Adeyemi-Entdecker im Interview: BVB als Zwischenschritt für den Bazi

Der Wechsel von Karim Adeyemi zu Borussia Dortmund gehört jetzt schon zu den namhaftesten des Sommers. Im Interview mit Sky Sport spricht Manfred Schwabl, Entdecker des heutigen DFB-Kickers, über seinen ehemaligen Schützling, dessen Vorzüge und die Millionen, die Adeyemis-Jugendklub Unterhaching durch den Wechsel einnimmt.

Manfred Schwabl – Präsident des Regionalligisten SpVgg Unterhaching – über …

… Adeyemis Schritt von Red Bull Salzburg zu Borussia Dortmund zu wechseln: „Ich habe im Vorfeld schon immer gesagt, dass der nächste Schritt nach Deutschland der logische, richtige ist. Da gab es dann ja eigentlich nur drei Vereine und Dortmund ist die beste Wahl – mit dem Enthusiasmus auf den Tribünen und im Pott. Karim ist sehr bodenständig, von der Spielart und auch vom Typ her muss man ihn einfach mögen. Es war die absolut richtige Entscheidung.“

… die Spielweise von Adeyemi und ob diese zum BVB passt: „Ich denke Dortmund wird im Sturm noch etwas machen. Wie man hört, wollen sie ja angreifen. Karim kann es alleine nicht regeln. Ich denke, sie werden noch einen Anker-Stürmer holen. Karim kommt eher aus der Tiefe. Wenn er ins Laufen kommt, ist er fast nicht aufzuhalten. Sie werden sich aber schon Gedanken gemacht haben, wenn man so viel Ablöse zahlt. Wie ich den Aki Watzke kenne, wird er schon dreimal hin und her überlegt haben, ob das passt. Sonst macht so ein Transfer ja auch keinen Sinn. In diesem Fall passt das aber wie die berühmte Faust aufs Auge.“

Charakter & Wille: Das macht Adeyemi besonders

… Adeyemis Vorzüge und Besonderheiten, die er mit auf den Rasen bringt: „Das Entscheidende ist, dass Karim immer nur eines will, nämlich Tore zu erzielen – das war auch schon so, als ich ihn hier mit zehn Jahren gesehen habe. Das Besondere bei ihm ist, dass wenn er dreimal versagt oder einen Elfmeter verschießt, dann geht er wieder hin. Er will es so lange, bis es klappt. Aus so einem Holz sind die ganz Großen geschnitzt. Das ist ein großer Vorzug von ihm. Und natürlich seine brutale Schnelligkeit. Ich sehe seinen Transfer zum BVB in die Bundesliga als Zwischenschritt. Ich glaube, dass er irgendwann in der Premier League landet.“

… den Charakter von Adeyemi: „Auf bayrisch würde man sagen: a Bazi (heißt so viel wie Schlingel, Anm. d. Red.). Das habe ich am eigenen Leib sehr oft spüren müssen – gerade was die Schule betrifft. Aber das hat er dann auch wirklich gut hinbekommen. Wenn ich mit Salzburg rede oder auch mit den Verantwortlichen bei den U-Nationalmannschaften früher, merkt man, dass er brutal beliebt ist. Ich war auch vor 14 Tagen in Salzburg bei einem Spiel, er wird ausgewechselt und schaut die letzten 20 Minuten neben den Rollstuhlfahrern an, nicht einfach nur schnell hingegangen und einmal abgeklatscht. Da zieh ich meinen Hut vor. Er nimmt sich immer Zeit für die Fans, ist immer der letzte, der in die Kabine geht. Für uns in Unterhaching ist es wichtig, nicht nur Spieler herauszubringen, sondern auch Typen. Sie sind für uns auch eine Art Botschafter in der großen, weiten Fußballwelt.“

Adeyemi: Ein Typ, nach dem Fußball-Deutschland lechzt

… die Veränderungen, die Adeyemi in seiner Karriere bislang durchgemacht hat: „Verändert hat er sich bei der Professionalität bei Interviews. Da merkt man mittlerweile die Coolness. Da ist wahnsinnig viel auf ihn eingeprasselt, beim ersten Länderspiel damals oder auch beim Thema Champions League. In diesem Bereich hat er sich brutal entwickelt. Aber ansonsten ist er immer noch das Kind im Manne. Das sollte er sich auch beibehalten. Auf dem Spielfeld frech, außerhalb bodenständig – das sind die Leute, nach denen Fußball-Deutschland lechzt. Jamal Musiala ist ein ähnlicher Charakter. Wir brauchen in Deutschland auch wieder Spieler, die nicht nur gut Fußball spielen, sondern auch die Bodenhaftung haben. Da ist Karim auf einen ganz, ganz guten Weg.“

