Heute vor 24 Jahren: Rapid holt Remis in Rotterdam

Nach drei Jahren europäischer Abstinenz in Grün-Weiß kämpfte sich Rapid Runde für Runde bis ins Halbfinale des Cups der Cupsieger vor. Auf dem Weg dahin bezwang man in der ersten Runde Petrolul Ploiesti (3:1, 0:0) aus Rumänien. In Runde zwei wurde das österreichische Trauma der Portugiesen von Sporting Lissabon in einem unvergesslichen Rückspiel in Wien mit 4:0 nach Verlängerung prolongiert, nachdem man das Hinspiel mit 0:2 verloren hatte und absolut chancenlos gewesen war. Dinamo Moskau war im Viertelfinale wie schon 1985 im Halbfinale kein wesentlicher Stolperstein (3:0, 1:0).

Nun wartete Feyenoord Rotterdam, der berühmte Verein aus der niederländischen Hafenstadt, dessen erfolgreichste Phase im internationalen Fußball in die Zeit von Trainer Ernst Happel und Spieler Franz Hasil gefallen war, als sie gemeinsam 1970 den Europacup der Landesmeister gegen Celtic Glasgow holten. Für Rapid war es das erste Aufeinandertreffen mit Feyenoord. In den Folgejahren sollten noch einige damals beteiligte Personen den Weg nach Österreich finden. Trainer Arie Haan zum Beispiel gab sich 2001 in der Stronach-Ära bei der Wiener Austria ein kleines Stelldichein, wurde allerdings völlig überraschend nach einem 2:1 Derbyerfolg gegen Rapid gemeinsam mit Assistent Ernst Baumeister nach nur fünf Monaten beurlaubt. Flügelstürmer Gaston Taument heuerte im Juli 2000 für zwei Saisonen bei den Hütteldorfern an und der damalige Kettenhund für Carsten Jancker, Bernd Schuiteman, war von 2014 bis 2016 Rapid-Chefscout, bis er bei Manchester United anheuerte und dort bis heute für Ost- und Mitteleuropa in der Scoutingabteilung zuständig ist. Großer Star des Teams war eindeutig Ronald Koeman (aktuell Bondscocch der Niederlande), der bereits mit PSV Eindhoven 1987 gegen Rapid erfolgreich gespielt hatte (2:1/2:0) und in der selben Saison auch den Europapokal der Meister im Finale gegen Benfica Lissabon gewann. Im Elfmeterschießen erzielte er das wichtige 1:0. Mit Barcelona gelang ihm dieser Erfolg erneut 1992 gegen Sampdoria Genua im alten Wembley-Stadion. Damals schoss er die Katalanen in der Verlängerung per Freistoß zum Sieg. Die große Zeit von Henrik Larsson sollte noch kommen. Seine legendärsten Jahre verbrachte er bei Celtic Glasgow, mit denen er im UEFA-Cup-Finale 2003 stand, dort auch 2 Tore erzielte, schlussendlich aber 2:3 gegen FC Porto mit Trainer Jose Mourinho verlor. Mit Barcelona wurde er außerdem 2006 CL-Sieger, ebenso sein damaliger Mitspieler Giovanni van Bronckhorst, der 2010 als Kapitän der Niederlande auch im WM-Finale 2010 gegen Spanien stand (0:1 n.V.).

 

