„El Kaiser“ Marquez vor fünfter WM: Kein Maskottchen

Seine Vereinskarriere hat Rafael Marquez beendet. Die fünfte Teilnahme an einer Fußball-WM soll für den 39-Jährigen Mexikaner der glorreiche Abschluss einer großen Laufbahn sein. Zuletzt gab es Probleme mit der US-Justiz und offene Fragen zur Fitness.

Mit ausgestrecktem Arm gibt der Mann, der wegen seiner Spielübersicht und Ausstrahlung in Anlehnung an Franz Beckenbauer „Kaiser aus Michoacan“ genannt wird, seinen Kollegen am Moskauer Trainingsplatz Anweisungen. Rafael Marquez grätscht, steht auf und verschafft sich mit einem Rempler gegen seinen „Gegenspieler“ Platz. Wie ein müder Altstar, der nur noch als Ratgeber und Maskottchen dabei ist, wirkt der 39-Jährige trotz seines hohen Fußballeralters nicht. Ganz im Gegenteil.

„Dass auch nicht der kleinste Zweifel bleibt: Wir denken nicht nur daran, das fünfte Spiel zu erreichen, sondern daran, Weltmeister zu werden“, sagte der stets ehrgeizige Defensivspieler vor der Weltmeisterschaft, die für Mexiko mit der Auftaktpartie gegen Weltmeister Deutschland am Sonntag beginnt.

Marquez gehört zu erlesenem Kreis

Zum Abschluss seiner Karriere konzentriert sich Marquez, der mit dem FC Barcelona zwei Champions-League-Titel (2006, 2009) holte, noch einmal komplett auf das Nationalteam. Seine Vereins-Laufbahn beendete er Ende April bei Atlas de Guadalajara. Nun folgt in Russland der große Schlusspunkt. Vor ihm nahmen nur drei Spieler an fünf WM-Endrunden teil: Sein Landsmann Antonio Carbajal, der Deutsche Lothar Matthäus und der Italiener Gianluigi Buffon.

Lange war unklar, ob Marquez in Russland überhaupt dabei ist. In der Heimat gab es Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit, zudem war er ins Visier der Justiz geraten. 2017 hatte ihn das US-Finanzministerium auf eine Schwarze Liste gesetzt, weil er als Strohmann für ein mexikanisches Drogenkartell gedient haben soll. Marquez weist die Vorwürfe zurück und hofft nun auf eine Rolle bei der WM, die über jene als Kommunikator und Motivator hinausgeht.

Chancen auf Einsatz intakt

Die Chancen auf Einsätze sind intakt, gerade weil nach der Verletzung von Verteidiger Nestor Araujo nun auch der flexible Abwehr- und Mittelfeldspieler Diego Reyes noch nicht rechtzeitig fit ist. Trainer Juan Carlos Osorio hat im defensiven Zentrum nur noch wenige Alternativen.

Der kolumbianische Trainer ist vom Fitness-Level und den sportlichen Qualitäten seines Routiniers überzeugt. Wie bei den anderen Spielern auch, gehe es bei Marquez darum, „was er auf dem Platz beisteuern kann“, hatte Osorio vor der Nominierung gesagt. „Neben dem Platz gibt es keine Diskussion, dass er am meisten beiträgt.“ In der Mannschaft genießt Marquez sowieso Legendenstatus: „Rafa zuzuschauen ist ein Hochgenuss“, sagte Verteidiger Carlos Salcedo beinahe ehrfürchtig. „Auch aus der neuen Generation kann sich von ihm jeder eine Scheibe abschneiden.“

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(APA)