„Haben es in der eigenen Hand“: Salzburg vor Herzschlagfinale gegen Sevilla

Plötzlich hat Red Bull Salzburg sein Herzschlagfinale wider Willen. Beim 0:1 in Lille scheiterte Österreichs Serienmeister am Dienstag auch im zweiten Versuch, den vorzeitigen Achtelfinaleinzug in der Fußball-Champions-League zu fixieren. Nun wackelt in der ausgeglichenen Gruppe mit Sevilla und Wolfsburg sogar das Überwintern im Europacup. Dennoch hat Salzburg noch alles in der eigenen Hand. Ein Punkt im abschließenden Geisterheimspiel gegen Sevilla reicht.

Matthias Jaissle wollte sich den in seinen Augen „couragierten“ Auftritt seiner Truppe im Norden Frankreichs nicht schlechtreden lassen. „Wir haben gefightet bis zur letzten Minute“, sagte der Trainer, „deshalb gibt es überhaupt keinen Vorwurf“. Salzburg müsse in der Champions League „bescheiden auftreten“, sein Team habe bis dato einen überragenden Job gemacht. „Schade, dass nichts Zählbares rauskam, aber wir gehen trotzdem erhobenem Hauptes zurück nach Salzburg.“

Dass seiner teils blutjungen Mannschaft in manchen Teilen des Spiels die letzte Überzeugung zu fehlen schien, räumte Jaissle dann aber doch ein. „Vielleicht war es phasenweise tatsächlich so in der ersten Halbzeit, da gab es dann auch den ein oder anderen Hinweis von mir.“ Die Körpersprache wandte sich zum Positiven, zündende Ideen im Offensivspiel wurden aber bis zuletzt nicht gefunden. Für Karim Adeyemi und Co. endete der Arbeitstag ohne glasklare Einschussgelegenheit.

„Lille hat es geschafft, clever die Räume zu besetzen“, sagte Jaissle über den kompakt auftretenden französischen Meister, der die von Salzburg so geliebten Umschaltmomente schlichtweg nicht anbot. „Lille hat extrem schnell die Tiefe weggenommen. Sie wussten um unsere Schnelligkeit im Sturm.“

Das Spiel „im letzten Drittel“ habe man sich tatsächlich anders vorgestellt, meinte Andreas Ulmer. „Wenn wir mal reingekommen sind, haben wir nicht die richtige Entscheidung am Platz getroffen“, bemängelte der Kapitän. „Das ist ein großer Grund, warum wir zu so wenigen Tormöglichkeiten gekommen sind.“ Dem keinesfalls übermächtigen Gegner erging es nicht anders, ein „Nudeltor“ (Maximilian Wöber), das sich Lilles Stürmer-Jungstar Jonathan David gutschreiben ließ (31.), machte letztlich den Unterschied.

Dennoch ist auch im dritten Antreten erneut vor dem letzten Gruppenspiel noch der Aufstieg möglich. Ein Remis reicht, um den einen Punkt zurückliegenden FC Sevilla auf Distanz zu halten und selbst bei einem Wolfsburg-Erfolg die Nase gegenüber Lille vorn zu behalten. Das Worst-Case-Szenario allerdings lässt Salzburg schlucken: Bei einer Niederlage und einem gleichzeitigen Wolfsburg- Heimsieg wäre man Gruppenletzter, würde den Umstieg in die Europa League verpassen – und sich aus dem internationalen Geschäft verabschieden.

Alle vier Teams können Aufstieg schaffen

„Das ist genau das Szenario, das wir uns nach den ersten drei Spielen nicht gewünscht haben“, sagte Wöber. Kein Team wird die Zügel schleifen lassen, die Arithmetik in der Gruppe – den Ersten Lille und Schlusslicht Wolfsburg trennen nur drei Zähler – lässt es zu, dass alle vier Teams aus eigener Kraft noch den Aufstieg schaffen können.

Wie schon gegen Atletico Madrid (2020) und Liverpool (2019) kommt es zum Showdown um das Achtelfinale im eigenen Stadion. „Ich glaube, viel spannender geht es nicht“, sagte Nicolas Seiwald. „Ich hoffe, dass es daheim klappt. Wir haben noch ein bisschen Zeit bis dahin.“ Der Lockdown verhindert ein ausverkauftes Salzburger Oval am 8. Dezember.

„Schade, dass es ohne Zuschauer stattfindet. Die Mannschaft hätte sich ein volles Haus verdient“, sagte Ulmer. Sportdirektor Christoph Freund ergänzte: „Wir haben zwei Auswärtsspiele knapp verloren, aber wir haben noch alles in der eigenen Hand. Und das ist schön.“

Lille – Salzburg 1:0 – Die Highlights im Video