Analyse: Rapid fehlt es wegen wegen EL an Motivation

Nachgetreten – Runde 08: Gegen ein gut spielendes Altach auswärts zu verlieren ist selbst für Rapid Wien keine Schande. Das sah auch Sportdirektor Müller so, regte sich aber gleichzeitig gehörig über das Wie auf. Vor allem zu wenig Laufbereitschaft, Engagement und Wille wurde der Mannschaft vorgeworfen. Gleichzeitig passierten im Altach-Spiel aber auch taktische Fehler am laufenden Band. Wobei klarerweise das Eine das Andere teilweise bedingt. So entstanden auch beide Gegentore aus einer Kombination aus zu wenig Bereitschaft für die Defensivarbeit und taktischem Fehlverhalten.

Szene 1: Das 1:0 für Altach passiert nach einer kollektiven grün-weißen Fehlleistung. Alar und Kainz attackieren hoch, dahinter klafft aber eine riesen große Lücke. Das gesamte Rapidler Mittelfeld müsste nachrücken und viel schneller verschieben. Die Hütteldorfer stehen aber viel zu tief und bewegen sich träge. So kann Jäger den Pass von Innenverteidiger Ortiz völlig ohne Druck auf den Flügel zu Lienhart spielen. Dieser hat wieder unglaublich viel Raum und Zeit, da Außenverteidiger Stangl viel zu weit weg ist und unverständlicherweise auf seiner Position abwartet anstatt zu attackieren. Diese Einladung nimmt Lienhart gerne an und richtet sich in aller Ruhe den Ball zur Flanke ins Zentrum. Dort ist der Rest der Rapidler Abwehrkette durch die gut in den Löchern positionierten Altacher Angreifer gebunden. Vor der Abwehrkette ist aber wiederum ein riesiger Raum frei, in dem neben dem späteren Torschützen Harrer auch noch Mahop wartet. Wenn schon keiner der offensiven Rapid-Mittlefeldspieler hier nach hinten kommen kann (oder möchte), müsste in dieser Situation zumindest der locker zurück trabende Schwab Deckungsarbeit leisten. So aber kann Hofbauer die Flanke von Lienhart einfach in diesen Raum ablegen und Harrer schießt ein.

Wie schon das 1:0 fällt auch das 2:0 über die rechte Altacher Seite. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass das Offensivspiel der Altacher in der zweiten Halbzeit völlig konträr zur ersten Halbzeit war. In der Abbildung sieht man, dass die Altacher in der ersten Halbzeit mehr als doppelt so viele Angriffe über die linke Seite vortrugen, in der zweiten Halbzeit aber mehr als drei Mal soviele Angriffe über die rechte Seite. Inwieweit dies strategisch gesteuert war, sich aus Rapidler Schwächen oder einfach aus der Dynamik des Spieles heraus ergab, ist von außen schwer zu beurteilen.

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Szene 2: Im Gegensatz zum 0:1 waren es beim 0:2 eher individuelle Schwächen denn kollektive Fehler, die zum Gegentreffer führen. Wachgerüttelt durch das erste Tor, stehen die Rapidler hier kompakter und attackieren auch aggressiver. Außenverteidiger Auer (hat nach dem Stangl-Austausch in Minute 58 von rechts nach links gewechselt) darf Seger im 1 gegen 1 aber niemals so einfach vorbei lassen, da er den Vorteil bei sich hat und den Stürmer zunächst zur Seitenlinie und dann zur Tor-Outlinie drängen kann. Allerdings fehlt auch die Unterstützung von einem Sechser oder Innenverteidiger, die hier doppeln sollten. Der zweite große Fehler passiert dann durch Pavelic, der bei der Hereingabe fast 6 Meter von seinem Gegenspieler entfernt ist. Zwar nimmt sich Harrer den Ball gut mit und schließt schnell ab, unmittelbar vor dem Tor darf er aber niemals diesen Raum bekommen.

Fazit: Es ist nichts Neues, dass Europacup-Teilnehmer sich oft schwer tun, im nationalen Meisterschaftsbewerb Motivation zu finden. Gerade die Tradition Rapids verlangt es, dass jeder Einzelne großen Einsatz, Bereitschaft und Willen zeigt. Taktisch ist die Mannschaft ohnedies gut geschult – das hat sie heuer schon oft genug bewiesen. Werden die Hütteldorfer Tugenden daher wieder umgesetzt, wird die Leistung insgesamt um mehr als diesen Anteil wachsen. Schafft die Barisic-Elf diese Motivationshürde jedoch nicht, werden die zwei vergangenen Meisterschafts-Niederlagen in Folge bei weitem nicht die letzten gewesen sein.