Greiderer vom Olympia-Retter zum WM-Wackelkandidat

Im vergangenen Winter ist Lukas Greiderer mit Bronze im Normalschanzen-Einzel der olympische Retter von Österreichs nordischen Kombinierern gewesen, in der aktuellen Saison hinkte der Tiroler aber bisher weitgehend hinterher. Rang neun im ersten Klingenthal-Bewerb war vor dem Seefeld-Triple sein einziges Top-15-Abschneiden, mit dem WM-Ticket wird es für den 29-Jährigen enger und enger. Aber zumindest: Greiderer weiß den Grund. Eine Verletzung warf ihn gehörig aus der Bahn.

Ein Mitte August beim Skirollertraining zugezogener Bänderriss im linken Sprunggelenk sorgte beim Absamer nicht nur für eine mehrwöchige Trainingspause, sondern vor allem danach für viele Sorgenfalten. „Diese Woche ist die erste, in der es mir nicht mehr wehtut“, sagte Greiderer in Seefeld im Gespräch mit der APA – Austria Presse Agentur. „Der Bänderriss hat mich schon extrem zurückgeworfen. Mit der Physiotherapie arbeiten wir noch daran.“ Außerdem habe er Übungen zum Selbermachen.

Greiderer: „Springen das Problem“

Der Teamsprint-Weltmeister ist freilich optimistisch. „Ich glaube, dass jetzt bald einmal der berühmte Knipser kommt“, sprach Greiderer den ersehnten Befreiungsschlag an. Mit dem neunten Rang am vergangenen Sonntag hatte er den schon vermutet, wenige Stunden später wurde es in der zweiten Klingenthal-Konkurrenz aber bloß Platz 30. Das Problem sieht er klar im Springen, läuferisch kann sich Greiderer nicht viel vorwerfen. „Da bin ich gut drauf, körperlich passt es. Nach den Rennen bin ich nicht extrem müde. Es ist alles da, material-mäßig passt auch alles.“

Auf der Schanze hingegen trete der immer gleiche Fehler auf: „Ich bin zu gierig nach dem Tisch. Auf der kleinen Schanze mache ich zu viel Richtung, da muss ich es viel mehr wirken lassen. Mir fehlt es am Gefühl.“ Vermutlich ist das eine Folge des durch die Verletzung aufgetretenen Kraftdefizits. „Ich habe fast den ganzen Sommer nichts an der Kraft machen können.“ Für Lillehammer im Dezember wurde er deswegen sogar aus dem Weltcup genommen. „Kraftmäßig hat es da nicht hingehauen. Danach hat es mich krankheitsmäßig reingerissen, das habe ich bis Ramsau noch gespürt.“

Mittlerweile passe alles wieder ganz gut, bis auf die Ergebnisse. Positiv war auch der dritte Platz im Mixed von Otepää, in diesem Bewerb gibt es in vier Wochen die WM-Premiere. „Noch habe ich ein bisschen Zeit“, sprach Greiderer die WM-Qualifikationsfrist an. Inklusive des Seefeld-Triples sind vor den Weltmeisterschaften noch sieben Bewerbe angesetzt. Die team-interne Konkurrenz ist mit Johannes Lamparter, Franz Josef Rehrl, den Rettenegger-Brüdern Stefan und Thomas oder Mario Seidl übermächtig bis groß.

Freilich hat es Greiderer auch zu den Spielen eher auf den letzten Drücker geschafft, wobei ihm seine einzigen drei einstelligen Platzierungen in der vergangenen Saison gleich zu Beginn im November in Ruka geglückt waren. Bei den Großereignissen war er dann aber immer zur Stelle. 2021 heimste er mit Lamparter in Oberstdorf WM-Gold ein, vor einem Jahr war es bei den Peking-Spielen neben Bronze noch Rang fünf. „Das in Peking war der beste Sprung in meinem Leben“, erinnert sich Greider an seinen Bronze-Sprung. „An dem Tag hat alles zusammengepasst.“

Er sei „echt dankbar und zufrieden“, dass er diese Medaille gemacht hat. Nur vier andere Österreicher haben in der Kombination solo eine Olympia-Medaille geholt – Klaus Sulzenbacher, Felix Gottwald, Bernhard Gruber und Lukas Klapfer. „Das nimmt einem niemand mehr weg. Gerade für mich, der nicht alles abräumt, und bei dem es doch überraschend gekommen ist.“ Ausruhen auf diesem Erfolg wolle er sich aber keineswegs, meinte Greiderer. Er sei keiner, der sich für eine einmal erbrachte Leistung vielleicht jahrzehntelang feiern lassen will.

„Meine Zielsetzung ist, dass ich da ganz oben mitkämpfe. Das ist auf alle Fälle mein Anspruch.“ Auch das Skifliegen stehe auf seiner „bucket list“ noch ziemlich weit oben. Zehn Jahre und eine Woche nach seinem in Seefeld gegebenen Weltcup-Debüt macht sich Greiderer daher noch keine konkreten Gedanken ans Danach. „Wenn ich aufhöre, kann ich mir immer noch Gedanken machen. Ich bin gelernter Zöllner. Ich kann mich jederzeit ins Zollamt reinsetzen.“ Wahrscheinlicher sei es für ihn aber, einmal in der Absamer Zahntechnik-Firma seines Vaters beschäftigt zu sein.

(APA)

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