Hausers langer Weg zum historischen Triumph

Der vor einigen Wochen begonnene Höhenflug von Biathletin Lisa Theresa Hauser hat mit dem WM-Titel in Massenstart seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Die bodenständige Frohnatur aus Reith bei Kitzbühel ist mit 27 Jahren dort angekommen, wo sie Experten aufgrund ihrer Anlagen schon länger sehen – in der absoluten Weltspitze. Das ist im Frauen-Biathlon in dieser Form bisher noch keiner Österreicherin gelungen, auch bei den Männern gab es erst zwei ÖSV-Weltmeister.

Hauser präsentierte sich seit Jänner mit reihenweise Podestplätzen und ihrem Premierensieg in Antholz als die Beste im gesamten Weltcup. Daran knüpfte sie auch beim Saisonhöhepunkt in Pokljuka an. Auf den überraschenden Silbergewinn mit der ÖSV-Mixedstaffel zum WM-Auftakt folgte erneut Silber in der Verfolgung und nun mit Gold im Einzel zum Abschluss der ganz große Coup. Dazwischen war sie im Einzel Vierte geworden und hatte damit sogar die kleine Kristallkugel in dieser Disziplin gewonnen.

Hauser schießt derzeit nicht nur wie schon oftmals gezeigt treffsicher und schnell, ihr ist endlich auch der viel zitierte Knopf im Laufen aufgegangen. „Es ist an der Zeit, den nächsten Schritt zu machen“, hatte sie im November 2019 gemeint. Dieser erhoffte Leistungssprung glückte der bisherigen Top-Ten-Athletin nun mit einer Saison Verspätung. Als Grund dafür führt sie konstant harte Arbeit am Schießstand und auf den Skiern an. Endlich würden einmal alle nötigen Faktoren zusammenpassen, und auch Verletzungen oder Erkrankungen blieben aus, erläuterte sie kürzlich. Nach vielen kleinen ist nun ein größerer Schritt gelungen, der nun sogar einen Medaillenregen auslöste.

Einen Anteil daran haben ihre deutschen ÖSV-Trainer Markus Fischer und Gerald Hönig, die neue Schwerpunkte setzten, aber auch Ricco Groß, der Hauser und ihre Teamkolleginnen vor zwei Jahren in die Herren-Mannschaft integriert hatte. Das Training und der direkte Vergleich mit den Männern sowie neue Inputs dürften wichtige Bausteine gewesen sein, wie Dominik Landertinger mit Verweis auf diese „harte Schule“ meinte.

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Gelernt hat Hauser das Langlaufen im Volksschulalter beim WSV Reith. Ihre Affinität zum nordischen Sport entwickelte sich aber erst nach und nach, als Kind galt ihr Interesse eher dem Skifahren. Der Wechsel zum Biathlon erfolgte nach dem Besuch der Sporthauptschule Kitzbühel im Skigymnasium Saalfelden. Maßgeblich daran beteiligt war „nach langem Hin und Her“ 2011 im Alter von 17 Jahren ihre Trainerin Sandra Flunger, so Hauser. Die Cousine von Simon Eder hatte sie später gemeinsam mit Alfred Eder auch in der abseits der ÖSV-Strukturen werkenden Biathlonschmiede unter ihren Fittichen. Das Schießen sei ihr stets nur von den Besten beigebracht worden, sagt die Heeressportlerin über ihren oft fehlerlosen Umgang mit der Waffe.

Hausers erste Nachwuchserfolge im Biathlon stellten sich schnell ein. 2012, 2013 und 2014 holte sie mehrere Junioren-WM-Medaillen. Auch im Weltcup etablierte sich die Angehörige des altehrwürdigen Kitzbüheler Ski-Clubs bald als vielversprechende Zukunftshoffnung. Im Winter 2016/17 gelang ihr der erstmalige Vorstoß unter die ersten fünf, auf das Podest durfte sie aber erst vor einem Monat in Oberhof erstmals klettern. Seither aber gleich mehrfach und in allen Disziplinen.

Bis zu ihren ersten großen Erfolgen musste sie allerdings auch Rückschläge hinnehmen. So gingen etwa die Heim-WM 2017 in Hochfilzen und Olympia 2018 völlig daneben. Und vor zwei Jahren in Schweden schoss sie im Sprint in aussichtsreicher Position liegend auf die falschen Scheiben. Wenige Tage später zeigte sie sich über 15 km jedoch schon wieder bestens erholt von diesem Blackout und wurde Siebente. „Vielleicht bin ich der Typ: Nach einem Rückschlag erst recht“, beschreibt Hauser ihr diesbezügliches Naturell.

Viele Sympathien und den deutschen Fair-Play-Preis brachte ihr eine selten gesehene Aktion vor vier Jahren ein. Damals überließ sie ihrer deutschen Konkurrentin Vanessa Hinz während eines Weltcuprennens in einem langen Anstieg selbstlos einen Skistock, nachdem diese ihren bei einem unabsichtlichen Touchieren mit Hauser verloren hatte.

Aufstieg in die Weltspitze unter besonderen Umständen

Dass Hausers großer Durchbruch ausgerechnet in der Corona-Saison passiert ist, bringt es mit sich, ihre Erfolge vor leeren Rängen zelebrieren zu müssen. Das Fehlen der Fans sei sehr schade, ebenso bedauerlich ihre ersten Podiumsbilder mit ihrem gern gezeigten Lächeln versteckt hinter der Maske, meinte Hauser kürzlich. Aufgrund der strengen Corona-Schutzprotokolle fielen natürlich auch die Feierlichkeiten innerhalb der „Biathlon-Blase“ sehr spärlich aus.

Gratulationen mit dem aktuell gebotenen Abstand waren der stets hilfsbereiten und auskunftsfreudigen Hauser aber von vielen Seiten gewiss. Besonders herzlich fielen jene der Südtirolerin Dorothea Wierer und der Deutschen Franziska Preuß aus, mit denen sie sich außerhalb des eigenen Teams besonders gut versteht. Im eigenen Lager ist Julia Schwaiger ihre beste Freundin und langjährige Zimmerkollegin.

Das Zusammenkommen mit ihren Liebsten ist in dieser Saison wegen der Corona-Beschränkungen und noch zusätzlicher eigener Vorsichtsmaßnahmen viel zu kurz gekommen. Selbst Kontakte zu ihren Eltern und engen Freunden habe sie weitgehend eingeschränkt, um dem Ansteckungsrisiko und möglichen Quarantänen als Kontaktperson aus dem Weg zu gehen. Deshalb hielt sie sich auch wenig in ihrer Wohnung im elterlichen Haus in Reith auf, sondern bei ihrem langjährigen Partner Lorenz in Schwendt.

Der in der Pandemie fehlende Kontakt zu Freunden und Angehörigen fehle ihr sehr, schließlich sei sie sehr gesellig, betont die im Sommer gerne auf dem Rad durch die Tiroler Bergwelt fahrende Hobbymusikerin. Dabei legt sie auch gerne einmal einen Zwischenstopp im Eisgeschäft ihrer Mutter in Reith ein. Ihr Vater arbeitet für eine österreichische Brauerei, die sie auch als Sponsor unterstützt.

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(APA).

Beitragsbild: GEPA.