Herzog nach Aus beim US-Nationalteam: „Haben uns nichts vorzuwerfen“

In einem ausführlichen Gespräch mit Sky Sport News HD hat sich Andreas Herzog über die Zeit mit Jürgen Klinsmann in den USA, seine persönliche Zukunft und Werder Bremen geäußert.

„Als Nationaltrainer bereitet man sich ein Monat auf zwei wichtige Spiele vor, dann gibt es keinen Erfolg. Das muss man einmal wegstecken. Ich habe keine Angst, dass nichts Interessantes daherkommt. Dafür bin ich selbstbewusst genug, dass ich vom Fußball viel zu viel verstehe, dass ich irgendwo etwas Interessantes machen kann. Ich mag nicht zu überheblich klingen.“

Andreas Herzog über die Entlassung

„Nach diesem Start in die WM-Qualifikation mit zwei Niederlagen habe ich natürlich darüber nachgedacht. Schlussendlich haben wir nach dem Erfolg im Sommer gedacht, Semifinaleinzug bei der Copa America (größter US-Erfolg aller Zeiten), dass wir einen Bonus haben. Die Entscheidung wurde emotional getroffen. Man kann jetzt nichts machen. Jürgen hat fünf Jahr einen super Job gemacht und im amerikanischen Fußball viel weitergebracht. Es ist eine Rieseneuphorie entstanden. Nach fünfeinhalb Jahren ist für ihn die Zeit jetzt zu Ende. Es ist schade, mir hat die Arbeit und Zusammenarbeit extrem viel Spaß gemacht.“

Andreas Herzog über die Entwicklung des amerikanischen Fußballs unter Klinsmann:

„Der Fußball hat jetzt ein ganz anderes Ansehen. Da geht es nicht um Taktisches oder um einzelne Spieler. Da hat er als Weltmann im Fußball ein ganz neues Auftreten an den Tag gelegt. Er hat Bewegung in die Sache gebracht. Wir haben den Gold Cup gewonnen, einen Punkterekord in der WM-Quali erreicht, konnten 12 Siege in Serie feiern. Je länger man darüber nachdenkt, desto verwunderlicher ist es, dass es vorbei ist.“

Andreas Herzog über die Möglichkeiten:

„Es wäre ein Generationswechsel passiert. Jetzt mit meiner ehemaligen U23 die richtige Mischung zu finden, wäre das Ziel gewesen. Aber wenn man die ersten zwei Spiele verliert, ist man natürlich unter Druck. Wir hatten gehofft, diesen Wechsel noch zu schaffen. Aber so weit ist es nicht mehr gekommen.“

Andreas Herzog über die Gründe des Scheiterns:

„Er ist ein Mensch, der die Dinge anspricht. Im Endeffekt bin ich glücklich, mit ihm für US Soccer zu arbeiten. Natürlich ist man enttäuscht, wenn die Zusammenarbeit zu Ende geht. Aber wir haben uns nichts vorzuwerfen. Jürgen schon gar nicht. Er hat den amerikanischen Fußball richtig nach vorne gepusht.“

Andreas Herzog über die strukturellen Schwierigkeiten des Fußballs in den USA

„Die Größe des Landes ist natürlich extrem hinderlich. Im Nachwuchsbereicht und im Scouting. In allen Teilen des Landes gute Trainer zu haben, ist um einiges schwieriger als in Europa. Aber das Jürgen auch geschafft. Wir hatten von der A-Nationalmannschaft bis runter in den Nachwuchsbereich eine einheitliche Linie. Das hat es früher nicht gegeben. Ich hoffe, dass es auch ohne ihn in den nächsten Jahren weiter bergauf geht.“

Andreas Herzog über die Zusammenarbeit mit Klinsmann

„Vor fünfeinhalb Jahren habe ich gesagt, dass ich nie wieder Assistenztrainer sein will. Damals war ich österreichischer U21-Coach. Jetzt hatte ich fünf Jahre eine super Zeit mit Jürgen, sonst wäre ich nicht so lange geblieben. Jedes Camp war lehrreich und hat extrem viel Spaß gemacht. Umso bitterer ist, dass es jetzt vorbei ist. Wir haben uns nichts vorzuwerfen. Bis auf die letzten zwei Spiele.“

Andreas Herzog über Jürgen Klinsmann – welche Aufgaben braucht er? England?

