Die Liebe ist erloschen – ÖSV und Fenninger streiten wieder

Eine Woche nach dem verkündeten Waffenstillstand (Artikel) zwischen dem österreichischen Skiverband (ÖSV) und Anna Fenninger ist der Streit abermals eskaliert. Der Grund dafür: Eine in österreichischen Printmedien lancierte Werbung der 25-jährigen Salzburgerin mit dem Automobilhersteller Mercedes – seines Zeichen direkter Konkurrent des langjährigen ÖSV-Sponsors Audi. Den Athleten ist laut Vertrag die Werbung mit einem konkurrierenden Unternehmen strikt untersagt, egal ob als Kopfsponsor oder in Form eines ganzseitigen Inserats. Der Verband spricht von Vertragsbruch und schließt Konsequenzen nicht aus. Fenningers Management und Mercedes wiederum führten ins Treffen, dass die Kooperation nur im Rahmen von Fenningers Charity-Projekten als Laureus-Botschafterin zustande gekommen sei.

 

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Die Chronologie der Ereignisse

In den vergangenen Wochen war es zu „Irritationen“ gekommen, nachdem am 11. Mai eine von Fenninger an mehrere ÖSV-Vertreter adressierte vertrauliche E-Mail an die Öffentlichkeit gelangt war (Sky Sport News berichtete). Darin hatte die Salzburgerin, die ablehnende Haltung des ÖSV gegenüber ihrem Manager Kärcher kritisiert, mit Rücktritt gedroht und eine verbesserte Regelung ihrer sportlichen Betreuung gefordert.

Nach Wochen der Ungewissheit erklärten am Dienstag letzter Woche beide Parteien in einer gemeinsamen Aussendung, dass das Gespräch, an dem Fenninger, ihr Manager Klaus Kärcher, ÖSV-Sportdirektor Hans Pum und ÖSV-Generalsekretär Klaus Leistner sowie Anwälte teilnahmen, „in freundschaftlicher Atmosphäre“ stattgefunden habe. „Bestehende Missverständnisse und Kommunikationsprobleme konnten erfolgreich aus der Welt geschafft werden. Anna Fenninger ist und bleibt demnach ein wichtiger Teil der ÖSV-Familie und bekommt wie bisher optimale Trainingsbedingungen zur Verfügung gestellt“, hieß es in der Aussendung.

Fenninger werde im Gegenzug „weiterhin ihre gesamte sportliche Leistungskraft in den Dienst des Verbandes und dessen Partner“ stellen. „Darüber hinaus werden der Verband und Anna Fenninger gemeinsam die Aufwendungen für eine erweiterte physiotherapeutische Betreuung tragen. Dies sind die Rahmenbedingungen für eine Rückkehr zur Konzentration auf die letztendlich maßgeblichen sportlichen Belange“, wurde weiters betont.  In wirtschaftlicher Hinsicht wurde das Thema „Kopfsponsor einvernehmlich geklärt“. Details dazu würden zum gegebenen Zeitpunkt gemeinsam bekanntgegeben.

Sechs Tage später ist die Presseerklärung vom 9. Juni nichts mehr wert. Die Fronten verhärteter denn je.

 

Sportdirektor Pum: „Das ist eine Verhöhnung“

Sportdirektor Hans Pum gab sich in einem SSNHD-Interview fassungslos. „Ich bin eigentlich fassungslos. Ich bin wirklich enttäuscht, dass nach dem wirklich langen und guten Gespräch, in dem alle Punkte und Missverständnisse ausgeräumt wurden und eine gemeinsame Presseerklärung abgegeben wurde – in der steht, dass Anna zum ÖSV und dessen Partnern steht – so eine Aktion passiert. Das ist ein Vertrauensbruch. Ich bin maßlos enttäuscht. […] Anna muss das natürlich absegnen. Sie muss das ja wissen, denn es wird ein Manager ja nicht agieren können wie er will. Aber natürlich ist die Anna da schlecht beraten…sehr schlecht beraten.“ sagte der Oberösterreicher.

