1978 und 1979 – Große Spiele der Wiener Austria im April

1978 war DAS Jahr der Wiener Austria im modernen Fußballzeitalter. Frühzeitig Meister geworden und ein Erfolgslauf im Europacup, den es in dieser Form vorher noch nicht zu bestaunen gab. Zu Beginn der Kampagne schaltete man Cardiff aus, dann folgte Lokomotiva Kosice. Im Viertelfinale musste man gegen die starke Mannschaft von Hajduk Split antreten. Nach zwei Unentschieden kam es in Split zum Elferschießen, wo den Kroaten (damals noch Jugoslawien) vor heimischem Publikum die Nerven versagten und keinen Elfmeter verwerten konnten. Nun wartete Dinamo Moskau im Halbfinale. Das erste Spiel endete in Tiflis 1:2. Das Europacupfieber hatte Wien und ganz Österreich gepackt.

Im Vorfeld hoffte die Austria noch auf die wertvollen Dienste von Karl Daxbacher, er selbst wollte unbedingt dabei sein. Trotzdem musste Trainer Hermann Stessl umstellen und Drazan bringen. Mit dem ausverkauften Stadion und dem möglichen Einzug ins Finale winkten jedem Austrianer bis zu 100.000 Schilling netto. Kapitän Robert Sara interessierte das Geld jedoch wenig:“Jetzt hat uns das Europacupfieber gepackt. Das ist mein sportlicher Höhepunkt, und ich möchte ihn nutzen.“

Halbfinal-Krimi im Prater gegen Dinamo Moskau 1978

Die Austria wollte Moskau mit Haut und Harren fressen. Das Publikum unterstützte die Veilchen tatkräftig. 72.000 Zuschauer im vollen Prater-Stadion erzeugten einen ohrenbetäubenden Lärm. Doch das erlösende 1:0 sollte noch auf sich warten lassen. Bis auf einige wenige schön vorgetragene Angriffe gab es wenig zu bewundern. Gellendes Pfeifkonzert begleitete zur Pause Moskau und die Schiedsrichter in die Kabinen. Es wirkte wie ein wütender Gesamteindruck, dass da noch mehr kommen würde. Und es kam noch viel mehr.

Nach wenigen Minuten der zweiten Hälfte zeigte der portugiesische Schiedsrichter auf den Elfmeterpunkt als Morales gefoult wurde. Pirkner verwertete eiskalt, die Austria war in Front (49´). Nur wenig später schupfte Prohaska denn Ball mit dem Außenrist in den Sechzehner und Morales köpfte das 2:0 (56´). Das Stadion stand Kopf. Die Austria ließ nichts mehr anbrennen, Hermann Stessl umarmte Gott und die Welt und jedermann sah sich in Paris. Doch dann kam aus heiterem Himmel Einwechselspieler Yakubik aus unmöglichem Winkel zu einer allerletzten Chance und spitzelte zum Entsetzen aller den Ball ins Netz (90´). Das Finale war wieder in weite Ferne gerückt und die Austrianer moralisch am Boden. Stessl musste zuerst sich selbst und dann seine Spieler wieder aufrichten.

Elferschießen im Prater nach 120 Minuten

Die Verlängerung verlief ohne große Vorkommnisse, die größte Tat war wohl, dass die Spieler in Violett wieder an sich glaubten und den möglichen Traum noch immer vor Augen hatten. Nach 120 Minuten bat Herr Garrido zum Elfmeterschießen.
Dinamo begann den Reigen und traf, erster Schütze für die Wiener war Parits, er verwandelte sicher. Torhüter Baumgartner sprang bei jedem Elfer nach rechts und war davon überzeugt, dass ein Russe einmal dorthin schießen würde. Den Gefallen tat ihm just der fünfte Schütze. Riesenjubel und Erleichterung brandete im Prateroval auf. Martinez übernahm als letzter Mann die Verantwortung und beförderte die Austria ins erste Europacupfinale der Geschichte.

Der Einzug ins Finale war das sportliche Ziel. Doch abseits des Rasens bemühte man sich eifrig um die Sanierung des Klubs. Es konnte nicht sein, dass ein Meister und Europacupfinalist keine eigene Sportanlage besaß. Wo sonst in Europa gab es das noch? Der Horrplatz in Favoriten soll um zirka 35 Millionen Schilling in ein Fußballstadion umgebaut werden. Es soll dem Lehener Stadion in Salzburg gleichen, mit mindestens 15.000 Zuschauern.

