte Sprecher Mark Adams am Dienstag, „wir wünschen uns, dass auch die Sportler den Fairplay-Gedanken achten, aber wir können ihnen letztendlich auch nicht das Sprechen verbieten.“ Und die Sportler lassen sich auch keinen Maulkorb umhängen.

King folgte Jefimowas Worten am Montagabend mit versteinerter Miene. „Mein Sieg war ein Sieg für den sauberen Sport“, betonte die 19-Jährige. Das Gleiche sagte auch der Australier Mack Horton nach seinem Triumph über 400 m Freistil vor dem Chinesen Sun, der ebenso wie Jefimowa in der Vergangenheit des Dopings überführt worden war. Horton bezeichnete Sun nur als „der Typ, der positiv getestet wurde“. Der Franzose Camille Lacourt ätzte: „Sun Yang pinkelt lila. Wenn ich das 200m-Freistil-Podium sehe, will ich mich übergeben.“

Über diese Distanz hatte Sun am späten Montagabend gerade seinen dritten Olympiasieg gefeiert. Der geschlagene Weltrekordler Paul Biedermann wollte den Chinesen nicht an den Pranger stellen: „Es ist nicht der Athlet, der daran schuld ist, sondern das System.“

Sun war 2014 bei den chinesischen Meisterschaften positiv auf das Stimulans Trimetazidin getestet worden und musste eine Drei-Monate-Sperre absitzen. Bei Jefimowa wurde 2013 ein Steroid-Nachweis mit einer 16-monatigen Sperre geahndet. Von Rio war sie vom Weltverband FINA wegen des früheren Dopingvergehens ausgeschlossen worden. Allerdings kippte der Internationale Sportgerichtshof CAS die Regel 3 des IOC-Strafenkatalogs gegen Russland wegen des staatlich gelenkten Dopingsystems.

SID js nt