Rapid war von Beginn weg im vollen “de Kuip“ unter Druck. Schon in der dritten Spielminute hätte der polnische Schiedsrichter Wojcik Elfmeter pfeifen können, Hatz hatte aber bei seiner Attacke gegen Vos im Strafraum Glück. In der Folge mussten die Hütteldorfer bange Minuten und eine Cornerserie überstehen. In dieser Phase narrte Taument seinen Gegenspieler Guggi mehrmals, der Rapid mit seinem Siegestreffer im Cupfinale 1995 gegen Leoben erst in diesen Bewerb gebracht hatte, flankte auf Larsson, doch die schwedische Stürmerlegende war zu dieser Zeit noch keine und erwischte den Ball nur ungenügend. Wenig später prüfte Ronald Koeman Torhüter Konsel aus spitzem Winkel. Das 1:0 für die Holländer lag deutlich in der Luft. Rapid kam nahezu nie über die Mittellinie. Erst nach der gelben Karte für Guggi nach einem Foul gegen seinen überlegenen Widersacher Taument kam ein wenig Ruhe ins Spiel (14´). In der 28. Minute brannte es im Rapidstrafraum wieder lichterloh, als Taument köpfte und Konsel großartig parierte, im Anschluss van Bronckhorst den Weitschuss am langen Eck vorbeizog. Danach kam Rapid zum ersten Mal in die Nähe des Tores, der Schuss von Jancker war allerdings nicht wirklich der Rede wert. Vier Minuten darauf knallte erneut van Bronckhorst den Ball aus halbrechter Position wenige Zentimeter über die Latte. Rapid taumelte wie ein angeschlagener Boxer in den Seilen. Der Schiedsrichter fand offenbar immer mehr am Spiel der Holländer Gefallen und so ließ er ohne ersichtlichen Grund in der ersten Hälfte fast 50 Minuten spielen. Kurz vor dem Pausenpfiff schoss Taument nochmals gefährlich, Konsel war wieder zur Stelle, den Nachschuss von Koeman musste Ivanov von der Linie kratzen. Zur Halbzeit nicht in Rückstand zu sein glich einem Wunder.

Dieser Umstand änderte sich allerdings kurz nach Wiederanpfiff. In der 52. Minute kam es wieder im Strafraum zu einem Zweikampf zwischen Hatz und Voss, Wojcik erinnerte sich an die dritte Spielminute und pfiff diesmal kräftig in sein Pfeiferl. Den nahezu ungerechtfertigten Elfmeter verwandelte Routinier Koeman souverän und halbhoch zum verdienten 1:0 für Feyenoord. Das Stadion tobte und die Tribünen begannen wieder zu wackeln. Nun musste Rapid bemüht sein ein Debakel zu verhindern. Nach einer Stunde stand das Eckenverhältnis 12:0 für Feyenoord. Man durfte aus österreichischer Sicht das schlimmste befürchten.

Völlig unerwartet kamen die Rapidler besser ins Spiel, als ob sie nun nicht mehr fürchten mussten ein Tor zu kassieren, und hielten den Ball länger in den eigenen Reihen. Marasek, bis dahin unscheinbar, dribbelte überdie linke Seite, ferselte auf Stöger, dessen Flanke von Stumpf verlängert wurde und wieder einmal stand Carsten Jancker goldrichtig und köpfte zum überraschenden Ausgleich ein (67´). 1.500 mitgereiste Rapidfans übernahmen nun stimmlich das Kommando, der Anhang von Feyenoord war schlichtweg in Schockstarre. Rapid hatte sich nun vollends gefunden und spielte auf Augenhöhe mit. Feyenoord wiederum schien die Luft ein wenig auszugehen. Eine letzte großartige Chance von van Bronckhorst vereitelte Ivanov erneut als er die Kugel abermals vor der Torlinie ins Out beförderte (78´). Hätte Barisic in der 93. Minute den gut geschossenen Freistoß versenkt, wäre Rapid sogar noch zu einem völlig unverdienten Auswärtssieg gekommen. So begnügten sich die Wiener trotzdem mit einem beachtlichen Ergebnis und freuten sich schon auf das bereits vor dieser Partie ausverkaufte Spiel im Wiener Prater, das zwei Wochen später stattfinden sollte.

Feyenoord Rotterdam vs Rapid Wien 1:1
(04.04.1996) Halbfinal-Hinspiel Cup der Cupsieger

De Kuip, 48.000 Zuschauer; Schiedsrichter Ryszard Wojcik (Polen)

Tore:
1:0        Ronald Koeman (Elfmeter) 53´
1:1         Carsten Jancker 67´

Mannschaftsaufstellungen:

Feyernoord: Ed De Goey, Ronald Koeman, Peter Bosz, Bernard Schuiteman, George Boateng, Jean-Paul van Gastel, Tomasz Iwan, Giovanni van Bronckhorst, Gaston Taument, Henrik Larsson (79´Orlando Trustfull), Henk Vos (76´Mike Obiku);
Coach Arie Haan
Rapid: Michael Konsel, Trifon Ivanov, Peter Schöttel, Michael Hatz, Roman Pivarnik, Peter Guggi, Andreas Heraf, Peter Stöger (79´Zoran Barisic), Stefan Marasek, Christian Stumpf, Carsten Jancker (87´Rene Haller);
Coach Ernst Dokupil

(Nikolaus Reitz)