HISTORISCH – Albanien besiegt Rumänien dank Sadiku

Der krasse Turnier-Außenseiter Albanien darf nach einem historischen Triumph vom Einzug ins EM-Achtelfinale träumen. Die „Adler“ rangen die enttäuschenden Rumänen mit bisweilen überhartem Einsatz und dank ihres ersten EM-Treffers durch Armando Sadiku (43.) mit 1:0 (1:0) nieder. Es war der erste Sieg für den Neuling bei einer EURO.

 

 

„Ich habe keine Worte, das ist ein Sieg für alle Albaner auf der ganzen Welt“, sagte der Kölner Mergim Mavraj überglücklich: „Wir haben mit unserem ganzen Herzen gespielt – und mit Verstand.“ Rumäniens Torwart Ciprian Tatarusanu war untröstlich. „Verglichen mit der Qualifikation war unser Auftritt hier ganz schlecht, aber das war leider das Maximum. Sie haben den Sieg verdient“, sagte er.

Albanien kletterte nach dem ersten Erfolg gegen Rumänien seit 68 Jahren auf Rang drei der Gruppe A, muss aufgrund der Tordifferenz (-2) aber wohl bis Mittwoch ums Weiterkommen zittern. Erst dann sind die letzten Vorrundenspiele absolviert. Sicher ist nur: Rumänien, 2000 immerhin Viertelfinalist, ist mit nur einem Punkt bei der fünften Teilnahme zum vierten Mal schon in der Gruppenphase gescheitert – auch weil der eingewechselte Florin Andone nur die Latte traf (76.).

 

 

Sadiku, der beim FC Vaduz in Liechtenstein spielt, profitierte bei seinem geschichtsträchtigen Tor in Lyon von einem Fehler des rumänischen Torhüters Tatarusanu. Die Vorarbeit leistete Ansi Agolli mit einer Flanke. Allerdings konnte sich Albanien beim überaus großzügigen Schiedsrichter Pavel Kralovec (Tschechien) bedanken, dass es zu diesem Zeitpunkt nicht schon in Unterzahl spielte.

Die Mannschaft um die Bundesliga-Legionäre Mavraj und Amir Abrashi (SC Freiburg) spielte vor 49.752 Zuschauern mehr als nur giftig. Zu Beginn haute Andi Lila seinem Gegenspieler Alexandru Matel den Ellbogen ins Gesicht. Migjen Basha hatte Glück, dass sein Kung-Fu-Tritt gegen Ovidiu Hoban nur mit der Gelben Karten geahndet wurde. Nicht verwarnt wurde Abrashi für sein hartes Foul gegen Christian Sapuranu von hinten.

 

 

Die technisch versierteren Rumänen, die zunächst das Geschehen bestimmten, ließen sich von dieser harten Gangart beeindrucken. Mit Ausnahme der Chance von Denis Alibec (14.), der nach einem Zweikampf mit Basha in der zweiten Halbzeit verletzt raus musste, brachten die „Tricolorii“ nichts zustande.

So kam Albanien durch Ledian Memushaj und Basha (beide 35.) zu ersten Chancen. Und das, obwohl Trainer Giovanni De Biasi den wieder spielberechtigten Kapitän Lorik Cana überraschend spät brachte (83.). Der Führungstreffer ließ die zahlreichen albanischen Fans ausflippen, zur Pause zündeten sie – wie auch die frustrierten Anhänger aus Rumänien – bengalische Feuer.

In der zerfahrenen zweiten Halbzeit suchte Rumänien verzweifelt den Ausgleich, wirkte dabei aber zunehmend verkrampft. Bezeichnend, dass der eingewechselte Lucian Sanmartean einen Freistoß aus aussichtsreicher Position in die Mauer drosch (67.). Andone hatte mit seinem strammen Schuss Pech. Auf der anderen Seite vergab Mavraj die Chance zum 2:0 (86.).