Austria Wien vs Dinamo Moskau FF 2:1 n.V. Pen. 5:4
(12.04.1979) Halbfinal-Rückspiel Meistercup

Prater-Stadion, 72.000 Zuschauer; Schiedsrichter Antonio J. da Silva Garrido (Portugal)

Tore:

1:0          Hans Pirkner 49´ Elfmeter
2:0          Morales 56´
2:1          Andrei Yakubik 90´

Mannschaftsaufstellungen:

Austria Wien:                   Baumgartner, Robert Sara, Obermayer, Baumeister, Josef Sara, Drazan (86´ Pospischil), Morales , Gasselich (84´ Martinez), Prohaska, Parits, Pirkner;
Coach Hermann Stessl
Dinamo Moskau:                            Gontar, Parov (53´ Tsereteli), Dolmatov, Novikov, Makhovikov, Bubnov, Petruschin, Maksimenkov, Minaev, Gershkovich (65´ Yakubik), Kazachyenok;
Coach Aleksandr Sevidov

Austria im Semifinale des Meistercups 1979

Austria stand im Vorjahr im Europacupfinale gegen RSC Anderlecht und schickte sich auch 78/79 an, im Europacup für Furore zu sorgen. Über Vllaznia Shkodra (ALB), Lilleström und Dynamo Dresden erreichte der Abonnement-Meister dieser Jahre das Halbfinale des Meistercups gegen Malmö FF. Austrias Wunschresultat waren zwei Tore und kein Gegentor. Herbert Prohaska wurde mit Knöchelproblemen fitgespritzt. „Normalerweise würde ich nicht spielen, doch das Europacupsemifinale ist zu wichtig.“ Ebenfalls blessiert war Tommy Parits, lief mit Korsett und Medikamenten nach Rippenbruch auf.

Malmö wurde speziell von den österreichischen Journalisten im Vorfeld nicht wirklich ernst genommen, als „Wedelgegner“ und „unterdurchschnittliche Elf“ bezeichnet. Allerdings hatten sie in den Vorjahren teils beachtliche Ergebnisse erzielt, scheiterten zum Beispiel am späteren EC-Sieger Bayern München 1976 nur mit einem Tor Differenz.
Bemerkenswert: „Alle Spieler sind berufstätig oder studieren, sind also trotz Gagen eigentlich Amateure. Mit Profis haben wir keine gute Erfahrungen.“, meinte Klubsekretär Lindstedt.

Austria biss auf schwedischen Granit

Malmö FF spielte typisch britischen Fußball, schnell, athletisch, in der Abwehr ohne Libero und mit zwei meist auf gleicher Höhe platzierten Innenverteidigern. Das größte Plus der Schweden war die nahezu perfekte Abseitsfalle. Und diese Abwehr zog den Veilchen auch den Nerv. Nach einem müden 0:0 vor 67.000 Zuschauern im Wiener-Stadion ohne nennenswerte Chance der Austrianer war die Erkenntnis, dass die destruktive Spielanlage von Malmö kein anderes Spiel zugelassen habe. Leider muss auch erwähnt werden, dass die Austria 90 Minuten lang nach Schema F angegriffen hatte, keine Schüsse aus der zweiten Linie abfeuerte.

Kritische Beobachter stellten fest, dass die schwedischen Verteidiger sich im Umkreis der Strafraumgrenze aufstellten und nicht weglocken ließen. Die Austrianer spielten aber bewusst in die Breite und wollten die Mittelfeldspieler „verschleppen“, damit die Stürmer Platz finden. Es sah prinzipiell wie Handball aus, wo beispielsweise Walter Schachner mehrmals herrlich dribbelte, aber eben nie in Richtung Tor. Als sogenannter „Kreisläufer“ ließen ihn die Schweden gewähren und totlaufen.

Der besten österreichischen Klubmannschaft der ausgehenden 70er-Jahre fehlte zur absoluten Klasse die Fähigkeit, sich während des Spiels taktisch umzustellen. Außerdem merkte man den verletzten Spielern an, dass sie eben doch nur die Hälfte wert waren, was vor allem gegen die physisch starken Schweden ein Manko war. Vor dem Spiel wäre Malmö-Trainer Bob Houghton mit einer 1:3-Niederlage noch zufrieden gewesen, wie er im Radio vermeldete. Nun sah es fürs Rückspiel deutlich rosiger aus und die Austrianer mussten sich schleunigst etwas einfallen lassen.

Austria Wien vs Malmö FF 0:0
(11.04.1979) Halbfinal-Hinspiel Meistercup

Prater-Stadion, 67.000 Zuschauer; Schiedsrichter Aloijzy Jarguz (Polen)

Tore:                                    Fehlanzeige

Mannschaftsaufstellungen:

Austria Wien:                   Baumgartner, Robert Sara, Obermayer, Pospischil, Josef Sara, Baumeister, Daxbacher (60´ Zach), Gasselich, Prohaska, Parits, Schachner;
Coach Hermann Stessl
Malmö FF:                          Jan Möller, Roland Andersson, Kristensson, Roy Andersson, Erlandsson, Magnus Andersson, Tapper, Jönsson, Kinnvall, Cervin, Hansson (72´ Tommy Andersson);
Coach Robert Houghton