Djokovic bleibt in „Corona-Bubble“ US-Open-Favorit

Keine Zuschauer im größten Tennis-Stadion der Welt, rigorose Sicherheits- und Hygienemaßnahmen, Maskenpflicht und lediglich virtuell abgehaltene Pressekonferenzen. Bei den diesjährigen US Open in Flushing Meadows ist so gut wie alles anders. Dort, wo im Vorjahr fast 750.000 Fans die Anlage stürmten, wird der Faktor Publikum ausgeschaltet. Und von den „big three“ fehlen auch noch zwei Superstars.

Damit ist Novak Djokovic, der Australian-Open-Sieger, auf der Jagd nach den Allzeit-Rekorden nicht nur in der Pole Position, sondern auch Topfavorit auf seinen 18. Major-Titel. Damit könnte er zu den Führenden Roger Federer (20 Grand-Slam-Siege) und Rafael Nadal (19) aufschließen. Federer fehlt wegen einer Verletzung den Rest dieses corona-verseuchten Jahres, Titelverteidiger Nadal hat sich wegen der Pandemie gegen den US-Trip entschieden und bereitet sich auf die dieses Jahr erst im September stattfindenden French Open vor. Aus den Top Ten fehlt aktuell sonst nur Gael Monfils.

Aus österreichischer Sicht ruhen die Hoffnungen natürlich auf Dominic Thiem. Doch der Niederösterreicher, der am 3. September 27 Jahre alt wird, hat seine Generalprobe diese Woche am Schauplatz Flushing Meadows gewaltig verpatzt. Nur drei Games gegen Filip Krajinovic (SRB), damit hatte man nicht rechnen können. Trotz guter Leistungen bei ernsten Exhibitions war die Drucksituation im ersten ATP-Match seit sechs Monaten eine ganz andere. Wie immer wird beim dreifachen Major-Finalisten, der in Melbourne im Jänner Djokovic noch nach einer 2:1-Satzführung in fünf Sets unterlag, der Start ins Turnier – gegen Jaume Munar (ESP) – enorm wichtig sein.

Nur frühes Thiem aus würde Start in Kitzbühel ermöglichen

Thiem kann im Vergleich zum Vorjahr voll punkten, schied er doch, von einem Grippevirus schwer angeschlagen, gleich zum Auftakt aus. Sollte er nun erneut vor dem Viertelfinale die Segel streichen müssen, könnte er seinen Titel in Kitzbühel verteidigen. Im ungewöhnlichen Corona-Jahr ist das Turnier in Tirol in die zweite US-Open-Woche verlegt worden. Thiem wäre ein Fehlen in Kitz aber sicher lieber, denn die fetten ATP-Punkte werden in New York vergeben: ein Grand-Slam-Champion erhält 2.000 Zähler, in Kitzbühel sind es 250.

Thiem-Manager Herwig Straka beruhigte nach dem überraschenden Auftakt-Aus beim nach Flushing Meadows verlegten Masters-1000-Turnier: „Wir sind nach wie vor alle der Meinung, dass Dominic in einer guten Form ist, eine gute Vorbereitung gehabt hat und dass er auch diese Exhibitions gut gespielt hat. Es gibt keinen Anlass zur Sorge, es war einfach ein schlechter Tag.“

Straka will sich übrigens gar nicht auf einen Topfavoriten festlegen. „Natürlich ist Djokovic die Nummer eins und hat heuer noch kein Spiel verloren. Auch Dominic hat gut gespielt bis jetzt. Aber ich bin dagegen, dass man jemand zum Favoriten stempelt“, so der 54-Jährige. Bisher hätten die US Open wegen des besonderen Lärmes und der vielen Fans eigene Gesetze gehabt. „Ich glaube, es ist ganz schwer, Vorhersagen zu treffen, weil die Umstände komplett neu sind.“ Eine Fünfsatz-Partie vor fast 24.000 leeren Sitzen zu spielen etwa.

Die immer wiederkehrende Frage, ob ein Titelgewinn in Abwesenheit von Nadal und Federer nun leichter sei, würde er „mit einem klaren Nein“ beantworten, sagte Straka. „Jeder muss sieben Matches gewinnen, wenn er die US Open gewinnen will und das werden sieben schwere Matches werden.“

Auch die „Bubble“ mit Hotel-Anlage-Hotel als einzige Umgebung sei für keinen Spieler leicht. Angetan ist Straka von der Idee, den besseren Spielern VIP-Boxen im Arthur Ashe Stadium zur Verfügung zu stellen. Sonst sei alles sehr gut organisiert und sehr streng. „An der Grenze zum Übertreiben, aber das ist Amerika“, weiß Straka.

Viele Abwesende bei den Damen

Bei den Damen sind es gar sechs aus den ersten zehn im WTA-Ranking, die sich gegen den Flug in die USA entschieden haben. Mit Bianca Andreescu (CAN) fehlt wie bei den Herren die Vorjahressiegerin, dazu kommen mit Ashleigh Barty (AUS) und Simona Halep (ROU) auch die Nummern eins und zwei der Welt. Aus den Top Ten übrig sind nur noch Karolina Pliskova (CZE/WTA-3.), Sofia Kenin (USA/4.), Serena Williams (USA/9.) und Naomi Osaka (JPN/10.).

Bahn frei also für die 38-jährige Williams zum lange ersehnten 24. Major-Titel? Mitnichten. Bei der Generalprobe, die den Namen wegen der von Corona bedingten Verlegung von Cincinnati nach Flushing Meadows wirklich verdient, patzte die US-Amerikanerin gewaltig und hinterließ zudem keinen fitten Eindruck. Und die sensationelle Australian-Open-Siegerin dieses Jahres, Kenin, unterlag gleich zum Auftakt des WTA-Premierturniers in New York.

Aus österreichischer Sicht sind bei den Herren auch noch Dennis Novak und bei den Damen dank der vielen Absagen auch Barbara Haas am Start. Novak spielt seinen sechsten Hauptbewerb bei einem Major, zum zweiten Mal in Queens. Gegen Alejandro Davidovich Fokina (ESP/ATP-Nr. 96) hat der seit (dem heutigen) Freitag 27-jährige Weltranglisten-85. im ersten Duell gute Chancen. Haas ist gegen die Ex-Nummer-1 Viktoria Asarenka (BLR) in ihrem zweiten Major-Maindraw-Match krasse Außenseiterin.

(APA)

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