Stimmen zum Spiel

Gianni de Biasi (Albanien-Teamchef): „Ich bin sehr zufrieden mit der Leistung meiner Mannschaft. Wir waren sehr gut organisiert, unsere Defensive war sehr solide. Wir haben die Räume gut zugemacht und auf Konter gelauert. Es war durch die Bank eine Leistung erster Klasse und das gegen einen sehr starken Gegner. Wir haben Selbstvertrauen getankt. Jetzt hoffe ich, dass wir im Turnier bleiben können. Ich glaube, wir verdienen uns das. Wir können jedes Team vor Probleme stellen.“

Arlind Ajeti (Albanien-Abwehrspieler/“Man of the Match“): „Ich bin der Meinung, dass wir eine gute Leistung geboten haben. Wenn man sieht, was wir füreinander machen, wie wir miteinander kämpfen, das macht den Erfolg so speziell. Wir sind wirklich glücklich. Wir haben bis am Schluss daran geglaubt, dass wir zumindest ein Spiel bei der EM gewinnen können und jetzt haben wir das geschafft.“

Nicolae Stanciu (Rumänien-Mittelfeldspieler): „Ich bin sehr, sehr enttäuscht. Ich finde keine Worte, um zu beschreiben, wie ich mich fühle. Wir haben Millionen von Leuten in Rumänien enttäuscht, die an uns geglaubt haben. Meiner Meinung nach haben wir das Spiel kontrolliert, aber uns keine klaren Torchancen herausgearbeitet, waren vor dem Tor zu harmlos.“

Anghel Iordanescu (Rumänien-Teamchef): „Wir haben gegen Frankreich eine gute Leistung gebracht und hatten gegen die Schweiz viele Chancen. Heute ist es eine schmerzhafte Niederlage für uns. Die Mannschaft hat alles gegeben, um sich für das Achtelfinale zu qualifizieren. Wenn du es nicht schaffst, zu gewinnen, verdienst du es aber auch nicht, aufzusteigen. Wir sind gut gestartet und haben das Spiel kontrolliert. Wegen eines Fehlers in der Defensive haben wir aber den Gegentreffer kassiert. In der zweiten Hälfte haben wir das Geschehen dominiert, aber leider nicht getroffen.“

Armando Sadiku (Albanien-Torschütze): „Es gehen gerade alle Gefühle mit mir durch, ich habe so viele Gedanken im Kopf. Wir haben unser Ziel erreicht, das macht uns und mich besonders, weil ich getroffen habe, sehr glücklich. Das ganze Team hat hart gearbeitet, ich möchte mich bei allen bedanken, alle haben super zusammengearbeitet und sind Teil des Teams.“

Lorik Cana (Albanien-Kapitän): „Das ist ein großartiges Gefühl. Ich bin mir so sicher, dass wir das verdient haben. Ich hoffe, das wir das Glück haben weiter zu kommen. Wir haben natürlich Schwächen im Vergleich zu anderen Teams, aber dafür haben wir den Willen, unser Herz und unsere Einsatzbereitschaft.“

Mergim Mavraj (Albanien-Abwehrspieler): „Es ist unfassbar, was das für unser Volk bedeutet. Unser Land ist von so vielen Negativ-Schlagzeilen gekennzeichnet. Das macht mich unheimlich stolz, dass wir den Menschen ein Lächeln schenken konnten.“

Spielschema

Fußball-EM 2016, Gruppe A, 3. Runde: Rumänien – Albanien 0:1 (0:1).
Lyon, Stade de Lyon, 49.752 Zuschauer, SR Pavel Kralovec (CZE).

Tor: 0:1 (43.) Sadiku

Rumänien: Tatarusanu – Sapunaru, Chiriches, Grigore, Matel – Prepelita (46. Sanmartean), Hoban – Popa (68. Andone), Stanciu, Stancu – Alibec (57. Torje)

Albanien: Berisha – Hysaj, Ajeti, Mavraj, Agolli – Lila, Memushaj, Basha (83. Cana), Abrashi, Lenjani (77. Roshi) – Sadiku (59. Balaj)

Gelbe Karten: Matel, Sapunaru, Torje bzw. Basha, Hysaj

Die Besten: Hoban, Stancu bzw. Memushaj, Lenjani, Ajeti

 

Bilder zum Spiel

Bilder: Getty Images