Laut Auskunft des ÖSV wurde die Werbekampagne mit Mercedes beim letzten Treffen mit keinem Wort erwähnt. Der Verband spricht von Vertragsbruch und setzt Fenninger und ihrem Manager Kärcher ein zweitägiges Ultimatum um die Kampagne aus dem Verkehr zu ziehen. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel hat sich bisher aus dem Clinch mit der Skirennläuferin bewusst herausgehalten, sieht sich nach der Mercedes-Anzeigen-Kampagne mit der Salzburgerin nun aber zum Handeln gezwungen. „Sollte die Kampagne sofort eingestellt werden, ist noch eine Gesprächsmöglichkeit da, ansonsten wird es Konsequenzen geben“, sagte er zur APA – Austria Presse Agentur. Schröcksnadel wird am Freitag die Landespräsidentenkonferenz des Skiverbandes mit der Thematik befassen.

Anna Fenninger hat mit einer von ihr, Manager Klaus Kärcher und Rechtsanwalt Markus Wekwerth gezeichneten E-Mail-Aussendung zur aktuellen Causa Stellung bezogen. „Mit den ÖSV-Vertretern Dr. Klaus Leistner und Hans Pum wurde sehr wohl das Thema ‚Laureus Sports For Good‘, das maßgeblich von Mercedes Benz unterstützt wird, besprochen“, hieß es darin.

Ebenfalls seien die Herren darüber informiert worden, dass es eine Medienkampagne gemeinsam mit Mercedes zur Unterstützung dieses Engagements geben werde. „Wir sind daher sehr überrascht, wie dieses Thema Seitens des ÖSV in der Öffentlichkeit dargestellt wird. Wir wollen nochmals festhalten, dass die Mercedes-Kampagne ausschließlich im Zusammenhang mit Anna Fenningers sozialen Engagement für Laureus und ihrer Rolle als Botschafterin für den Cheetah Conservation Fund (CCF) und ihre Unterstützung für die Geparden zu sehen ist.“

Auf der Einschaltung steht klein, dass Mercedes-Benz Fenninger bei ihrem Engagement für die Laureus-Foundation unterstütze. Beworben wird der neben der Salzburgerin entsprechend in den Blickpunkt gestellte CLA 45 AMG Shooting Brake.

 

Welche Konsequenzen könnten nun drohen?

Bleibt abzuwarten, was passiert, sollte Anna Fenninger nicht einlenken und die Kampagne weiter durch die österreichische Medienlandschaft geistern. Würde es der ÖSV tatsächlich wagen, das 25-jährige Aushängeschild aus dem Verband zu werfen? Bis gestern ein denkbar unmögliches Szenario. Doch die Wortwahl des gewöhnlich um Deeskalierung bemühten Sportdirektors Pum zeigt, wie erzürnt die Verbandsspitze über die Salzburgerin ist. Der ÖSV wird sich am Freitag bei der Landespräsidentenkonferenz des Skiverbandes mit der Thematik befassen und über die weitere Vorgehensweise beraten.

Ein Nachgeben auf Seiten des Skiverbandes hätte weitreichende Folgen, der Damm wäre gebrochen. Warum sollten sich andere Athleten noch an die Vereinbarungen halten und nicht ebenfalls lukrative Werbeverträge von „Nicht-ÖSV-Partnern“ unterschreiben?

Der Streit um Persönlichkeitsrechte und Sponsorendeals ist noch lange nicht ausgestanden. Und er könnte weitaus größere Kreise ziehen als bisher angenommen. Auch eine juristische Auseinandersetzung, ob die ÖSV-Athletenverträge rechtlich zulässig sind, könnte ins Haus stehen.

Eine Woche nach der großen Liebeserklärung ist plötzlich auch eine der brutalsten Scheidungen der Skigeschichte nicht mehr ausgeschlossen.