„Im Endeffekt ist es so, dass er als Nationaltrainer in Deutschland viel zum heutigen Erfolg beigetragen hat. Auch wenn das viele nicht hören wollen. Mit ihm hat ein Umdenken stattgefunden. Jogi Löw macht einen hervorragenden Job und kann die Lorbeeren ernten. Ich hoffe, dass es jetzt auch so in Amerika passiert. Früher oder später wird wieder ein Angebot kommen, für das er der richtige Mann ist. Das war in Deutschland so, das war in Amerika so. Wenn ich ihm da weiterhelfen könnte wäre ich glücklich. Aber das steht alles in den Sternen.“

Andreas Herzog über seine persönliche Zukunft:

„Jetzt muss ich mich einmal um meine Familie kümmern. Jetzt muss ich einmal durchschnaufen. Natürlich ist eine Enttäuschung da. Als Nationaltrainer bereitet man sich ein Monat auf zwei wichtige Spiele vor, dann gibt es keinen Erfolg. Das muss man einmal wegstecken. Ich habe keine Angst, dass nichts Interessantes daherkommt. Dafür bin ich selbstbewusst genug, dass ich vom Fußball viel zu viel verstehe, dass ich irgendwo etwas Interessantes machen kann. Ich mag nicht zu überheblich klingen.“

Andreas Herzog über die aktuelle Situation in Bremen:

„Natürlich leide ich mit. Zu meinen Ex-Vereinen habe ich einen speziellen Bezug. Als Trainer leidet man mit Kollegen mit. Nach der Heimniederlage gegen Frankfurt wird es jetzt wieder ein bisschen schwieriger. Die Mannschaft muss an sich glauben. Und auch das Umfeld. Aus dieser Situation kann man nur gemeinsam rauskommen.“

Andreas Herzog über die Entwicklung des Vereins:

„Wenn man wie Bremen vor ein paar Jahren große Investitionen macht und die Spieler schlagen nicht ein, man rutscht ins Mittelmaß, dann wird es problematisch. Davor hat Klaus Allofs einen Superjob gemacht. Mit Verpflichtungen von Özil, Diego oder Micoud hat er Spieler dann auch wieder teurer verkaufen können. So bleibt man wettbewerbsfähig. So hat es ein Jahr gegeben, in dem die Neuzugänge keine Wirkung gezeigt haben.  Und das geht jetzt schon ein paar Jahre so. Für mich aus der Ferne sind die vielen Gegentore das Hauptproblem. Und das seit Jahren. Das muss man beheben. Sonst wird es wirklich einmal ganz eng. Wenn man einen Gegentorschnitt von 2,5 pro Spiel hat, braucht man sich nicht wundern, warum man hinten herumkrebst.“

Andreas Herzog Werders aktuelle Probleme:

„Werder steht für schönen, attraktiven Fußball nach vorne. Wenn man nicht mehr Tore schießen kann als man bekommt, wird es problematisch. In der heurigen Meisterschaft ist es so, dass man extrem viele Tore bekommen. Das muss behoben werden. Das ist keine Kritik sondern eine Tatsache.“

Hat sich Werder gemeldet?

„Nein. Ich laufe niemandem hinterher. Aber ich drücke ihnen die Daumen und hoffe, dass Werder weiter nach oben marschiert. Die Qualität haben sie, aber sie müssen besser verteidigen.“

Andreas Herzog über eine mögliche Rückkehr:

„Das möchte ich nicht kommentieren. Das wäre Alexander Nouri gegenüber unfair. Er hat den Verein in einer schwierigen Situation übernommen. Jetzt brauchen sie ein Quäntchen Glück. Es ist nicht so, dass ich auf diesen Job lauere. Nur weil ich meinen Job in Amerika verloren habe, hoffe ich jetzt nicht jedes Wochenende, dass irgendwo ein Trainer verliert. So ein Stinkstiefel bin ich nicht.“