… seinen Einfluss bei Adeyemis Entscheidungsfindung: „Ich versuche nicht im Vordergrund meine Meinung zu sagen, sondern eher in einer Art Backoffice. Karim hatte den Vorteil, dass das elterliche Umfeld immer ruhig war. Damals, als er von Unterhaching nach Liefering gegangen ist, haben viele die Stirn gerunzelt, weil damals bereits RB Leipzig oder englische Vereine im Gespräch waren. Die Eltern haben aber immer gesagt – und das habe ich ihnen auch immer geraten – nie den dritten vor dem zweiten Schritt zu machen. Jetzt kommt es auch wieder so. Ich glaube deswegen auch, dass meine Meinung auch ein Mosaikstein war, jetzt noch nicht ans Ausland zu denken. Der vernünftigste Schritt ist jetzt Dortmund. Er ist dort super aufgehoben und Bundestrainer Hansi Flick – mein ehemaliger Zimmer-Partner – freut sich auch, dass Karim in Deutschland geblieben ist. Er kann beim DFB eine Rolle spielen, wenn er sich so weiterentwickelt und sich in Dortmund durchsetzt. Die Fußstapfen von Erling Haaland sind allerdings nicht gerade klein – nicht nur von seiner Schuhgröße her sondern auch von den Toren.“

Unterhachings Pläne mit den Adeyemi-Millionen

… eine mögliche Zukunft Adeyemis in der Premier League: „Es kommt drauf an, wie er sich entwickelt. Von der ganzen Konstellation, von der Art Fußball zu spielen, von der Schnelligkeit, vom Tordrang und der Bodenständigkeit her ist er prädestiniert. Liverpool oder Manchester United sind Vereine, die nach solchen Spielern lechzen. Aber noch ist es viel zu früh dafür. Das kann Karim ganz alleine mit seiner Art wie er Fußball spielt, wie er sich in Dortmund durchsetzt und auch wie er sich persönlich weiterentwickelt und weiter so bodenständig bleibt, beeinflussen. Die englischen Klubs schauen insgesamt nicht nur nach guten Kickern, sondern auch nach Spielern, die sie gut vermarkten können und mit beiden Beinen auf dem Boden stehen.“

… die finanzielle Partizipation der SpVgg Unterhaching am Transfer: „Ungefähr in dieser Region befinden wir uns mit noch ein paar Nachschlägen (sechs Millionen plus x, Anm. d. Red.). Wir wollen das aber nicht zu hoch hängen. Wir sehen es eher als erste Ernte, die wir mit unserer Nachwuchsarbeit einfahren. Wir werden jetzt mit Sicherheit keine Harakiri-Aktionen machen. Wenn Sandro Wagner (Cheftrainer bei der SpVgg Unterhaching, Anm. d. Red.) anfragt, muss ich ihn ein bisschen bremsen, weil das meiste wieder dahin zurückfließt, wo Karim herkommt – nämlich ins Nachwuchsleistungszentrum. Es wird auch in die Infrastruktur fließen. Wir wollen etwas am Stadion machen, wir wollen das Fundament einfach weiter stärken und irgendwann ist es dann auch die logische Konsequenz, dass die erste Mannschaft wieder aufsteigt. Aber sicher nicht mit Harakiri. Wir müssen die Dinge weiterhin selbst in der Hand halten. Wir nehmen das Glück in die eigene Hand, bilden ein paar Rücklagen, bauen ein bisschen Schulden ab, gleichen die Bilanz aus und dann werden wir stabil die nächste Jahre durch die Lande ziehen. Und was dann dabei herauskommt, werden wir sehen. Es kommen noch einige Talente nach. Karim war kein Glücksfall, sondern er war der erste Frontmann, den wir jetzt in die weite Welt schicken. Es kommen noch Einige nach und das ist wichtig, um die Nachhaltigkeit zu unterstreichen und nicht einen Glücksfall, den jeder einmal haben kann.“

Das Interview führte Torben Hoffmann von Sky Sport DE

https://www.skysportaustria.at/adeyemi-als-haaland-nachfolger-bin-ganz-anderer-spieler/

Bild: GEPA